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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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mir leid, weil du in deiner Dummheit nicht weißt, daß es Glück nur
gibt, wo Gleiches sich mit Gleichem paart. Wäre ich tot, wäre Miß Melly tot und
du hättest deinen ehrenwerten Geliebten - meinst du, du wärest glücklich mit
ihm? Teufel nein! Nie würdest du ihn begreifen, nie wissen, was in ihm vorgeht,
und ihn ebensowenig verstehen wie Musik und Dichtung und Bücher und überhaupt
alles, was nicht Dollar und Cent ist. Wir beide hingegen, teures Weib meines
Herzens, könnten vollkommen glücklich sein, wenn du uns nur ein klein bißchen
dazu hättest verhelfen wollen, denn wir sind einander merkwürdig gleich. Beide
sind wir Schurken und beide schrecken wir vor nichts zurück, wenn wir etwas
wollen. Wir hätten glücklich sein können, denn ich habe dich geliebt, Scarlett,
und kenne dich bis ins Mark, wie Ashley es niemals könnte, und wenn er es täte,
müßte er dich verachten. Aber nein, du mußt dein Leben lang hinter einem Manne
herschmachten, den du nicht verstehst. Ich aber, Geliebte, schmachte weiter den
Huren nach, und damit fahren wir wohl immer noch besser als manch anderes
Paar.«
    Plötzlich
gab er sie frei und taumelte zur Karaffe zurück. Einen Augenblick konnte sich
Scarlett nicht rühren. Die Gedanken rasten ihr durch den Kopf. Keiner von ihnen
ließ sich fassen und untersuchen. Rhett hatte gesagt, er liebte sie. War das
sein Ernst? Oder war er nur betrunken? War es vielleicht einer seiner
entsetzlichen Spaße? Und Ashley ... nach dem Mond ... griff sie denn nach dem
Mond? Blitzschnell war sie im dunklen Flur, als wären böse Geister hinter ihr
her. Wenn sie doch nur bis in ihr Zimmer gelangte! Ihr Fuß knickte um, der
Pantoffel rutschte ab, sie blieb stehen und schleuderte ihn wütend von sich. Da
stand Rhett im Dunkeln neben ihr. Leichtfüßig wie ein Indianer war er ihr
nachgelaufen. Sein Atem schlug ihr heiß ins Gesicht, roh faßten seine Hände ihr
unter den Schlafrock und packten sie auf der bloßen Haut.
    »Mich hast
du auf die Straße gewiesen und bist ihm nachgelaufen. Bei Gott, heute nacht
sollen nur zwei in meinem Bett liegen!«
    Im Schwung
hob er sie hoch, nahm sie auf den Arm und stürzte die Treppe hinauf. Ihr Kopf
lag hart an seine Brust gepreßt, und sein Herz hämmerte an ihrem Ohr. Er tat
ihr weh, dumpf schrie sie auf vor Angst. Hinauf ging es in der schwarzen
Dunkelheit. Sie war vor Angst von Sinnen. Ein wahnsinniger fremder Mann hatte
sie gepackt, in unbekannter schwarzer Finsternis, die schwärzer war als der
Tod. Der Tod selbst trug sie davon. Halb erstickt an seiner Brust tat sie einen
gellenden Schrei. Da blieb er auf dem Treppenabsatz stehen, drehte sie in
seinen Armen um, beugte sich zu ihr hinab und begann sie wild und zügellos zu
küssen, und alles andere versank in ihrem Gemüt bis auf die Finsternis, in die
sie nun selbst versank, bis auf seine Lippen und ihre. Er wankte, als stünde er
im Sturm. Seine Lippen wanderten von den ihren abwärts bis dahin, wo der
Schlafrock herabgeglitten war, und trafen auf ihr bloßes Fleisch. Er stammelte
Unverständliches, seine Küsse weckten in ihr nie gefühlte Empfindungen. Sie war
ein Stück Finsternis gleich ihm, und nichts war in diesem Augenblick mehr als
nur seine Lippen und die ihren. Sie versuchte zu sprechen, aber seine Lippen
verschlossen ihren Mund. Plötzlich durchzuckte es sie wild, wie es sie noch nie
durchzuckt hatte - Freude, Angst, Wahnsinn, Erregung, Hingabe an diese allzu
starken Arme, diese allzu wilden Lippen und an das allzu rasende Schicksal. Zum
erstenmal in ihrem Leben war sie einem begegnet, der stärker war als sie, den
sie weder beherrschen noch unter ihren Willen zwingen konnte, einem, der sie
beherrschte und unter seinen Willen zwang. Ihre Arme schlangen sich um seinen
Hals, sie wußte nicht wie, ihre Lippen bebten unter den seinen, und wieder ging
es hinauf und hinauf in die Finsternis, in die weiche, wirbelnde, alles
umhüllende Finsternis.
    Als sie am
andern Morgen erwachte, war Rhett fort. Wäre nicht das zerwühlte Kissen neben
ihr gewesen, sie hätte die Ereignisse der Nacht für einen wilden, wahnwitzigen
Traum gehalten. Als sie daran zurückdachte, wurde sie glühendrot und zog sich
die Decke bis zum Halse hinauf. Da lag sie, im Sonnenlicht gebadet, und
versuchte, die wirren Eindrücke in ihrem Kopf zu ordnen.
    Im
Vordergrund stand zweierlei. Sie hatte jahrelang mit Rhett gelebt, Tisch und
Bett mit ihm geteilt, sich mit ihm gezankt und sein Kind unter dem Herzen
getragen - und doch

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