Margaret Mitchell
Verboten kam, entlud sich ein Gewitter über seinem
Haupte. Sie konnte schnell in Wut geraten und länger böse bleiben, als er es je
bei einer Frau erlebt hatte. Selbst wenn alles zum besten stand, war es oft
erschreckend, wie schnell und vollständig sich die lustige, liebevolle Gattin,
die ein Liedchen vor sich hin summte, während sie durchs Haus ging, in einen
ganz anderen Menschen verwandeln konnte: er brauchte nur zu sagen: »An deiner
Stelle würde ich ...«, dann brach der Sturm schon los.
Ihre
schwarzen Brauen zogen sich zusammen und stießen in einem scharfen Winkel über
der Nase aufeinander. Sie hatte den Jähzorn eines Tataren und das Temperament
einer Wildkatze. Es war ihr einerlei, was sie sagte und wie tief sie ihn verletzte.
Düstere Wolken hingen dann über dem Hause. Frank ging zeitig in den Laden und
blieb dort bis spät in die Nacht. Pitty verkroch sich in ihr Schlafzimmer wie
ein aufgeschrecktes Kaninchen in seinen Bau. Wade und Onkel Peter zogen sich in
die Wagenremise zurück, und Cookie hielt sich wohlweislich in der Küche und
versagte es sich, mit erhobener Stimme Gott den Herrn in Liedern zu preisen.
Nur Mammy ließ Scarletts Ausbrüche gleichmütig über sich ergehen: sie hatte bei
Gerald O'Hara eine jahrelange Übung darin genossen.
Scarlett
hatte gar nicht die Absicht, heftig zu werden, und trug den besten Willen im
Herzen, Frank eine gute Gattin zu sein, denn sie hatte ihn gern und war ihm
dankbar dafür, daß er Tara gerettet hatte. Aber er stellte ihre Geduld zu oft
auf die Probe. Sie konnte einen Mann nicht achten, der sich so von ihr
unterkriegen ließ, und die zaghafte Schüchternheit, mit der er jeder
unangenehmen Lage begegnete, reizte sie unerträglich. Aber über all das hätte
sie hinwegsehen können, seitdem einige ihrer Geldfragen gelöst waren, hätte sie
nicht immer wieder zu ihrer Erbitterung entdecken müssen, daß Frank kein guter
Kaufmann war, noch wollte, daß sie einer wäre.
Wie sie es
erwartet hatte, weigerte er sich, das Geld für die unbezahlten Rechnungen einzutreiben,
bis sie ihn dazu zwang. Dann tat er es voller Zaghaftigkeit und bat fast noch
deswegen um Entschuldigung. Einen weiteren Beweis dafür, daß die Familie
Kennedy nie mehr als das Nötigste zum Leben haben würde, wenn sie nicht selbst
das Geld verdiente, brauchte Scarlett nicht. Frank wäre zufrieden gewesen, den
Rest seines Lebens in seinem schmutzigen kleinen Laden zu vertrödeln. Ihm blieb
anscheinend verborgen, auf wie gebrechlichen Füßen seine Existenz stand und wie
sehr es darauf ankam, in diesen schweren Zeiten, da Geld der einzige Schutz
gegen immer neues Unheil war, mehr Geld zu verdienen. Er war so altmodisch, daß
es sie zur Verzweiflung trieb, und verlangte, eigensinnig alles auf die alte
Art zu machen, deren Zeit doch längst vorüber war. Ihm fehlte es völlig an
Wagemut. Sie aber besaß genug davon und gedachte, sich dessen zu bedienen, ob
es Frank nun gefiel oder nicht. Sie brauchte Geld, und sie verdiente es mit
saurer Arbeit. Das mindeste, was sie dabei von Frank verlangte, war, daß er sie
bei ihren Unternehmungen ungeschoren ließ.
Bei ihrer
Unerfahrenheit war es keine Kleinigkeit, die Sägemühle in Gang zu halten, und
die Konkurrenz war schärfer als im Anfang. Deshalb war sie meist abgespannt,
sorgenvoll und gereizt, wenn sie abends nach Hause kam. Wenn dann Frank zaghaft
hüstelte und sagte: »Liebling, das täte ich aber nicht«, oder: »An deiner
Stelle, Liebling, unterließe ich das lieber«, reichte ihre Kraft höchstens noch
dazu aus, daß sie sich ihre Wutanfälle verbiß,, und manchmal langte es nicht
einmal dazu. Wenn er nicht den Schneid hatte, in die Welt zu gehen und Geld zu
verdienen, warum hatte er fortwährend etwas an ihr zu bemängeln! Was machte es
in diesen Zeiten aus, ob sie weiblich war oder nicht, zumal ihre unweibliche
Sägemühle das Geld einbrachte, das sie so dringend brauchten, sie, ihre Familie,
Tara und Frank nicht minder.
Frank
wollte seine Ruhe haben. Der Krieg, der ihm eine Zeit gewissenhafter
Pflichterfüllung gewesen war, hatte ihm Gesundheit und Vermögen gekostet und
ihn zum alten Manne gemacht; nun verlangte er vom Leben nur noch Frieden und
Freundlichkeit und liebevolle Gesichter um sich her und die Anerkennung seiner
Freunde. Bald bemerkte er, daß der häusliche Friede teuer erkauft werden mußte.
Er mußte Scarlett ihren Willen lassen, was auch immer sie sich vornahm. So
erkaufte er sich denn den Frieden, da er ein müder Mann
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