Margaret Mitchell
sich nach dem
Wetter zu richten, und wenn all das Elend mit diesem Wiederaufbau glücklich
überstanden ist, dann, sollst du sehen, ist mein Alex ebenso reich, wie sein
Vater und sein Großvater es waren. Aber Ashley ... «
Scarlett
war gekränkt. Sie wollte auf Ashley nichts kommen lassen. »Das sind alles nur
große Worte«, sagte sie kühl.
»Unsinn«,
erwiderte Großmama und sah sie dabei scharf an. »Du machst es genauso, seitdem
du in Atlanta bist. O ja, wir hören von deinen Streichen, auch wenn wir hier in
der Provinz begraben sind. Auch du hast dich gewandelt im Wandel der Zeit. Es
ist uns bekanntgeworden, wie du dich mit Yankees und Schiebern anbiederst, um
ihnen Geld abzunehmen, und tust, als könntest du kein Wässerlein trüben. Nur
zu! Hol jeden Cent heraus, den du bekommen kannst, aber wenn du Geld genug hast
und all diese Leute nicht mehr ausnutzen kannst, gib ihnen einen Tritt. Vergiß
das ja nicht und tu es kräftig, denn man geht leicht zugrunde, wenn man
Gesindel an den Rockschößen hängen hat.«
Scarlett
sah sie an und furchte die Stirn, so schwer gingen ihr diese Worte ein. Immer
noch konnte sie sich nichts dabei denken, auch ärgerte es sie, daß Ashley sich
wie eine Schildkröte auf dem Rücken anstellen sollte.
»Ich
glaube, Sie irren sich in Ashley«, sagte sie hartnäckig.
»Scarlett,
dafür hast du keinen Blick.«
»Das
meinen Sie«, erwiderte Scarlett abweisend. Am liebsten hätte sie der Alten eins
auf den Mund gegeben.
»Gewiß, du
verstehst dich auf Dollars und Cents, das tun die Männer auch. Aber du
verstehst dich nicht auf Menschen, wie richtige Frauen tun, gar nicht verstehst
du dich darauf.«
Scarletts
Augen begannen Funken zu sprühen. Ihre Finger ballten sich zur Faust und
spreizten sich wieder.
»Nun habe
ich dich fuchsteufelswild gemacht, was?« fragte die alte Dame und lächelte.
»Das wollte ich gerade.«
»Was Sie
sagen? Und warum, wenn ich fragen darf?«
»Oh, ich
habe meine guten Gründe, kann ich wohl sagen.«
Großmama
sank in ihren Stuhl zurück, und es kam Scarlett auf einmal zum Bewußtsein, wie
unglaublich müde und alt sie aussah. Die winzigen, klauenartigen Hände, die sie
über dem Fächer gefaltet hatte, waren gelb und wächsern wie Totenhände. Da kam
Scarlett ein Gedanke, der all ihren Ärger vertrieb. Sie beugte sich über die
Alte und faßte eine ihrer Hände.
»Sie
liebe, liebe alte Schwindlerin«, sagte sie zärtlich. »Von allem war ja kein
Wort ernst gemeint. Sie haben mich nur ärgern wollen, um mich von Pa
abzulenken, nicht wahr?«
»Quatsch«,
knurrte die alte Miß und zog ihr die Hand weg. »Zum Teil deswegen, ja, aber zum
Teil habe ich dir auch die Wahrheit gesagt, und du bist nur zu dumm, es zu
merken.«
Mit einem
feinen Lächeln jedoch nahm sie ihren Worten den Stachel.
Der Groll
um Ashleys willen verschwand aus Scarletts Herzen. Es tat gut zu wissen, daß
die Alte das alles nicht ernst gemeint hatte.
»Trotz
allem, ich danke Ihnen. Es ist gut von Ihnen, daß sie mit mir gesprochen haben,
und es freut mich, daß Sie Wills und Suellens wegen auf meiner Seite sind, wenn
sonst auch viele Leute etwas dagegen haben.«
Mrs.
Tarleton trat mit zwei Gläsern Buttermilch wieder in die Halle. Alles
Hausfrauliche ging ihr schlecht von der Hand. Aus beiden Gläsern schwappte die
Milch über.
»Ich mußte
ganz bis zum Kühlhaus gehen, um sie zu finden«, sagte sie. »Trinkt rasch, die
Leute kommen schon vom Friedhof zurück. Scarlett, läßt du es wirklich zu, daß
Suellen Will heiratet? Gewiß, er ist viel zu gut für sie, aber du weißt, er ist
mittellos und ... «
Scarletts
Blicke trafen Großmama. In den alten Augen glomm ein boshafter Funken auf, und
die ihren spiegelten ihn wider.
41
Nachdem
die letzten Lebewohl gesagt hatten und Räderklang und Hufschlag verstummt
waren, ging Scarlett in Ellens Schreibzimmer und holte etwas Glänzendes aus
einem Versteck zwischen den vergilbten Papieren in den Fächern des Sekretärs,
wo sie es gestern abend verborgen hatte. Sie hörte Pork im Eßzimmer schluchzen,
während er den Tisch deckte, und rief ihn herein. Er kam zu ihr. Sein schwarzes
Gesicht war hilflos wie das eines verirrten herrenlosen Hundes.
»Pork«,
sagte sie streng, »wenn du noch einmal weinst, dann ... dann weine ich auch.
Das muß aufhören.«
»Jawohl,
Miß Scarlett. Ich gebe mir auch Mühe. Aber immer, wenn ich mir Mühe gebe, denke
ich an Master Gerald, und... «
»Dann also
laß das Denken. Ich kann jeden
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