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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Eine feiste Mulattin, die über
einen rostigen alten Herd gebeugt stand, machte einen flüchtigen Knicks, als
sie Scarlett sah, und rührte weiter in einem Topf, in dem schwarzgefleckte
Erbsen kochten. Scarlett wußte, daß Johnnie mit ihr lebte, hielt es aber für
richtig, es schweigend zu übersehen. Außer den Erbsen und einer Form mit
Maisbrot wurde offenbar nichts zubereitet.
    »Weiter
haben Sie nichts für die Leute?«
    »Nein,
Missis.«
    »Haben Sie kein Fleisch mit den
Erbsen zusammengekocht?«
    »Nein, Missis.«
    »Keinen
Speck? Solche Erbsen haben doch ohne Speck keinen Sinn. Es steckt nicht die
geringste Kraft darin. Warum nehmen Sie keinen Speck?«
    »Master
Johnnie sagt, es hat keinen Zweck, Fleisch hineinzukochen.«
    »Speck
sollen Sie hineintun. Wo haben Sie Ihre Vorräte?«
    Die
Mulattin rollte verängstigt die Augen und wies auf einen kleinen Wandschrank,
der als Speisekammer diente. Scarlett öffnete die Tür. Am Boden stand ein
offenes Faß Maismehl, dann war noch ein Sack mit Mehl da, außerdem ein Pfund
Kaffee, etwas Zucker, ein Krug Sirup und zwei Schinken. Von dem frisch
gekochten Schinken auf dem Bord waren ein paar Scheiben abgeschnitten. Wütend
wandte sich Scarlett zu Johnnie Gallegher und schaute ihm in die kalten, bösen
Augen.
    »Wo  sind
die  fünf Sack weißes Mehl,  die ich vorige Woche herausgeschickt habe, der
Sack Zucker und der Kaffee? Fünf Schinken habe ich schicken lassen und zehn
Pfund Fleisch, und wer weiß wieviel Bataten und irische Kartoffeln. Wo ist das
alles? Das kann doch unmöglich in einer Woche verbraucht worden sein, selbst
wenn die Leute täglich fünf Mahlzeiten bekommen hätten. Verkauft haben Sie es!
Jawohl, das haben Sie, Sie Dieb! Meine schönen Vorräte haben Sie verkauft und
das Geld eingesteckt. Den Leuten geben Sie getrocknete Erbsen und Maisbrot zu
essen. Kein Wunder, daß sie so mager sind. Platz da!«
    Sie
stürmte an ihm vorbei aus der Tür.
    »Sie
dahinten ... jawohl, Sie! Kommen Sie einmal her!«
    Der
angerufene Mann stand auf und kam verlegen auf sie zu. Seine Fußfesseln
klirrten, und sie sah, daß die bloßen Fußgelenke rot und entzündet waren, wo
das Eisen gescheuert hatte.
    »Wann
haben Sie zuletzt Schinken gegessen?«
    Der Mann
blickte zu Boden.
    »Heraus
mit der Sprache!«
    Immer noch
stand der Mann schweigend und eingeschüchtert vor ihr. Endlich blickte er auf,
sah Scarlett flehend ins Gesicht und schlug die Augen wieder nieder.
    »Sie haben
Angst, etwas zu sagen? Schön, gehen Sie in die Speisekammer und holen den
Schinken vom Bord. Rebekka, geben Sie ihm das Messer. Nehmen Sie ihn mit zu den
anderen Leuten und verteilen ihn. Rebekka, geben Sie den Leuten Zwieback und
Kaffee und reichlich Sirup dazu. Schnell, ich will sehen, daß es auch
geschieht.«
    »Das ist
Mr. Johnnies Mehl und sein Privatkaffee«, stammelte Rebekka erschrocken.
    »Mr.
Johnnies! Zum Donnerwetter, dann ist es wohl auch sein Privatschinken! Tun Sie,
was ich sage. Marsch, an die Arbeit. Johnnie Gallegher, kommen Sie mit mir
heraus an den Wagen.«
    Vorsichtig
stelzte sie über den schmutzigen Hof und stieg in den Wagen. Mit grimmiger
Befriedigung sah sie, wie die Männer über den Schinken herfielen und sich
gierig die Stücke in den Mund stopften, als fürchteten sie, er könnte ihnen
wieder fortgenommen werden.
    »Sie sind
ein Erzhalunke!« schrie sie Johnnie an, als er neben dem Rad stand, den Hut aus
der finsteren Stirn geschoben. »Sie können mir das Geld für meine Vorräte
gleich wieder aushändigen. In Zukunft bringe ich sie Ihnen täglich selbst und
weise sie Ihnen nicht mehr monatlich zu. Dann können Sie mich nicht betrügen.«
    »In Zukunft bin ich nicht mehr
hier«, sagte Johnnie Gallegher. »Soll das heißen, daß Sie gehen?«
    Einen
Augenblick lag es Scarlett auf der Zunge, zu sagen: »Fort mit Schaden!« Aber
die kühle Vorsicht hielt sie zurück. Was sollte sie anfangen, wenn Johnnie
kündigte? Er hatte doppelt soviel Holz geliefert wie Hugh, und gerade jetzt
hatte sie einen besonders großen und obendrein sehr eiligen Auftrag
auszuführen. Das Holz mußte sie nach Atlanta hereinbekommen. Wenn Johnnie ging,
wem sollte sie dann ihre Mühle übergeben?
    »Ja, ich
gehe. Sie haben mir die Mühle zu selbständiger Leitung übergeben und mir
gesagt, Sie erwarten weiter nichts von mir, als daß ich möglichst viel Holz
herauswirtschaftete. Sie haben mir nicht gesagt, wie ich die Mühle betreiben
soll. Ich habe keine Lust, mir Vorschriften darüber machen zu

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