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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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ihm, könne nicht ganz schlecht sein.
     
    53
     
    Es war
Ashleys Geburtstag, und am Abend gab Melanie ihm zur Überraschung eine
Gesellschaft. Jeder wußte davon, nur Ashley nicht. Sogar Wade und der kleine
Beau waren eingeweiht und kamen sich mit dem Geheimnis, das sie niemandem
erzählen durften, sehr wichtig vor. Alle guten Familien Atlantas waren
eingeladen und hatten zugesagt. Unter ihnen waren General Gordon und seine
Familie sowie Alexander Stephens, der hoffte, daß seine schwankende Gesundheit
es zulasse, und sogar Bob Toombs, der »Sturmvogel der Konföderierten«, wurde
erwartet.
    Den ganzen
Morgen war Scarlett mit Melanie, India und Tante Pitty in dem Häuschen
umhergelaufen und hatte die Neger angewiesen, frische Gardinen aufzuhängen, das
Silber zu putzen, den Fußboden zu bohnern, zu kochen, zu rühren und die Speisen
abzuschmecken. Scarlett hatte Melanie noch nie so glücklich und aufgeregt
gesehen.
    »Siehst
du, Liebes, Ashley hat noch nie an seinem Geburtstag eine Gesellschaft gehabt,
seit ... erinnerst du dich noch des Gartenfestes in Twelve Oaks, damals, als
wir hörten, daß Lincoln die Freiwilligen aufrief" Seitdem hat er zum
Geburtstag nie mehr Gäste gehabt. Und er arbeitet so schwer und ist so müde,
wenn er abends nach Hause kommt, daß er dieses Mal seinen Geburtstag völlig
vergessen hat. Das wird aber eine Überraschung, wenn nach dem Abendessen alles
herbeiströmt!«
    »Wie soll
es denn mit den Laternen auf dem Rasen werden, damit Mr. Wilkes sie nicht zu
früh sieht, wenn er nach Hause kommt?« fragte Archie mürrisch.
    Er hatte
den ganzen Morgen scheinbar teilnahmslos, in Wirklichkeit aber voller Neugierde
dagesessen und den Vorbereitungen zugesehen. Er war noch nie hinter den
Kulissen einer großen Gesellschaft gewesen, es war für ihn ein neues Erlebnis.
Er machte zwar offenherzig seine Glossen darüber, wie die Weiber umherliefen,
als stünde das Haus in Brand, aber keine zehn Pferde hätten ihn von dem
Schauspiel wegbringen können. Die Laternen aus buntem Papier, von Mrs. Elsing
und Fanny angefertigt und farbig bemalt, hatten es ihm besonders angetan, weil
er dergleichen noch nie gesehen hatte. Sie waren in seinem Kellerzimmer
versteckt gewesen, und er hatte sie sich eingehend betrachtet.
    »Mein
Gott, daran habe ich ja gar nicht gedacht«, rief Melly. »Archie, ein Glück, daß
Sie davon sprechen. Was soll ich machen? Sie müssen in den Gebüschen versteckt
aufgehängt und erst angezündet werden, wenn die Gäste kommen. Scarlett, kannst
du mir Pork dafür herüberschicken, während wir zu Abend essen?«
    »Mrs.
Wilkes, Sie sind zwar verständiger als die meisten Weiber, aber den Kopf
verlieren Sie doch auch zu leicht«, sagte Archie. »Der dumme Nigger wird mit
den Dingern nie fertig! Er wird sie in Brand stecken. Ich hänge sie Ihnen auf,
wenn Sie bei Tisch sitzen.«
    »Ach,
Archie, das ist aber nett von Ihnen!« Melanie sah ihn mit dankbaren Kinderaugen
an. »Ich weiß gar nicht, was ich ohne Sie anfangen sollte. Meinen Sie, man
könnte die Kerzen jetzt schon hineinstecken?«
    »Warum
denn nicht?« brummte Archie unfreundlich und stelzte auf die Kellertreppe zu.
    »Nein, die
Freundlichkeit in Person ist er nicht«, kicherte Melanie, als der bärtige Alte
die Treppe hinunterstapfte. »Ich hatte ihn schon immer dazu anstellen wollen,
die Laternen aufzuhängen ... aber du weißt ja, wie er ist. Was man ihm
aufträgt, tut er nie, und nun sind wir ihn eine Weile los. Die Schwarzen sind
so bange vor ihm, daß sie überhaupt nichts tun, solange er in Reichweite ist.«
    »Melanie,
in meinem Hause würde ich die alte Teufelsfratze nicht dulden«, sagte Scarlett
unwillig. Sie haßte Archie ebenso, wie er sie haßte; die beiden sprachen kaum
ein Wort miteinander. Nur in Melanies Haus ertrug er ihre Anwesenheit, aber
selbst hier starrte er sie argwöhnisch und voll kalter Verachtung an. »Er wird
dich noch in Ungelegenheiten bringen, das sage ich dir.«
    »Ach, er
ist ganz harmlos, wenn man ihm um den Bart geht und so tut, als könnte man ohne
ihn nicht fertig werden«, meinte Melanie. »Und er hängt so an Ashley und Beau,
daß ich mich immer ganz sicher fühle, wenn er in der Nähe ist.«
    »Du meinst
wohl: an dir, Melly«, sagte India, und ein leises Lächeln erwärmte ihre kalten
Züge, als ihre Blicke liebevoll auf ihrer Schwägerin ruhten. »Ich glaube, du
bist der erste Mensch, den der alte Grobian liebhat ... seit seiner Frau. Er
sehnt sich förmlich danach, daß jemand dich

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