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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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sind sehr hart in der Art, wie Sie so etwas ansehen,
Scarlett«, erwiderte er, »aber überlegen Sie es sich mit Hugh. Vielleicht
machen seine Ehrlichkeit und sein Fleiß doch seinen Mangel an Grips wett.«
    Scarlett
antwortete nicht, denn sie wollte nicht zu unhöflich sein, aber für sie gab es
wenige Eigenschaften, wenn überhaupt eine, die für Mangel an Verstand
entschädigen konnten.
    Nachdem
sie die ganze Stadt noch länger erfolglos abgesucht hatte, entschied sie sich
schließlich für Tommys Vorschlag und fragte Hugh Elsing.
    Während
des Krieges war er ein schneidiger, tüchtiger Offizier gewesen, aber zwei
schwere Verwundungen und vier Jahre im Feld hatten offenbar seine ganze
Lebenskraft verbraucht, und er stand den Härten des Lebens ratlos wie ein Kind
gegenüber. Wenn er sein Feuerholz feilbot, lag oft in seinen Augen der Ausdruck
eines Hundes, der sich verlaufen hat. Er war durchaus nicht der Mann, den sie
gesucht hatte.
    »Er ist
dumm«, dachte sie. »Er hat keine Ahnung von Geschäften, ich wette, er weiß
nicht, wieviel zwei mal zwei ist. Aber wenigstens ist er ehrlich und begaunert
mich nicht.«
    Damals
hatte Scarlett in ihrem eigenen Herzen nur wenig Raum für Ehrlichkeit, aber auf
das, was sie bei sich selbst so gering einschätzte, legte sie um so größeren
Wert bei anderen.
    »Ein
Jammer, daß Johnnie Gallegher an Tommy Wellburns Bau gebunden ist«, dachte sie.
»Er ist genau der Mann, den ich brauche, hart wie Eisen und glatt wie ein
Schlange, aber ehrlich, wo Ehrlichkeit sich bezahlt macht. Ich verstehe ihn,
und er versteht mich. Wir könnten sehr gut zusammen arbeiten. Vielleicht kann
ich ihn bekommen, wenn das Hotel fertig ist. Nun, solange behelfe ich mich mit
Hugh und Johnson. Wenn ich Hugh die neue Mühle übergebe und Johnson die alte
lasse, kann ich in der Stadt bleiben und mich um den Absatz kümmern, und bis
ich Johnnie bekomme, muß ich es eben riskieren, daß Johnson mich bestiehlt.
Wäre er doch nur kein Dieb! Ich könnte auf der einen Hälfte des Grundstücks,
das Charles mir hinterlassen hat, ein Holzlager anlegen. Wenn Frank sich doch
nur nicht so darüber aufregen wollte, daß ich auf der anderen Hälfte eine
Kneipe bauen will! Aber ich baue sie doch, sobald Geld genug da ist. einerlei,
ob er sich die Haare rauft. Wäre er doch nur nicht so zart besaitet! Ach Gott,
und wenn ich doch nicht gerade jetzt ein Kind bekommen sollte! Bald kann ich
nicht mehr ausgehen. Und wenn mich doch nur die verfluchten Yankees in Ruhe
lassen wollten! Wenn ... «
    Wenn,
wenn, wenn! So viel Wenns gab es im Leben und nirgends ein wenig Gewißheit.
Niemals konnte man sich sicher fühlen; die Angst, alles zu verlieren und wieder
hungern und frieren zu müssen, ließ einen nicht los.
    Allerdings
verdiente Frank jetzt etwas mehr Geld, aber immer war er erkältet und mußte oft
tagelang zu Bett bleiben. Wenn er nun arbeitsunfähig wurde! Nein, auf ihn war
nicht allzusehr zu rechnen. Rechnen durfte sie überhaupt nur auf sich selbst.
Aber was sie verdienen konnte, war so jämmerlich wenig. Was wollte sie nur
anfangen, wenn die Yankees kamen und ihr alles fortnahmen? Wenn, wenn, wenn!
    Die Hälfte
ihres Verdienstes schickte sie monatlich an Will nach Tara; mit einem Teil trug
sie ihr Darlehen bei Rhett ab, und den Rest legte sie zurück. Kein Geizhals
zählte sein Geld häufiger als sie und hatte größere Angst, es zu verlieren. Auf
die Bank wollte sie es nicht legen. Die machte womöglich Bankrott, oder die
Yankees konnten alle Einlagen beschlagnahmen. Deshalb trug sie, soviel sie
konnte, auf dem Leib und versteckte die Scheine in kleinen Paketen überall im
Hause, unter einem losen Stein im Kamin, in einer Bildmappe und zwischen den
Blättern der Bibel. Mit der Zeit wurde sie immer gereizter, denn jeder ersparte
Dollar bedeutete zugleich, einen Dollar mehr zu verlieren, wenn das Unglück
über sie kam.
    Frank,
Pitty und die Dienstboten ließen ihre Launen mit aufreizender Sanftmut über
sich ergehen, weil sie sie ihrer Schwangerschaft zuschrieben und ihre wahre
Ursache nicht ahnten. Frank wußte, daß schwangere Frauen Anspruch auf Nachsicht
hatten. Deshalb legte er seinen Stolz für eine Weile ab und sagte nichts mehr
darüber, daß sie in ihrem Zustand die Mühle führte und sich in der Stadt sehen
ließ, was sich für eine Dame nicht gehörte. Ihr Benehmen war ihm eine Quelle
dauernder Verlegenheit, aber er meinte, nun könnte er es noch ein Weilchen
länger ertragen. Wenn das Kind erst da war,

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