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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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abschließen und für alle Ewigkeit
keinen Menschen mehr zu Gesicht bekommen! Vielleicht kam Rhett heute abend noch
nicht dahinter. Sie wollte ihm sagen, sie habe Kopfweh und keine Lust, auf die
Gesellschaft zu gehen. Bis zum Morgen fiel ihr dann sicher eine Entschuldigung
ein, etwas Stichhaltiges, was sie zu ihrer Verteidigung anführen könnte.
    »Jetzt
will ich nicht daran denken«, sagte sie verzweifelt und barg ihr Gesicht in die
Kissen. »Jetzt denke ich nicht mehr darüber nach, lieber später, wenn ich es
ertragen kann.« Sie hörte die Dienstboten mit Dunkelwerden zurückkommen. Es kam
ihr vor, als gingen sie merkwürdig leise bei den Vorbereitungen des Abendessens
zu Werke. Oder war es nur ihr schlechtes Gewissen? Mammy klopfte an die Tür,
aber Scarlett schickte sie fort und sagte, sie wolle nichts essen. Die Zeit
verging, und endlich hörte sie Rhett die Treppe heraufkommen. Sie hielt den
Atem an und nahm alle Kraft zusammen, um ihm entgegenzutreten, aber er ging in
sein Zimmer. Er wußte wohl nichts. Immer noch richtete er sich nach ihrer
eisigen Bitte, ihr Schlafzimmer nicht zu betreten. Wenn er sie jetzt sähe,
müßte ihr Gesicht sie verraten. Sie mußte sich so weit zusammennehmen, daß sie
ihm sagen konnte, sie fühle sich zu schlecht, um in die Gesellschaft zu gehen.
Nun, sie hatte Zeit genug, sich zu beruhigen. Hatte sie das wirklich? Seit dem
furchtbaren Augenblick am Nachmittag wußte sie von keiner Zeit mehr. Sie hörte
Rhett eine ganze Weile in seinem Zimmer hantieren und hin und wieder mit Pork
sprechen. Immer noch fand sie nicht den Mut, ihn zu rufen. Still lag sie im
Dunkeln auf ihrem Bett und schauderte.
    Nach einer
langen Zeit klopfte er an. Sie versuchte, ihren Ton zu beherrschen, und sagte:
»Herein!«
    »Werde ich
wirklich aufgefordert, das Allerheiligste zu betreten?« fragte er und öffnete
die Tür. Es war finster, sie konnte sein Gesicht nicht sehen. Auch seiner
Stimme war nichts anzuhören. Er trat ein und schloß die Tür hinter sich.
    »Können
wir gehen? Bist du fertig?«
    »Es tut mir
sehr leid, aber ich habe Kopfweh.« Sonderbar, wie natürlich das herauskam. Gott
sei Dank, daß es dunkel war. »Ich glaube nicht, daß ich mitgehe. Geh du allein,
Rhett, und sage Melly, wie leid es mir täte.«
    Es kam
eine lange Pause, dann sprach er in seinem weichsten Tonfall in die Finsternis
hinein.
    »Was bist
du doch für ein Feigling!«
    Er wußte
es! Schaudernd lag sie da und konnte nicht sprechen. Sie hörte ihn im Dunkeln
suchen, er zündete ein Streichholz an. Es wurde hell im Zimmer. Er kam ans Bett
und schaute auf sie hernieder. Er hatte seinen Frack schon an.
    »Steh
auf«, sagte er mit einer Stimme, die nichts verriet. »Wir gehen auf die
Gesellschaft. Du mußt dich beeilen.«
    »Rhett,
ich kann nicht. Siehst du nicht ...«
    »Ich sehe
schon. Steh auf.«
    »Rhett,
hat Archie sich unterstanden ... «
    »Archie
hat sich unterstanden. Ein tapferer Kerl ist Archie.«
    »Du
hättest ihn niederschießen sollen für seine Lüge ... «
    »Ich habe
nun einmal die merkwürdige Schwäche, Leute, die mir die Wahrheit sagen, nicht
niederzuschießen. Aber wir haben jetzt keine Zeit zum Reden, steh auf!«
    Sie setzte
sich und zog ihren Schlafrock fester um sich, ihre Augen forschten in seinem
Gesicht. Es war dunkel und unbewegt.
    »Ich gehe
nicht mit, Rhett, ich kann nicht, bis dieses ... Mißverständnis aufgeklärt
ist.«
    »Wenn du
dich heute abend nicht zeigst, so kannst du dich dein Lebtag in der Stadt nicht
mehr blicken lassen. Eine Dirne kann ich zur Not als meine Frau dulden, eine
feige Memme aber dulde ich nicht. Du kommst heute abend mit, und wenn dich
jedermann von Alex Stephens abwärts schneidet und Mrs. Wilkes uns auffordert,
das Haus zu verlassen.«
    »Rhett,
hör mich an.«
    »Ich will
nichts hören. Wir haben keine Zeit. Zieh dich an.«
    »Sie haben
es mißdeutet, India, Mrs. Elsing und Archie. Sie hassen mich alle. India haßt
mich so sehr, daß sie sich nicht scheute, ihren Bruder zu verleumden, wenn sie
mir damit schaden kann. Wenn du mich nur anhören wolltest!«
    Ach,
Mutter Gottes, dachte sie in ihrer Herzensangst, wenn er nun sagen würde:
»Sprich«, was soll ich dann sagen? Wie kann ich es ihm klarmachen?
    »Sie haben
es natürlich schon allen vorgelogen. Ich kann nicht hingehen.«
    »Du kommst
mit«, sagte er, »und wenn ich dich beim Genick hinschleifen und dir Schritt für
Schritt mit meinem Stiefel in deinen reizenden Hintern nachhelfen soll.«
    Seine
Augen

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