Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
Vom Netzwerk:
verwarf den Einfall wieder, denn er
würde ihr das Geld doch nicht geben. Er hatte es sich schwer erarbeitet, um
Suellen im Frühling zu heiraten. Selbst wenn sie jetzt seine Gefühle ausnutzte,
ihm seine Pflichten gegenüber seiner künftigen Familie vorhielt und sich so ein
Darlehen erschlich - Suellen würde es doch nie erlauben. Suellen machte sich
immer mehr Gedanken darüber, daß sie eine alte Jungfer wurde, und setzte sicher
Himmel und Hölle in Bewegung, um einen Aufschub der Heirat zu verhindern.
    Was hatte
dieses ewig jammernde Mädchen nur an sich, daß dieser alte Narr es sich in den
Kopf gesetzt hatte, ihr ein weiches Nest zu bereiten. Eins stand fest: sobald
Sue ein wenig Geld bekam, spielte sie sich unerträglich auf und dachte nicht
daran, einen Cent zur Unterhaltung von Tara beizusteuern. Sie würde sich nichts
daraus machen, ob die Plantage versteigert oder abgebrannt würde, solange sie
nur hübsche Kleider und ein »Mrs.« vor ihrem Namen hatte. Als Scarlett sich
Suellens sichere Zukunft und das fragwürdige Schicksal von Tara ausmalte,
empörte sie sich über die Ungerechtigkeit des Lebens. Plötzlich wurde ein
Entschluß in ihr geboren.
    Suellen
sollte Frank, seinen Laden und seine Sägemühle nicht bekommen! Scarlett wollte
es selber haben. Sie dachte an Tara und an Jonas Wilkerson, der wie eine
Giftschlange davor lauerte, und sie griff nach dem letzten Strohhalm, den sie
noch über dem Schiffbruch ihres Lebens treiben sah. Rhett hatte versagt, dafür
hatte der Herrgott ihr Frank geschickt.
    Ihre
Finger krampften sich zusammen, als sie blicklos in den Regen hinausschaute.
»Kann ich ihn dazu bringen, daß er Sue vergißt und auf der Stelle um mich anhält?
Wenn ich schon Rhett fast bis zum Antrag getrieben habe, sollte es mir bei
Frank sicherlich gelingen!« Mit bebenden Lidern sah sie ihn an. »Ein schöner
Mann ist er nicht«, dachte sie kühl. »Er hat schlechte Zähne, sein Atem riecht
nicht gut, und er ist so alt, daß er mein Vater sein könnte. Außerdem ist er
nervös und schüchtern und meint es immer so gut. Trostlosere Eigenschaften kann
ich mir an einem Manne nicht vorstellen. Aber wenigstens ist er ein Gentleman,
und ich glaube fest, ich hielte es leichter mit ihm aus als mit Rhett.
Jedenfalls ist leichter mit ihm fertig zu werden, und mir bleibt keine Wahl.«
    Sie war
wieder ganz munter geworden und hatte ihre nassen, kalten Füße vergessen. Aus
halbgeschlossenen Augen blickte sie Frank so unverwandt an, daß er unruhig
wurde und sie die Blicke rasch wieder niederschlug in Gedanken an Rhetts Worte:
»Augen wie deine habe ich über einer Duellpistole gesehen ... sie fachen in der
Brust keine Glut an!«
    »Was ist,
Miß Scarlett? Friert Sie?«
    »Ja«,
sagte sie hilflos. »Ist es Ihnen unangenehm ...« sie hielt schüchtern inne.
»Ist es Ihnen unangenehm, wenn ich eine Hand in ihre Manteltasche stecke? Es
ist so kalt, und mein Muff ist durchnäßt.«
    »Aber
durchaus nicht! Und Sie haben keine Handschuhe! O je, wie bin ich doch rücksichtslos,
so die Straße entlangzuschleichen und das Blaue vom Himmel zu schwatzen,
während Sie sich nach dem Ofen sehnen. Hüh, Sally! Ach, und nun habe ich so
viel von mir erzählt, daß ich Sie gar nicht gefragt habe, was Sie eigentlich
bei solchem Wetter in dieser Gegend zu tun haben.«
    »Ich war
im Hauptquartier bei den Yankees«, antwortete sie, ehe sie es recht bedachte.
Seine rötlichen Brauen hoben sich erstaunt.
    »Heilige
Mutter Gottes, gib mir eine einleuchtende Lüge ein«, betete sie hastig. Frank
durfte niemals wissen, daß sie Rhett besucht hatte. Er hielt Rhett für einen
Erzlumpen, mit dem zu sprechen für eine anständige Dame unmöglich war.
    »Ich bin
dort gewesen, um zu sehen, ob jemand von den Offizieren mir etwas von meinen
Stickereien abkauft, um es seiner Frau mitzubringen. Ich kann gut sticken.«
    Entgeistert
sank er in seinen Sitz zurück, halb verblüfft, halb entsetzt.
    »Sie sind
zu den Yankees gegangen? Aber, Miß Scarlett, das sollten Sie nicht tun! Ihr
Vater weiß doch sicher nichts davon! Und Miß Pittypat ... «
    »Oh, ich
sterbe, wenn Sie Tante Pitty etwas davon sagen!« rief sie in ehrlicher Angst
und brach in Tränen aus. Das wurde ihr nicht schwer, weil ihr jämmerlich zumute
war. Aber die Wirkung war erstaunlich. Verlegener und hilfloser hätte Frank
nicht sein können, wenn sie plötzlich angefangen hätte, sich auszuziehen. Ein
paarmal schlug er mit der Zunge und stammelte: »O je, o je«, und machte

Weitere Kostenlose Bücher