Margaret Mitchell
Tarleton längst
geheiratet. Überleg's dir. Heirate einen von den Zwillingen, dann betreiben wir
die Plantagen gemeinsam. Jim Tarleton und ich bauen dir gerade, wo sie
zusammenstoßen, ein schönes Haus, dort in dem großen Kiefernhain, und ... «
»Hörst du
nun bald auf, mich wie ein Kind zu behandeln?« begehrte Scarlett auf. »Ich will
nicht nach Charleston, ich will kein Haus haben und auch nicht die Zwillinge
heiraten. Ich will nur ...« Sie nahm sich zusammen, aber nicht rechtzeitig.
Geralds
Stimme klang merkwürdig ruhig, und er sprach ganz langsam, als hole er Wort für
Wort aus einem Gedankenvorrat, den er nur selten anbrach.
»Du willst
nur Ashley, und den bekommst du nicht. Und selbst wenn er dich wollte, so hätte
ich doch meine schweren Bedenken, ja zu sagen, trotz aller guten Freundschaft
zwischen mir und Wilkes.« Als er ihren erschrockenen Blick sah, fuhr er fort:
»Ich will mein Kindchen glücklich sehen, und mit ihm würdest du nicht
glücklich.«
»Oh doch,
doch!«
»Das
würdest du nicht, Mädchen. Nur wenn gleich und gleich sich heiraten, wird die
Ehe glücklich. «
Scarlett
verspürte plötzlich den Drang aufzuschreien: »Aber du bist doch glücklich, und
Mutter und du, ihr seid gar nicht gleich!« Aber sie unterdrückte ihn aus
Furcht, er möchte ihr für ihre Frechheit eine Ohrfeige geben.
»Unsereins
und Wilkes sind verschieden«, fuhr er langsam fort und suchte nach Worten.
»Wilkes sind anders als unsere Nachbarn ... anders als ich je eine Familie
gekannt habe. Wunderliche Leute sind sie, und sie tun am besten, ihre Cousinen
zu heiraten und ihre Wunderlichkeit für sich zu behalten.«
»Aber Pa,
Ashley ist doch nicht... «
»Halt den
Schnabel, Fuß! Ich sage nichts gegen den Burschen, denn ich habe ihn gern. Wenn
ich >wunderlich< sage, so meine ich damit nicht >verrückt<. Er ist
nicht so verrückt wie Calverts, die ihre ganze Habe für ein Pferd verspielen,
und Tarletons, die mit jedem Wurf einen Trunkenbold zur Welt bringen, oder
Fontaines, die hitzköpfigen Viecher, die für eine eingebildete Beleidigung am
liebsten einen Mann totschlügen. Solche Wunderlichkeiten sind leicht zu
begreifen, weiß Gott, und wäre nicht seine Gnade, so wäre Gerald O'Hara auch
nicht besser! Ich meine nicht etwa, daß Ashley mit einer anderen Frau
davonliefe, wenn du seine Frau wärest, oder daß er dich schlüge. Wenn er das
täte, würdest du glücklicher werden, denn dann könntest du ihn wenigstens
verstehen. Aber seine Wunderlichkeit ist anderer Art, dafür gibt es kein
Verständnis. Ich habe ihn gern, aber ich werde nicht aus ihm klug. Sag mir
aufrichtig, Puß, verstehst du denn seine Narrheit für Bücher, für Gedichte und
Musik und Ölbilder und lauter solchen Unsinn?«
»Ach, Pa«,
rief Scarlett ungeduldig, »wenn ich ihn heirate, treibe ich ihm das alles aus.«
»Was du
nicht meinst«, sagte Gerald vorsichtig und warf ihr einen scharfen Blick zu.
»Du verstehst eben nicht viel von Männern, und nun gar von Ashley. Keine Frau
hat ihren Mann je um ein Haarbreit geändert. Laß dir das gesagt sein! Und einen
Wilkes ändern - du lieber Gott, Mädchen! Die ganze Familie ist so, und immer
sind sie so gewesen und werden wohl auch immer so bleiben. Ich sage dir, die
sind als Käuze auf die Welt gekommen. Sieh dir doch nur an, wie sie nach New
York und Boston stürzen, um Opern zu hören und Ölbilder zu sehen. Bei den
Yankees bestellen sie kistenweise französische und deutsche Bücher. Und da
sitzen sie dann und lesen und träumen sich wer weiß was zusammen und sollten
ihre Zeit doch besser wie richtige Männer mit Jagdreiten und Pokern
verbringen.«
»In der
ganzen Provinz sitzt keiner besser im Sattel als Ashley!« Scarlett war wütend,
daß Ashley als unmännlich verspottet wurde. »Keiner als vielleicht sein Vater,
und was das Pokern betrifft - hat Ashley dir nicht erst vorige Woche in
Jonesboro zweihundert Dollar abgenommen?«
»Die
Calverts haben mal wieder nicht dichthalten können«, sagte Gerald ergeben.
»Ashley kann wohl mit den besten Männern reiten und pokern, und ich leugne gar
nicht, daß er sogar Tarleton unter den Tisch trinkt, wenn er will. Er kann das
alles wohl, aber er ist nicht mit dem Herzen dabei. Deshalb sage ich, er ist
wunderlich.«
Scarlett
schwieg bedrückt. Gegen diese letzte Anschuldigung hatte sie nichts anzuführen,
denn Gerald hatte recht. Bei all den schönen Dingen, auf die Ashley sich so gut
verstand, war sein Herz nicht beteiligt. An allem, was
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