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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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blickte in das Antlitz eines betrunkenen
fremden Mannes. An körperlichem Mut hatte es ihr nie gefehlt. Im Angesicht der
Gefahr strömte er ihr heiß in die Adern zurück. Ihr Rücken straffte sich, ihre
Augen wurden schmal.
    »Du
Säufer«, sagte sie, »Hände weg!«
    Zu ihrer
Überraschung nahm er sie wirklich weg, setzte sich auf die Tischkante und
schenkte sich noch einen Schnaps ein.
    »Ich habe
immer deinen Schneid bewundert, mein Kind«, sagte er, »am meisten aber jetzt,
wo du so in die Enge getrieben bist.«
    Sie zog
sich den Schlafrock fester um die Schultern. Ach, könnte sie nur in ihr
Schlafzimmer und die schwere Tür abschließen. Sie mußte ihn sich auf irgendeine
Weise vom Leibe halten, ihn anherrschen, bis er sich fügte - dieser Rhett, den
sie noch nie so gesehen hatte. Gelassen stand sie auf, obwohl ihr die Knie
bebten, raffte den Schlafrock fest um die Hüfte und schüttelte sich das Haar
aus dem Gesicht.
    »Das bin
ich keineswegs. Von dir, Rhett Butler, kann ich nicht in die Enge getrieben
werden«, sagte sie schneidend. »Du bist ja nur ein betrunkenes Vieh, du hast so
lange mit schlechten Frauenzimmern zusammengesteckt, daß du überhaupt nur noch
Schlechtigkeiten begreifst. Ashley und mich kannst du nicht begreifen. Du hast
allzulange im Schmutz gelebt, etwas anderes kennst du nicht. Du bist auf etwas
eifersüchtig, was du nicht verstehst. Gute Nacht!«
    Sie drehte
sich um und ging zur Tür. Da hielt sein tolles Gelächter sie zurück. Sie
schaute sich um und sah, wie er durch das Zimmer auf sie zugetaumelt kam. Wenn
er nur mit diesem entsetzlichen Lachen aufhören wollte! Was gab es denn bei
alledem zu lachen? Als er vor ihr stand, wich sie zur Tür hinaus und fand sich
gegen die Wand gedrängt. Schwer legte er ihr die Hände auf die Schultern.
    »Laß das
Lachen!«
    »Ich
lache, weil du mir leid tust.«
    »Du kannst
dir selber leid tun.«
    »Bei Gott,
ja, du tust mir leid, mein Kind, mein hübsches Dummköpfchen. Das tut weh, was?
Du erträgst ja weder Gelächter noch Mitleid.«
    Er hörte
auf zu lachen und lehnte sich so schwer auf ihre Schultern, daß es schmerzte.
Sein verändertes Gesicht kam ihr immer näher, bis der starke Whiskygeruch
seines Atems ihr Schwindel erregte.
    »Eifersüchtig
bin ich? Warum auch nicht! O ja, ich bin eifersüchtig auf Ashley Wilkes. Wie
sollte ich nicht? Du brauchst weiter nichts zu sagen und zu erklären. Ich weiß
wohl, daß du mir körperlich treu geblieben bist, das war es doch wohl, was du
mir sagen wolltest. Das habe ich die ganze Zeit gewußt, all die Jahre. Woher?
Oh, ich kenne Ashley Wilkes und seinesgleichen. Er ist ein Gentleman, und das,
mein Kind, ist mehr, als man von uns beiden behaupten kann. Wir beide sind
nicht vornehm, wir haben keine Ehre, deshalb blühen und gedeihen wir wie die
Magnolienbäume.«
    »Laß mich
los. Ich will nicht hier stehen und mich beschimpfen lassen.«
    »Ich
beschimpfe dich nicht. Ich preise deine körperliche Treue. Du hast mich nicht
getäuscht. Du hältst die Männer für so dumm. Aber es tut nie gut, die Stärke
des Gegners zu unterschätzen. Ich bin kein Tropf. Meinst du, ich wüßte nicht,
daß du in meinen Armen gelegen und dir dabei vorgestellt hast, ich wäre Ashley
Wilkes?«
    Ihr blieb
der Mund offenstehen. Angst und Erstaunen malten sich deutlich auf ihrem
Gesicht.
    »Schön ist
so etwas, ganz gespenstisch sogar, als lägen drei im Bett, in das nur zwei
gehören.« Er rüttelte sie an den Schultern, verbiß sich einen Schluckauf und
lächelte spöttisch.
    »O ja, du
bist mir treu geblieben, weil Ashley dich nicht wollte. Zum Teufel auch, deinen
Körper hätte ich ihm gegönnt. Am Körper liegt nicht viel, schon gar nicht an
einem Frauenkörper. Aber ich mißgönne ihm dein Herz und deine süße,
skrupellose, eigensinnige Seele. Er will deine Seele nicht, der Trottel. Ich
aber mache mir nichts aus deinem Körper. Frauen sind billig zu haben. Deine
Seele will ich und dein Herz. Und die werden mir nie gehören, ebensowenig wie
Ashleys Seele je dir gehören kann. Sieh, deshalb tust du mir leid.«
    In all
ihrer Angst und Verwirrung fühlte sie gut seinen Hohn.
    »Ich ...
dir leid?«
    »Ja, weil
du solch ein Kind bist, Scarlett. Ein Kind, das nach dem Mond verlangt. Was
aber soll ein Kind mit dem Mond anfangen, wenn es ihn bekommt? Was tätest du
wohl mit Ashley? Ja, du tust mir leid, weil du mit beiden Händen dein Glück
wegwirfst und nach etwas verlangst, was dich nimmermehr glücklich machen kann.
Du tust

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