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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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glänzten eiskalt, als er sie aus dem Bett riß. Er nahm ihr Korsett und
warf es ihr zu.
    »Zieh an.
Ich will dich schnüren. O ja, ich verstehe mich aufs Schnüren. Nein, ich rufe
nicht Mammy, denn dann schließt du, feige wie du bist, die Tür ab und
verkriechst dich.«
    »Ich bin
nicht feige«, fuhr sie auf, und bei seiner Beschimpfung verging ihr die Angst.
»Ich habe ...«
    »Ach,
verschone mich mit deinem Märchen von dem erschossenen Yankee und Shermans
Armee, der du entgegengetreten bist. Du bist feige. Wenn nicht deinetwegen, so
mußt du heute abend doch um Bonnies willen gehen. Willst du ihre Aussichten
noch weiter verderben? Zieh dein Korsett an, schnell!«
    Eilig ließ
sie den Schlafrock fallen und stand im Hemd da. Wenn er nur sehen wollte, wie
hübsch sie im Hemd war, vielleicht machte er dann nicht mehr ein so
fürchterliches Gesicht. Er hatte sie ja seit Ewigkeiten nicht mehr im Hemd
gesehen. Aber er schaute nicht hin. Er stand vor ihrem Schrank, musterte rasch
ihre Kleider, suchte und nahm ihr neues jadegrünes Moirekleid heraus. Es war
vorn tief ausgeschnitten, und der Rock war hinten über eine große Turnüre
drapiert, auf der ein Strauß von roten Samtrosen steckte.
    »Zieh das
an«, sagte er, warf das Kleid aufs Bett und kam auf sie zu. »Kein sittsames
frauliches Taubengrün und Lila heute abend. Du sollst deine Flagge am Mast
festnageln, sonst streichst du sie mir noch. Und leg tüchtig Rouge auf. Die
Frau, die die Pharisäer beim Ehebruch ertappten, sah bestimmt nicht halb so
bleich aus wie du. Dreh dich um!«
    Er nahm
die Korsettschnüre in die Hand und zog so heftig daran, daß sie, beschämt und
gepeinigt von seinem unpassenden Ton, angstvoll aufschrie.
    »Tut weh,
was?« Er lachte kurz auf, sein Gesicht konnte sie nicht sehen. »Schade, daß
nicht der Hals drinsteckt.«
    In
Melanies Haus war jedes Zimmer hell erleuchtet, und schon von fern hörten sie
die Musik. Als sie vorfuhren, drang das freudig erregte Gesumme und Geschwätz
vieler vergnügter Leute ihnen entgegen. Das Haus war von Gästen überfüllt, die
Zimmer waren zu eng, man strömte auf die Veranda heraus, viele saßen auf den
Bänken in dem dämmerigen, von Laternen erhellten Garten.
    »Ich kann
nicht hinein, ich kann es nicht«, dachte Scarlett in ihrem Wagen und zerknüllte
ihr Taschentuch. »Ich kann nicht, ich will nicht, ich springe hinauf und laufe
weg, einerlei wohin, nach Hause, nach Tara. Warum hat Rhett mich gezwungen,
herzukommen! Was werden die Leute tun? Was tut Melanie? Wie sie wohl aussieht?
Ach, ich kann ihr nicht unter die Augen treten. Ich laufe davon.«
    Als läse
Rhett ihre Gedanken, faßte er ihren Arm so fest, daß ihr schien, er müsse braun
und blau davon werden. Es war der harte Griff eines rücksichtslosen, ganz
fremden Mannes. »Ich habe noch nie einen feigen Iren gesehen. Wo ist nun dein
vielgerühmter Mut?«
    »Rhett,
ich bitte dich, laß mich nach Hause gehen und dir alles erklären.«
    »Erklärungen
kannst du mir in alle Ewigkeit noch geben, aber als Märtyrerin im Amphitheater
erscheinen kannst du nur diesen einen Abend. Steig aus, mein Herz, ich will
zusehen, wie die Löwen dich fressen. Steig aus!«
    Wie sie
den Gartenweg hinaufkam, wußte sie nicht. Der Arm, an dem sie ging, war hart
und fest wie Granit und flößte ihr ein wenig Mut ein. Bei Gott, sie konnte
ihnen entgegentreten, und sie wollte es auch. Es war ja nur eine Schar
heulender, eifersüchtiger Katzen. Sie wollte schon mit ihnen fertig werden. Sie
kehrte sich nicht daran, was sie von ihr dachten. Nur Melanie ... nur Melanie!
    Jetzt
standen sie vor der Haustür; Rhett, den Hut in der Hand, verbeugte sich nach
rechts und links und redete leise und kühl. Die Musik brach ab, als sie
hereinkamen, die Menschenmenge brandete ihr verworren entgegen und ebbte wieder
zurück, stiller und immer stiller. Wollten sie sie alle schneiden? Heiliger
Strohsack, dann sollten sie es tun! Sie warf das Kinn auf und lächelte
herausfordernd, und in ihren Augenwinkeln erschienen die Fältchenkränze der
Heiterkeit.
    Ehe sie
sich den Nächststehenden zuwenden konnte, kam jemand durchs Gedränge auf sie
zu. Alles ringsum wurde sonderbar still, es griff ihr ans Herz. Dann kam durch
die schmale Gasse auf kleinen eiligen Füßen Melanie daher, um Scarlett schon an
der Tür zu begrüßen und anzureden, ehe jemand anders mit ihr sprechen konnte.
Sie warf die schmalen Schultern zurück, die dünnen Lippen fest geschlossen,
beachtete sie niemanden. Es war, als

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