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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Peter heimfuhr, kam sie an dem Hause vorüber, in
dem die Familien dreier Offiziere, die sich mit Scarletts Holz ihre eigenen
Häuser bauten, notdürftig untergebracht waren. Die drei Frauen standen auf dem
Gartenweg, als sie vorbeifuhr, und winkten ihr. Sie kamen an die Pforte und
begrüßten sie mit einem Akzent, bei dem sie immer das Gefühl hatte, man könnte
den Yankees fast alles verzeihen, nur ihre Sprache nicht.
    »Sie
wollte ich gerade sprechen, Mrs. Kennedy«, sagte eine große hagere Frau aus
Maine. »Ich hätte gern von Ihnen eine Auskunft über diese finstere Stadt.«
    Scarlett
schluckte die Beschimpfung Atlantas mit der Verachtung hinunter, die ihr
gebührte, und lächelte ihr liebenswürdigstes Lächeln. »Nun, worüber kann ich
Sie aufklären?«
    »Meine
Bridget, unser Kinderfräulein, ist wieder nach Norden zurückgefahren, sie
wollte keinen Tag länger hier unter den Negern bleiben. Nun machen die Kinder
mich halb verrückt. Bitte, raten Sie mir, woher ich ein neues Kindermädchen
bekommen kann. Ich weiß nicht, wohin ich mich wenden soll.«
    »Das
sollte nicht so schwer sein«, lachte Scarlett. »Wenn Sie eine Schwarze finden,
die frisch vom Lande hereingekommen und noch nicht durch die
Freilassungsbehörde verdorben ist, so ist Ihnen damit aufs allerbeste gedient.
Bleiben Sie einfach vor Ihrer Pforte stehen, und fragen Sie jede Schwarze, die
vorübergeht.«
    Die drei
Frauen erhoben ein großes Geschrei. »Meinen Sie, ich vertraue meine Kleinen
einem Nigger an?« entrüstete sich die Frau aus Maine. »Ich suche ein gutes
irisches Kindermädchen.«
    »Ich
fürchte, irische Dienstboten werden Sie in Atlanta kaum finden«, antwortete
Scarlett kühl. »Ich persönlich habe noch nie ein weißes Dienstmädchen gesehen
und möchte auch keines im Hause haben. Ich versichere Ihnen«, ein kleiner
spöttischer Unterton lief ihr unversehens unter, »die Schwarzen sind keine
Menschenfresser und ganz vertrauenswürdig.«
    »Du meine
Güte, nein! Ich möchte keinen Schwarzen im Hause haben. Was für ein Gedanke!
Ich traue ihnen nicht über den Weg, und daß sie meinen Kleinen anfassen sollten
... «
    Scarlett
gedachte Mammys gütiger, derber Hände, die in Ellens Diensten und für sie und
Wade rauh geworden waren. Was wußte diese Fremde davon, wie liebevoll und tröstlich
schwarze Hände sein konnten, wie unfehlbar sie zu beruhigen, zu streicheln, zu
liebkosen verstanden?
    Sie lachte
kurz auf. »Sonderbar, daß Sie so denken. Sie haben sie doch befreit.«
    »Herrgott!
Ich nicht, junge Frau«, lachte die Dame aus Maine. »Ich habe nie einen Neger
gesehen, bis ich vor vier Wochen in den Süden gekommen bin, und kann es
verschmerzen, wenn ich nie wieder einen sehe. Mir kommt die Gänsehaut bei ihrem
Anblick. Ich könnte keinem von ihnen trauen.«
    Schon ein
Weilchen hatte Scarlett gespürt, daß Onkel Peter schwer atmete und steif dasaß,
während er unverwandt dem Pferd auf die Ohren starrte. Ihre Aufmerksamkeit
wurde gewaltsam auf ihn gelenkt, als die Frau aus Maine plötzlich in Lachen
ausbrach und ihn ihren Freundinnen zeigte.
    »Seht
einmal, der alte Nigger bläht sich auf wie eine Kröte«, kicherte sie.
»Wahrscheinlich ein altes Verzugskind von Ihnen? Hier im Süden verstehen sie
nicht, mit den Niggern umzugehen. Sie verwöhnen sie zu Tode.«
    Peter zog
den Atem ein, auf seiner runzeligen Stirn erschienen tiefe Furchen, aber er
blickte, ohne mit der Wimper zu zucken, geradeaus. In seinem ganzen Leben hatte
noch kein Weißer ihn »Nigger« genannt. Andere Neger wohl manchmal, aber nie ein
Weißer. Und für nicht vertrauenswürdig, für ein altes Verzugskind angesehen zu
werden - er, Peter, die würdevolle Stütze der Familie Hamilton seit einem
Menschenalter!
    Scarlett
spürte mehr, als daß sie sah, wie das schwarze Kinn vor gekränktem Stolz zu
beben begann, und eine mörderische Wut packte sie. Mit ruhiger Verachtung hatte
sie diese Frauensperson das konföderierte Heer bespötteln, Jeff Davis
verlästern und ihre Landsleute beschuldigen hören, daß sie ihre Sklaven
mordeten und folterten. Wenn sie Vorteil davon gehabt hätte, so würde sie
selbst Beschimpfungen ihrer eigenen Tugend und Ehrlichkeit ruhig hingenommen
haben. Aber als sie sah, wie diese Frauen dem alten treuen Schwarzen mit ihren
dummen Bemerkungen weh taten, zündete es bei ihr wie in einem Pulverfaß. Einen
Augenblick schaute sie die große Sattelpistole in Peters Gürtel an, und die
Hand juckte ihr danach. Den Tod hätten sie verdient,

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