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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Atlanta und hilfst mir, nicht wahr?«
    »Nein!«
    »Ashley!«
    Fast brach
ihre Stimme vor Schmerz und Enttäuschung. »Ich habe doch auf dich gezählt. Ich
brauche dich so nötig. Frank kann mir nicht helfen. Er hat soviel im Laden zu
tun, und wenn du nicht kommst, weiß ich nicht, wer mir helfen soll. Wer in
Atlanta tüchtig ist, hat mit seinen eigenen Angelegenheiten zu tun, und die
anderen sind so unfähig ... «
    »Es nützt
dir nichts, Scarlett.«
    »Willst du
damit sagen, daß du lieber nach New York zu den Yankees möchtest als nach
Atlanta kommen?«
    »Wer hat
dir das gesagt?« Er drehte sich um und sah sie an. Ein müder Ärger furchte ihm
die Stirn.
    »Will.«
    »Ja, ich
habe mich entschieden, nach dem Norden zu gehen. Ein alter Freund, der vor dem
Kriege die Europareise mit mir gemacht hat, bietet mir eine Stellung in der
Bank seines Vaters an. Es ist besser so, Scarlett. Ich kann dir doch nichts
nützen. Ich verstehe nichts vom Holzgeschäft.«
    »Vom
Bankgeschäft verstehst du noch weniger. Das ist viel schwieriger! Und ich würde
bestimmt deiner Unerfahrenheit viel mehr zugute halten als die Yankees.«
    Er zuckte
zusammen, und sie merkte, daß sie das nicht hätte sagen dürfen. Er wendete sich
ab und blickte wieder zum Fenster hinaus.
    »Ich will
keine Nachsicht. Ich will auf eigenen Füßen stehen und für nichts Besseres
gelten, als ich bin. Was habe ich denn bis jetzt mit meinem Leben angefangen?
Es wird Zeit, daß ich etwas daraus mache ... oder durch eigene Schuld
herunterkomme. Ich bin schon allzulange dein Gast.«
    »Aber ich
biete dir doch eine fünfzigprozentige Beteiligung an der Mühle, Ashley! Du
ständest dort ja auf eigenen Füßen, denn es wäre doch dein eigenes Geschäft.«
    »Es käme
doch auf dasselbe heraus, denn ich kann mir ja die Beteiligung nicht kaufen.
Ich müßte sie als Geschenk annehmen. Ich habe schon zuviel Geschenke von dir
angenommen - Kost und Obdach und sogar Kleidung für mich, Melanie und das Kind,
und ich habe dir nichts dafür gegeben.«
    »Aber das
hast du doch! Will hätte nicht ...«
    »O ja, ich
kann schon ganz gut Feuerholz spalten.«
    »Ach,
Ashley!« rief sie verzweifelt, und Tränen traten ihr bei seinem höhnischen Ton
in die Augen. »Was ist mit dir geschehen? Du sprichst so hart und bitter! So
warst du sonst nicht.«
    »Was mit
mir geschehen ist? Etwas ganz Merkwürdiges, Scarlett. Ich habe nachgedacht. Ich
glaube, seit dem Kriegsschluß habe ich nicht wirklich nachgedacht, bis du
fortgegangen bist. Ich lebte eigentlich nur halb, und es genügte mir, wenn ich
etwas zu essen und ein Bett zum Schlafen hatte. Aber als du nach Atlanta gingst
und die Last eines Mannes auf dich nahmst, sah ich auf einmal, daß ich ja gar
kein Mann mehr war ... daß ich weniger taugte als eine Frau! Mit solchen
Gedanken lebt es sich nicht gut, und ich habe nicht die Absicht, es noch länger
zu tun. Andere kamen aus dem Kriege und hatten weniger als ich, und sieh sie
dir jetzt an. Deshalb gehe ich nach New York.«
    »Ach, ich
verstehe dich nicht! Wenn du Arbeit haben willst, warum geht es nicht in
Atlanta ebensogut wie in New York?«
    »Nein,
Scarlett. Dies ist für mich die letzte Möglichkeit. Ich will nach dem Norden.
Wenn ich in Atlanta für dich arbeite, bin ich auf immer verloren.«
    Das Wort:
»Verloren - verloren - verloren« hallte erschreckend in ihrem Herzen nach wie
eine Totenglocke. Rasch blickte sie ihm in die Augen, aber sie waren weit
geöffnet und kristallgrau und blickten durch sie hindurch in ein Jenseits, in
ein Schicksal, das sie weder sehen noch verstehen konnte.
    »Verloren?
Willst du damit sagen ... hast du etwas getan, wofür die Yankees in Atlanta
dich belangen könnten? Hast du vielleicht Tony geholfen oder... ach, Ashley,
bist du vielleicht im Ku-Klux-Klan?«
    Aus der
Ferne kehrte sein Blick blitzschnell zu ihr zurück, und er lächelte ein kurzes
Lächeln, das gar nicht erst bis zu seinen Augen gelangte.
    »Ach, ich
hatte vergessen, wie wörtlich du alles nimmst. Nein, vor den Yankees fürchte
ich mich nicht, aber wenn ich nach Atlanta gehe und wieder etwas von dir annehme,
muß ich für immer jede Hoffnung begraben, einmal selbständig dazustehen.«
    »Ach«,
seufzte sie erleichtert auf, »wenn es weiter nichts ist!«
    »Nein.
Weiter nichts«, lächelte er wieder, und sein Lächeln war noch frostiger als
zuvor. »Nur mein männlicher Stolz ist es, meine Selbstachtung oder, wenn du es
so nennen magst, meine unsterbliche Seele.«
    »Aber«,
sagte sie

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