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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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zog sich den Schal um die Schultern und band sich die Hutbänder unter
dem Kinn fest zusammen. »Haben Sie heute nachmittag zu tun? Können Sie jetzt
mitkommen?«
    »Wohin?«
    »Zur
Mühle. Ich habe Frank versprochen, nicht allein aus der Stadt hinauszufahren.«
    »Zur
Mühle, bei diesem Regen?«
    »Ja. Ich
möchte sie jetzt kaufen, ehe Sie sich anders besinnen.«
    Er lachte
so laut, daß der Junge hinter dem Ladentisch auffuhr und ihn neugierig
anschaute.
    »Haben Sie
vergessen, daß Sie verheiratet sind? Mrs. Kennedy kann es sich nicht leisten,
mit einem Schurken wie Butler über Land zu fahren. Denken Sie gar nicht an
Ihren Ruf?«
    »Ich will
die Mühle haben, ehe Sie sich eines Besseren besinnen oder Frank dahinterkommt,
daß ich sie kaufe. Seien Sie kein Waschlappen. Was schadet das bißchen Regen?
Schnell, kommen Sie.«
     
    Die
Sägemühle! Frank stöhnte jedesmal, wenn er daran dachte, und wünschte, er hätte
sie nie erwähnt. Schlimm genug, daß sie ausgerechnet dem Kapitän Butler ihre
Ohrringe verkaufte und die Mühle erwarb, ohne ihren eigenen Mann auch nur zu
fragen. Schlimmer aber war noch, daß sie ihm die Geschäftsführung nicht
überließ. Es machte einen schlechten Eindruck - als ob sie ihm und seinem
Können nichts zutraute.
    Frank
hatte wie alle Männer, die er kannte, das Bedürfnis, seine Frau durch seine
geistige Überlegenheit zu leiten, und fand, sie müsse sich seinen Ansichten
widerspruchslos fügen und keine eigenen haben. An sich hätte er seiner Frau
gern ihren Willen gelassen. Es konnte selten schaden, den niedlichen Launen der
Frau nachzugeben. Er war von milder, sanfter Gemütsart und konnte einer Frau
schwer etwas abschlagen. Es wäre ihm ein Genuß gewesen, solch einem sanften
kleinen Ding seine törichten Einfalle zu befriedigen und es liebevoll ein wenig
auszuschelten. Was aber Scarlett sich in den Kopf gesetzt hatte, ging über den
Spaß.
    Zum
Beispiel diese Sägemühle. Es war der größte Schreck seines Lebens, als sie ihm
auf seine Frage mit süßem Lächeln mitteilte, sie gedenke sie selber zu führen.
    »Ich will
selbst in den Holzhandel«, so drückte sie sich aus. Nie konnte er sein
Entsetzen, als er dies hörte, wieder vergessen. »Selbst in den Holzhandel.« Es
war unausdenkbar. In Atlanta gab es keine Frau, die geschäftlich tätig war.
Frank hatte überhaupt nie gehört, daß so etwas irgendwo vorkäme. Wenn Frauen
das Unglück hatten, etwas Geld verdienen zu müssen, um in diesen schweren
Zeiten die Ihren zu unterstützen, taten sie es auf stille, frauliche Art. Sie
buken wie Mrs. Merriwether, malten Porzellan, nähten oder hatten Pensionäre wie
Mrs. Elsing und Fanny, unterrichteten in der Schule wie Mrs. Meade und gaben
Musikstunden wie Mrs. Bonnell. Diese Damen verdienten Geld, blieben aber dabei
im Hause, wie es sich für eine Frau gehört. Aber eine Frau, die sich in die
rauhe Welt der Männer wagt, ihnen im Geschäft Konkurrenz machte, sich von ihnen
anrempeln ließ und sich dem Schimpf und dem Klatsch aussetzte ... Wo sie es gar
nicht einmal nötig hatte, da sie einen Mann besaß, der imstande war, reichlich
für sie zu sorgen!«
    Frank
hatte gehofft, sie triebe nur einen Spaß mit ihm, einen Spaß von fragwürdigem
Geschmack, aber er erkannte bald, daß sie es ernst meinte. Sie nahm wirklich
den Betrieb der Sägemühle in die Hand. Sie stand früher auf als er, fuhr über
die Pfirsichstraße hinaus und kam häufig erst nach Hause, wenn er schon längst
den Laden abgeschlossen und zu Tante Pitty zum Abendessen heimgekehrt war. Sie
fuhr all die Meilen nach der Mühle hinaus mit dem mißbilligenden Onkel Peter als
einzigem Schutz, und die Wälder steckten doch voll von freigelassenen Niggern
und allerhand Yankeegesindel. Frank konnte nicht mitfahren. Der Laden nahm all
seine Zeit in Anspruch. Aber als er es ihr verbieten wollte, erwiderte sie
kurz:
    »Wenn ich
nicht auf den aalglatten Schuft, den Johnson, ein Auge habe, stiehlt er mir
mein Holz und verkauft es und steckt das Geld in die Tasche. Wenn ich jemand
Zuverlässiges finde, der mir den Betrieb abnehmen kann, dann brauche ich nicht
mehr so oft hinüber und kann in der Stadt das Holz verkaufen.«
    In der
Stadt Holz verkaufen! Das war das Allerschlimmste. Häufig machte sie sich
wirklich in der Mühle einen Tag frei und bot ihr Holz in der Stadt feil. Dann
wünschte sich Frank, er könnte sich in dem dunklen Hinterraum seines Ladens
verstecken und brauchte keinen Menschen mehr zu sehen. Seine Frau

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