Margaret Mitchell
dann war sie ja wieder das süße
frauliche Geschöpf, um das er geworben hatte. Aber was er auch tat, um sie zu
besänftigen, ihr Jähzorn ließ nicht nach, und oft kam sie ihm wie eine
Besessene vor.
Wovon sie
eigentlich besessen war und was sie wie eine Irrsinnige überkam, das
durchschaute wohl niemand. Es war der leidenschaftliche Drang, ihre
Angelegenheit in Ordnung zu bringen, ehe sie sich hinter verschlossene Türen
zurückziehen mußte - möglichst viel Geld zu haben, wenn die Sintflut ihr wieder
über den Hals kommen sollte, und gegen das steigende Meer des Yankeehasses
einen festen Damm aus barer Münze zu errichten. Geld war bei ihr ein und alles.
Wenn sie überhaupt an das Kind dachte, so geschah es in ohnmächtiger Wut
darüber, wie ungelegen es kam.
»Tod,
Steuern und Geburt kommen immer zur Unzeit!«
Atlanta
hatte schon genug Anstoß daran genommen, daß Scarlett als Frau eine Sägemühle
führte, aber allmählich kam man zu der Überzeugung, daß diese Frau vor nichts
zurückschreckte. Ihr scharfes Geschäftsgebaren war unerhört - ihre selige
Mutter war doch eine Robillard! Und die Art, wie sie sich weiter auf der Straße
zeigte, obwohl doch jeder sah, daß sie in anderen Umständen war, konnte man nur
noch unanständig nennen. Keine anständige weiße Frau und nur wenige schwarze
verließen das Haus, sobald sie schwanger waren, und Mrs. Merriwether meinte
entrüstet, Scarlett würde ihr Kind noch auf der Straße bekommen, wenn sie sich
weiter so aufführte.
Aber alles
bisherige Kopfschütteln war nichts gegen den Klatsch, der jetzt durch die Stadt
zu summen begann. Scarlett machte nicht nur Geschäfte mit den Yankees, allem
Anschein nach fand sie geradezu Vergnügen daran.
Mrs.
Merriwether und viele andere hatten gleichfalls mit den Eindringlingen aus dem
Norden geschäftlich zu tun, aber mit dem Unterschied, daß es ihnen höchst unangenehm
war und sie das auch deutlich zu erkennen gaben. Scarlett hingegen machte es
Spaß, oder wenigstens tat sie so, was nicht minder arg war. Sie war wahrhaftig
schon bei Frauen von Yankeeoffizieren zum Tee gewesen! Ja, das einzige, wovor
sie noch haltmachte, war, sie zu sich ins Haus zu laden, und das wohl auch nur
aus Rücksicht auf Pitty und Frank.
Scarlett
wußte wohl, wie sehr sie ins Gerede gekommen war, aber sie kehrte sich nicht
daran. Sie haßte die Yankees immer noch genauso ingrimmig wie damals, als sie
kamen, um Tara niederzubrennen, aber sie konnte ihren Haß verbergen. Wollte sie
Geld verdienen, so mußten die Yankees herhalten, und nach ihrer bisherigen
Erfahrung waren freundliche Mienen und gute Worte immer noch das sicherste
Mittel, Geschäfte zu machen. Eines Tages, wenn sie steinreich war und ihr Geld
irgendwo versteckt hatte, wo die Yankees es nicht finden konnten, ja, dann
wollte sie ihnen laut und deutlich ihre Meinung sagen und sie nicht mehr im
Zweifel darüber lassen, wie sie sie haßte und verachtete. Aber bis dahin
forderte der gesunde Menschenverstand, sich gut mit ihnen zu stellen. War das
Heuchelei, so sollte Atlanta nur ruhig darüber klatschen.
Sich mit
den Offizieren anzufreunden, war, wie sie bald merkte, nicht schwerer als zahme
Vögel schießen. Es waren einsame Verbannte in Feindesland, und in einer Stadt,
wo jede anständige Frau ihren Rock raffte, wenn sie ihnen begegnete und aussah,
als möchte sie sie am liebsten anspeien, lechzten viele von ihnen nach
gesellschaftlichem Umgang mit einer Dame. Sonst hatten nur Dirnen und
Negerfrauen ein freundliches Wort für sie. Aber Scarlett war trotz ihrer
geschäftlichen Tätigkeit sichtlich eine Dame aus bester Familie, und sie
freuten sich ihres strahlenden Lächelns und ihrer heiter blickenden grünen
Augen.
Wenn sie
aus dem Wagen heraus mit ihnen sprach und ihre Grübchen spielen ließ, wurde
Scarletts Widerwille oft so übermächtig, daß sie sich die Verwünschungen kaum
noch verbeißen konnte, die sie ihnen am liebsten ins Gesicht geschleudert hätte.
Aber sie beherrschte sich und merkte bald, daß sich die Yankees ebenso leicht
um den Finger wickeln ließen wie die Männer aus dem Süden - nur war dies früher
eine hübsche Zerstreuung gewesen und jenes jetzt ein bitteres Geschäft. Sie
spielte die Rolle einer zarten, vornehmen Dame, die in Not geraten war. Mit
würdiger Zurückhaltung wußte sie ihre Opfer stets im richtigen Abstand zu
halten und sich trotzdem so liebenswürdig zu geben, daß die Offiziere ihrer
nicht ohne Wärme gedachten.
Diese
Wärme kam
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