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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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kleines Ding, aber ich
kann mich weder auf ihren Namen noch auf ihr Gesicht besinnen. Unsere Köchin
ist die Frau des Wilkesschen Dieners. Er kam gestern abend und erzählte ihr,
daß die Verlobung heute abend verkündet werden soll, und Cooky hat es uns heute
morgen berichtet. Die Mädchen sind ganz aufgeregt darüber, ich sehe nicht recht
ein, warum. Seit Jahren weiß jeder Mensch, daß Ashley sie heiraten will, das
heißt, wenn er nicht eine seiner Cousinen aus Macon zur Frau nehmen würde.
Genau wie Honey Wilkes ihren Vetter Charles, Melanies Bruder, einmal heiraten
wird. Nun sagen Sie mir, Mr. O'Hara, ist es etwa ungesetzlich für Wilkes,
außerhalb ihrer eigenen Familie zu heiraten? Wenn nämlich ...«
    Den Rest
der lachend gesprochenen Worte hörte Scarlett nicht. Für einen kurzen
Augenblick war es, als habe sich die Sonne hinter eine kühle Wolke geduckt und
überließe die Welt einem Dunkel, das alle Dinge ihrer Farbe beraubte. Das
frischgrüne Laub sah kränklich aus, der Liguster wurde fahl, der blühende
Apfelbaum, der eben noch in so herrlichem Rosa gestrahlt hatte, wurde bleich
und trüb. Scarlett grub die Finger in die Wagenpolster, und einen Augenblick
schwankte ihr Sonnenschirm. Zu wissen, daß Ashley verlobt war, bedeutete etwas
ganz anderes, als die Leute so leichthin darüber sprechen zu hören. Dann aber
strömte der Mut ihr machtvoll zurück, die Sonne kam wieder zum Vorschein und
übergoß die Landschaft mit neuem Glanz. Sie wußte, daß Ashley sie liebte. Das
war gewiß. Und sie lächelte bei dem Gedanken, wie überrascht Mrs. Tarleton sein
würde, wenn heute abend von keiner Verlobung die Rede war - wenn es statt
dessen zu einer Entführung kam. Dann würde sie gewiß überall erzählen, was für
ein gerissener Schlingel Scarlett sei, einfach dabeizusitzen und zuzuhören,
wenn über Melanie gesprochen wurde, wo doch die ganze Zeit schon sie und Ashley
... ihr kamen die Grübchen bei ihren eigenen Vorstellungen, und Hetty, die die
Wirkung der mütterlichen Worte scharf beobachtet hatte, lehnte sich mit
leichtem, ratlosem Stirnrunzeln zurück.
    »Was Sie
auch sagen mögen, Mr. O'Hara«, unterstrich Mrs. Tarleton. »Die Heiraterei von
Vetter und Cousine ist ganz verkehrt. Schlimm genug, daß Ashley die kleine
Hamilton heiratet; daß aber Honey den blassen Charlie Hamilton nehmen will ...
«
    »Honey
bekommt nie einen anderen, wenn sie nicht Charlie heiratet«, erklärte Randa
grausam im Vollgefühl ihrer eigenen Beliebtheit. »Außer ihm hat sie nie einen
Verehrer gehabt. Und er hat auch nie sehr verliebt getan, obwohl sie verlobt
sind. Scarlett, weißt du noch, wie er vorige Weihnachten hinter dir her war?«
    »Nicht
boshaft werden, Miß«, sagte die Mutter. »Vettern und Cousinen sollten einander
nicht heiraten, nicht einmal Vettern und Cousinen zweiten Grades. Das schwächt
den Schlag. Das ist nicht wie bei Pferden. Man kann eine Stute mit ihrem Bruder
und einen Hengst mit seiner Tochter paaren und gute Ergebnisse erzielen, wenn
man die Rasse kennt; aber bei Menschen geht das nun mal nicht. Edle Rasse
bekommt man vielleicht, aber ohne Saft und Kraft.«
    »Gnädige Frau,
ich nehme Sie beim Wort! Gibt es bessere Leute als Wilkes? Und sie haben immer
untereinander geheiratet, seitdem Brian Boni ein Junge war.«
    »Und es
wird höchste Zeit, daß sie damit aufhören, es fängt an, sich bemerkbar zu
machen. O nein, nicht so sehr Ashley, der ist ein gut aussehender junger
Teufel, obwohl auch er ... Aber sehen Sie sich diese beiden verwaschenen
Wilkesschen Mädchen an, die armen Dinger! Nette Mädchen natürlich, aber
farblos. Und sehen Sie sich doch die kleine Miß Melanie an. Dünn wie eine
Latte, zum Umwehen zart und ohne alles Temperament. Keinen eigenen Einfall im
Kopf. >Nein, gnädige Frau, ja, gnädige Frau!< Mehr weiß sie nicht zu
sagen. Verstehen Sie, was ich meine? Die Familie braucht neues Blut, gutes,
kräftiges Blut, wie meine Rotschöpfe oder wie Ihre Scarlett. Aber mißverstehen
Sie mich nicht, Wilkes sind auf ihre Art sehr feine Leute, Sie wissen, wie gern
ich sie alle habe, aber, seien Sie aufrichtig, durch Inzucht überzüchtet,
stimmt es oder stimmt es nicht? Höchst brauchbar auf trockenem, auf leichtem
Geläuf, aber passen Sie auf, was ich sage, ich glaube nicht, daß Wilkes auf
schwerem Boden laufen können. Aller Saft und alle Kraft ist aus ihnen
herausgezüchtet, glaube ich, und im Notfall sind sie dem Unerwarteten nicht gewachsen.
Ein Schlag nur für gutes Wetter! Durch

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