Margaret Mitchell
verkaufte
Holz!
Es wurde
fürchterlich über sie geklatscht. Über ihn wahrscheinlich auch, weil er es
zuließ, daß sie sich so wenig fraulich aufführte. Es war ihm höchst peinlich,
wenn ein Kunde über den Ladentisch zu ihm sagte: »Vorhin habe ich Mrs. Kennedy
gesehen, drüben bei ...« Jeder erzählte es ihm mit hämischer Schadenfreude.
Jeder sprach davon, was gegenüber, wo das neue Hotel gebaut wurde, geschehen
war.
Scarlett
war vorgefahren, gerade als Tommy Wellburn von jemand anderem Holz kaufte, war
zwischen all den rohen irischen Maurerleuten, die die Fundamente legten, aus
dem Wagen gestiegen und hatte Tommy kurz und bündig mitgeteilt, er würde
betrogen. Ihr Holz sei besser und obendrein billiger, und um es ihm zu
beweisen, addierte sie eine lange Zahlenreihe im Kopf und machte ihm an Ort und
Stelle einen Kostenanschlag. Schlimm genug, daß sie sich zwischen all die
fremden Arbeiter drängte, aber noch viel schlimmer war es für eine Frau,
öffentlich zu zeigen, daß sie so gut rechnen konnte. Als Tommy ihren
Kostenanschlag annahm und ihr den Auftrag erteilte, hatte Scarlett sich nicht
etwa sofort verabschiedet, sondern war noch eine Weile geblieben und hatte sich
mit Johnnie Gallegher unterhalten, dem irischen Vorarbeiter, einem
hartgesottenen kleinen Gnom von sehr schlechtem Ruf. Die Stadt hielt sich
wochenlang darüber auf.
Um das
Unglück vollzumachen, verdiente sie wirklich Geld mit der Mühle, und keinem
Mann konnte es mit einer Frau, die bei einer so unfraulichen Tätigkeit auch
noch Erfolg hatte, recht geheuer sein. Sie händigte ihm das Geld nicht aus, um
es im Laden anzulegen - nicht einmal einen Teil davon. Das meiste ging nach
Tara, und sie schrieb Will Benteen endlose Briefe, worin sie ihm genau
auseinandersetzte, wie er es zu verwenden habe. Außerdem teilte sie Frank mit,
sobald die Reparaturen auf Tara fertig sein würden, gedenke sie ihr Geld in
Hypotheken anzulegen.
»O je, o
je«, stöhnte Frank, wenn er nur daran dachte. Wieso mußte eine Frau überhaupt
wissen, was eine Hypothek war!
In dieser
Zeit steckte Scarlett voll von Plänen, und Frank fand einen immer schrecklicher
als den anderen. Sie sprach sogar davon, auf dem Grundstück, wo ihr Speicher
gestanden hatte, ehe Sherman ihn niederbrannte, eine Kneipe zu errichten. Frank
war kein Abstinenzler, aber gegen ein solches Vorhaben wehrte er sich
fieberhaft. Der Besitz einer Kneipe war ein schlechtes Geschäft, das niemandem
Glück brachte, fast so schlecht wie die Verpachtung eines Hauses an ein
Bordell. Warum dies so sei, konnte er ihr nicht erklären, und auf seine lahmen
Argumente antwortete sie nur: »Ach was, dummes Zeug!«
»Kneipen
sind immer sehr gute Mieter, hat Onkel Henry gesagt«, erzählte sie ihm. »Sie
zahlen regelmäßig ihre Miete und ich könnte mit dem minderwertigen Holz, das
sich nicht verkaufen läßt, eine billige Kneipe aufbauen und eine gute Miete
dafür bekommen. Und mit der Miete und dem Ertrag der Mühle und den
Hypothekenzinsen könnte ich noch mehr Sägemühlen kaufen.«
»Liebling,
zu was brauchst du denn noch mehr Sägemühlen?« entsetzte sich Frank. »Du
solltest die eine, die du hast, verkaufen. Du reibst dich dabei auf, und du
weißt, wie schwer es ist, die freien Neger zur Arbeit anzuhalten.«
»Die
freien Neger taugen allerdings nichts«, stimmte ihm Scarlett bei und überhörte
seine Andeutung vollkommen. »Johnson sagt, wenn er morgens zur Arbeit kommt,
weiß er nie, ob seine Belegschaft vollzählig ist oder nicht. Man kann sich auf
die Schwarzen nicht mehr verlassen. Sie arbeiten ein paar Tage und dann feiern
sie, bis sie ihren Lohn ausgegeben haben, und man muß damit rechnen, daß die
ganze Belegschaft einen über Nacht sitzenläßt.
Je mehr
ich von der Negerbefreiung erlebe, desto verbrecherischer finde ich sie. Es ist
der Verderb der Schwarzen. Tausende von ihnen arbeiten überhaupt nicht mehr,
und die wenigen, die wir für die Mühle kriegen können, sind so faul und
untüchtig, daß sie die Bezahlung nicht lohnen. Wenn man sie aber ausschimpft
oder ihnen gar zu ihrem Seelenheil ein paar überzieht, so fallen die Leute von
der Freilassungsbehörde wie die Geier über einen her.«
»Liebling,
du erlaubst doch Mr. Johnson nicht, die Neger zu schlagen?«
»Unsinn«,
erwiderte sie ungeduldig. »Ich habe doch gerade gesagt, die Yankees würden mich
ins Gefängnis stecken, wenn ich es täte.«
»Ich
wette, dein Pa hat in seinem ganzen Leben keinen Schwarzen geschlagen«,
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