Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
Vom Netzwerk:
beleidigt, damit er ihn umbringen
und dir damit seine Hochachtung beweisen kann.«
    »Was du
nicht alles redest, India!« Melanie errötete. »Er hält mich für eine
schrecklich dumme Gans, das weißt du ganz gut.«
    »Mir
scheint, es kommt gar nicht darauf an, was der alte dreckige Bergschratt
findet«, sagte Scarlett schroff. Der Gedanke daran, wie Archie sie wegen der
Sträflinge abgekanzelt hatte, brachte sie immer in Wut. »Ich muß jetzt fort.
Ich muß zum Essen und dann in den Laden, das Personal auszuzahlen, und nach dem
Holzlager und den Fahrern und Hugh ihren Lohn geben.«
    »Du gehst
nach dem Holzlager?« fragte Melanie. »Ashley kommt am späten Nachmittag auch
dorthin, um Hugh zu sprechen. Könntest du ihn vielleicht bis fünf Uhr dort
festhalten? Sonst erwischt er uns womöglich gerade dabei, wie wir einen Kuchen
verzieren, oder bei etwas Ähnlichem, und dann ist es mit der Überraschung aus.«
    Scarlett
lächelte, und ihre gute Laune war wiederhergestellt. »Ich will ihn schon
festhalten«, sagte sie.
    Bei diesen
Worten blickten Indias blasse wimpernlose Augen sie durchbohrend an. »Immer
sieht sie mich so sonderbar an, wenn ich von Ashley spreche«, dachte Scarlett.
    »Halt ihn
doch womöglich noch länger fest ... solange du kannst«, sagte Melanie. »Nach
fünf Uhr fährt dann India hin und holt ihn ab. Scarlett, bitte komm heute abend
recht früh, du sollst doch jede Minute meiner Gesellschaft miterleben.«
    Als
Scarlett nach Hause fuhr, dachte sie verdrossen: »Ich soll jede Minute der
Gesellschaft miterleben ... aber warum hat sie mich nicht aufgefordert, mit
ihr, India und Tante Pitty die Gäste zu empfangen?«
    Für
gewöhnlich legte Scarlett keinen Wert darauf, bei Melanies armseligen
Gesellschaften zu empfangen. Aber dies war die größte, die sie gab, und
außerdem Ashleys Geburtstag, und Scarlett hätte von Herzen gern an Ashleys
Seite gestanden und mit ihm die Gäste willkommen geheißen. Aber sie wußte,
warum sie dazu nicht aufgefordert wurde, und hätte sie es nicht gewußt, so
hätten Rhetts Wort sie darüber aufgeklärt.
    »Ein
Gesinnungslump soll empfangen, wenn die angesehensten Konföderierten und
Demokraten erwartet werden? Deine Begriffe sind ebenso anmutig wie konfus. Du
hast es nur Mellys Treue zu verdanken, daß du überhaupt eingeladen wirst.«
    Am
Nachmittag zog Scarlett sich sorgfältiger als gewöhnlich für ihre Fahrt zum
Holzlager an. Sie trug ihr neues mattgrünes Changeant-Taftkleid, das in
bestimmtem Licht lila schimmerte, und den neuen blaßgrünen Hut, der ringsum mit
dunkelgrünen Straußenfedern besetzt war. Wenn nur Rhett erlauben wollte, daß
sie sich Ponies schnitte und auf der Stirn kräuseln ließe, wieviel besser sähe
dann der Hut noch aus! Aber er hatte erklärt, er würde ihr den Kopf
kahlscheren, wenn sie sich Stirnlöckchen schneiden ließe, und die letzte Zeit hatte
er sie so abscheulich behandelt, daß sie es ihm wohl zutraute.
    Es war ein
besonders warmer Nachmittag, und das Herz tanzte ihr wie immer, wenn sie zu
Ashley fuhr. Wenn sie die Fahrer und Hugh zeitig auszahlte, gingen sie
vielleicht nach Hause und ließen sie mit Ashley allein in dem kleinen Kontor
auf dem Holzlager. Sie hatte dieser Tage auch gar zu wenig Gelegenheit gehabt,
Ashley allein zu sehen, und Melanie hatte sie gebeten, ihn dort festzuhalten.
Ein merkwürdiger Gedanke!
    Frohen
Herzens langte sie im Laden an und zahlte ihre Angestellten aus, ohne auch nur
nach dem Tagesgeschäft zu fragen. Es war Sonnabend, der größte Geschäftstag der
Woche, weil alle Bauern zur Stadt kamen, um Einkäufe zu machen.
    Unterwegs
hielt sie wohl ein dutzendmal an, um sich vor den Schieberbekannten, die ihr
begegneten, sehen zu lassen. Sie war glücklich, sie sah bestrickend aus, und
ihr wurde gehuldigt wie einer Königin. Deshalb kam sie später auf dem Holzplatz
an, als sie vorgehabt hatte. Hugh und die Fahrer saßen schon auf einem
Holzstapel und warteten auf sie.
    »Ist
Ashley da?«
    »Ja, im
Kontor«, sagte Hugh, und der sorgenvolle Ausdruck, den sein Gesicht für
gewöhnlich trug, wich beim Anblick ihrer glücklichen, lebensprühenden Augen.
»Er versucht ... er sieht die Bücher durch, wollte ich sagen.«
    »Ach,
damit soll er sich heute nicht plagen«, erwiderte sie und fügte dann leiser
hinzu: »Melly hat mich hergeschickt, um ihn hier festzuhalten, bis zu Hause
alles in Ordnung ist.«
    Hugh
lächelte. Er war auch unter den Gästen, er hatte Gesellschaften gern und
glaubte, Scarlett an den

Weitere Kostenlose Bücher