Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
Vom Netzwerk:
und deckte sie sorglich zu.
    »Dieses
Niggermädchen wird bei lebendigem Leibe geschunden«, sagte er ganz ruhig.
»Deine Schuld ist es auch. Du hättest heraufkommen und nachsehen sollen, ob die
Lampe brannte.«
    »Sei kein
Narr, Rhett«, flüsterte sie. »Sie ist nur so geworden, weil du ihr immer
nachgegeben hast. Viele Kinder haben Angst im Dunkeln, aber sie kommen darüber
hinweg. Wade war auch bange, aber ich habe ihn nicht verwöhnt. Wenn du sie nur
ein paar Nächte lang ruhig schreien läßt ... «
    »Ruhig
schreien läßt!« Einen Augenblick meinte Scarlett, er wolle sie schlagen.  
»Entweder   bist   du   verrückt   oder   die   unmenschlichste Frauensperson,
die mir je vorgekommen ist!«
    »Sie soll
nicht nervös und feige werden.«
    »Feige?
Himmeldonnerwetter! Nichts ist an ihr feige, gar nichts. Aber du hast keine
Phantasie und kannst nicht ahnen, wie Menschen sich quälen, die eine haben. Und
nun gar ein Kind! Wenn etwas mit Klauen und Hörnern käme und sich dir auf die
Brust setzte, würdest du es dann fertigbringen, das einfach zur Hölle zu
schicken? Den Teufel würdest du! Vielleicht entsinnst du dich gütigst daran,
Madame, daß ich dich habe aufwachen sehen und schreien hören wie eine
verbrannte Katze, nur weil du im Traum durch den Nebel gelaufen warst. Es ist
noch gar nicht so lange her.«
    Scarlett
wußte darauf nichts zu erwidern. An ihre Träume ließ sie sich ungern erinnern.
Auch war es ihr unbehaglich, daran zu denken, daß Rhett sie ungefähr ebenso
getröstet hatte wie soeben Bonnie. Deshalb griff sie ihn rasch von einer
anderen Seite an.
    »Du tust
ihr immer nur ihren Willen und ... «
    »Und das will
ich auch weiter tun. Dann wächst sie schließlich darüber hinaus und vergißt
es.«
    »Dann«,
sagte Scarlett bissig, »wenn du Kindermädchen spielen willst, tätest du
vielleicht besser daran, nachts nach Hause zu kommen und zur Abwechslung
vielleicht auch einmal nüchtern.«
    »Ich werde
früh nach Hause kommen, aber, wenn es mir paßt, sternhagelbesoffen!«
    Künftig
kam er wirklich früh heim, längst vor Bonnies Schlafenszeit. Er saß bei ihr und
hielt ihr die Hand, bis der Schlaf ihr die Finger löste. Erst dann schlich er
hinunter, ließ aber die Lampe hell brennen und die Tür offenstehen, damit er
hören konnte, wenn sie aufwachte und Angst bekam. Nie wieder sollte sie sich im
Dunkeln fürchten müssen. Der ganze Haushalt wurde durch die Sorge um die Lampe
in Atem gehalten. Scarlett, Mammy, Prissy und Pork gingen immer wieder auf
Zehenspitzen hinauf, um nachzusehen, ob sie noch brenne.
    Rhett kam
sogar nüchtern nach Hause, aber das war nicht etwa Scarletts Werk. Seit Monaten
hatte er viel getrunken, und eines Abends roch sein Atem besonders stark nach
Whisky. Er hob Bonnie auf, setzte sie sich auf die Schulter und fragte: »Hast
du denn nicht ein Küßchen für deinen Pappi?«
    Sie
rümpfte die kleine Stupsnase und sträubte sich in seinen Armen, um wieder auf den
Boden zu gelangen.
    »Nein«,
sagte sie treuherzig, »pfui!«
    »Was?«
    »Du
stinkst ja. Das tut Onkel Ashley nicht.«
    »Ich
verfluchter Kerl«, sagte er reuevoll und setzte sie nieder. »Daß ich in meinem
eigenen Hause einen kleinen Mäßigkeitsapostel finden würde, hätte ich mir nicht
träumen lassen.«
    Künftig
aber beschränkte er seinen Alkoholgenuß auf ein Glas Wein nach dem Abendessen,
und Bonnie, die immer die letzten Tropfen aus seinem Glase trinken durfte, fand
durchaus nicht, daß der Wein schlecht rieche. Die Folge war, daß die
Aufgedunsenheit, die schon angefangen hatte, den scharfen Umriß seiner Wangen
zu verwischen, allmählich wieder verschwand und die Ringe unter seinen
schwarzen Augen nicht mehr so dunkel und hart wirkten. Weil Bonnie gern mit ihm
vorn im Sattel ausritt, kam er auch mehr ins Freie. Die Sonne verbrannte ihm
sein braunes Gesicht, und er sah dunkler aus als je. Er sah auch wohler aus,
war öfter fröhlich und glich wieder dem schneidigen jungen Blockadebrecher, der
Atlanta in der ersten Kriegszeit in Atem gehalten hatte.
    Auch wer
nie etwas für ihn übrig gehabt hatte, mußte lächeln, wenn er mit der kleinen
Gestalt vorn im Sattel vorüberritt. Damen, die bisher gemeint hatten, keine
Frau könne sich mit ihm sehen lassen, blieben stehen und redeten ihn auf der
Straße an, um Bonnie zu bewundern. Selbst die strengsten alten Matronen kamen
zu der Überzeugung, ein Mann, mit dem sich über die kleinen Leiden und Freuden
der Kindheit so gut reden lasse wie mit

Weitere Kostenlose Bücher