Margaret Mitchell
daß sie mir wundgeritten und nicht ordentlich gepflegt würden. Meinen
Sie, ich lasse ahnungslose Dummköpfe meine im Maul so weichen Lieblinge reiten,
ihre Mäuler zersägen und sie schlagen, bis das ganze Temperament zum Teufel
ist? Bei dem bloßen Gedanken kommt mir schon jetzt eine Gänsehaut. Nein, Mr.
O'Hara, es ist furchtbar nett von Ihnen, daß Sie meine Pferde haben wollen,
aber Sie tun besser daran, in Atlanta ein paar alte Schimmel für Ihre
Buschklepper zu kaufen. Die merken den Unterschied gar nicht.«
»Ma,
bitte, laß uns weiterfahren!« stimmte jetzt auch Camilla in den ungeduldigen
Chor ein. »Du weißt ganz genau, am Schlusse gibst du ihnen deine Lieblinge doch,
wenn Pa und die Jungens erst einmal richtig anfangen, davon zu reden, daß die
Konföderierten sie wirklich brauchen und so weiter, dann wirst du weinen und
sie hergeben!«
Mrs.
Tarleton schüttelte lächelnd die Zügel.
»Fällt mir
gar nicht ein«, sagte sie und streifte die Pferde leicht mit der Peitsche. Der
Wagen rollte geschwind von dannen.
»Eine
großartige Frau.« Gerald setzte den Hut wieder auf und ritt zum eigenen Wagen
zurück. »Fahr zu, Toby. Wir wollen sie schon mürbe machen und die Pferde doch
noch von ihr bekommen. Natürlich hat sie recht. Recht hat sie. Wer kein
Gentleman ist, soll die Finger von den Pferden lassen. Für ihn ist die
Infanterie der rechte Ort. Um so bedauerlicher ist es, daß es hier nicht genug
Pflanzersöhne gibt, um die Truppe vollzählig zu machen. Was sagtest du eben,
Puß?«
»Pa,
bitte, reite voran oder hinterher. Du wirbelst so viel Staub auf, daß wir
ersticken.« Scarlett hatte das Gefühl, daß sie eine längere Unterhaltung nun
nicht mehr aushalten könnte. Das Sprechen lenkte sie von ihren Gedanken ab, und
sie wünschte sehr, Gedanken und Gesicht ganz in der Gewalt zu haben, ehe sie
nach Twelve Oaks kam. Gerald gab gehorsam seinem Pferde die Sporen und ritt in
einer roten Wolke auf und davon, hinter dem Tarletonschen Wagen her, wo er seine
Pferdegespräche fortsetzen konnte.
Sie fuhren
über den Fluß und den Berg hinauf. Noch ehe Twelve Oaks in Sicht kam, sah
Scarlett in den hohen Baumkronen träge eine Rauchwolke hängen und roch das
würzige Duftgemisch von brennenden Holzscheiten und gebratenem Schwein und
Hammel.
Die
Feuerstellen für den Gartenschmaus, auf denen seit dem Abend vorher ein
langsames Feuer glomm, glichen langen Trögen voll rosenroter Glut. Darüber
wurde das Fleisch am Spieß gedreht, und der Saft tröpfelte zischend auf die glühenden
Kohlen. Scarlett wußte, der Duft, den die schwache Brise ihnen entgegenwehte,
kam von dem Hain alter Eichen hinter dem großen Haus. Dort auf dem sandigen
Abhang, der in den Rosengarten führte, hielt John Wilkes immer sein Gartenessen
ab. Es war ein angenehm schattiger Platz, viel schöner als der, den Calverts
benutzten. Mrs. Calvert aß diese am Spieß gebratenen Speisen nicht gern und
behauptete, der Geruch bliebe tagelang im Hause. Deshalb mußten ihre Gäste
immer auf einem flachen, unbeschatteten Platz, eine Viertelmeile vom Hause
entfernt, in der Sonne schmoren. John Wilkes aber, im ganzen Staat für seine
Gastfreiheit berühmt, verstand ein Gartenfest richtig zu feiern.
Die langen
Picknicktische, mit dem feinsten Leinen aus den Wilkesschen Truhen bedeckt,
wurden immer im tiefsten Schatten aufgeschlagen, Bänke ohne Lehnen wurden zu
beiden Seiten aufgestellt, und für Leute, die nicht gern darauf saßen, gab es
auf der Waldwiese Stühle, Hocker und Kissen genug, die aus dem Hause dort
hingebracht wurden. Die länglichen Feuerstellen, wo das Fleisch briet und die
riesigen eisernen Waschkessel dampften, denen die leckeren Düfte der üblichen
Sauce und des vielfältig zusammengekochten Brunswick-Stews entstiegen, waren so
weit von den Gästen entfernt, daß der Rauch sie nicht behelligte. Mindestens
ein Dutzend Schwarze liefen geschäftig hin und her und reichten die Speisen auf
Tabletts herum. Hinter den Scheunen gab es immer eine gleiche Feuerstelle, an
der die Dienstboten des Hauses, die Kutscher und Jungfern der Gäste Maiskuchen,
Bataten und Schwarzsauer aßen, das Gericht, das dem Negerherzen so teuer ist,
und dazu gab es Wassermelonen, soviel sie begehrten.
Als
Scarlett den Duft des knusperigen Schweinebratens spürte, zog sie die Nase
begehrlich kraus und hoffte, bis er gar wäre, wieder etwas Appetit zu haben. Im
Augenblick war sie noch satt und zudem so fest geschnürt, daß sie immerfort
Angst hatte, aufstoßen
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