Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MargeritenEngel (German Edition)

MargeritenEngel (German Edition)

Titel: MargeritenEngel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karo Stein
Vom Netzwerk:
Laufe der Nacht nach Hause kommen. Vermutlich angetrunken, vermutlich mit einem fremden Geruch an sich. Er wird sich ins Bett legen und meine begründeten Zweifel als Eifersucht abtun und mir sagen, dass ich ein Vertrauensproblem habe. Natürlich habe ich das. Wie sollte ich ihm bei all diesen deutlichen Zeichen auch vertrauen?
    Schmerzhaft zieht sich mein Magen zusammen, dann grollt er laut hörbar. Vielleicht sollte ich mir eine Tafel Schokolade von Kevins riesigem Vorrat gönnen. Vielleicht sind auch noch Kekse da oder Chips. Ein kleines Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit. Chips werden auf ewig mit Rik verbunden bleiben.
    Das Grummeln wird lauter, der Schmerz heftiger. Ich sollte besser nicht an Essen denken, wenn ich nicht aufstehen will. Vor mir steht die Tasse Tee. Ich trinke einen kleinen Schluck.
    Der Tee ist kalt und somit noch ekelhafter. Kevin weiß genau, dass ich Kamillentee nicht mag. Ich habe vorhin nur nichts gesagt, weil ich ihn nicht bloßstellen wollte. Es war schon peinlich genug, wie Rik ihn dazu genötigt hat, mir einen zu kochen.
    Die Angst um Frau Schumann lähmt mich zusätzlich. Wenn es ihr schlechter geht, wenn sie nicht wieder zurückkommt… Ich hasse das ohnmächtige Gefühl, nichts tun zu können.
    Allmählich verwandelt sich die Angst in Wut. Wut auf Kevin, weil er mich allein lässt, weil er nicht erkennt, wie allein ich mich fühle. Meine Sorgen interessieren ihn nicht. Er nimmt mich nicht ernst. Vielleicht musste er sich noch nie Gedanken um einen anderen Menschen machen. Vielleicht hat er noch nie den furchtbaren Verlust gespürt, wenn jemand, der einem sehr viel bedeutet, für immer geht. Allein daran zu denken, schnürt mir den Brustkorb zu. Ich will das nicht noch einmal durchmachen müssen. Auch wenn ich weiß, dass es albern und kindisch ist, weil der Lauf der Zeit nicht zu stoppen ist.
    Eigentlich will ich es in erster Linie nicht allein durchstehen müssen. Ich möchte einen Mann an meiner Seite haben. Jemand, der mich auffängt, der für mich da ist und der mich liebt.
    Aber ich sitze ohne diesen Mann auf dem Sofa.
    Vielleicht erzählt Kevin irgendwelchen Leuten von mir, vielleicht machen sie sich über mich lustig. Der kleine dumme Bengt, der sich dauernd Sorgen macht, der keine Ahnung davon hat, was es heißt, das Leben zu genießen oder Spaß zu haben. Der allein zu Hause sitzt, voller Angst, voller Zweifel.
    Wie wäre es, wenn es Kevin schlecht gehen würde? Ich würde alles für ihn tun. Ich würde mich aufreiben, damit es ihm besser geht, würde ihn halten, trösten, streicheln…
    Für Kevin ist das Leben ein Spiel. Er macht sich keine Gedanken. Bisher ist er auch gut über die Runden gekommen. Wenn ihm etwas in die Quere kommt, dann sucht er sich einen bequemen Weg. Einen Weg drumherum, ohne Rücksicht auf andere Menschen.
    Ist er wirklich so egoistisch oder bin ich gerade viel zu wütend, um das einschätzen zu können? Was sagt das über mich aus? Wer oder was bin ich und vor allem, wo stehe ich?
    Seufzend höre ich auf, den Fernseher anzustarren. Stattdessen vergrabe ich mein Gesicht in den Händen. Ich fühle mich schrecklich leer und müde. Solange Kevin nicht da ist, werde ich wohl nicht zur Ruhe kommen. Unwillkürlich wandert mein Blick zur Uhr. Es wird noch eine Ewigkeit dauern, bis Kevin nach Hause kommt.
    Letztendlich strecke ich meine Hand nach der Fernbedienung aus. Im gleichen Moment klingelt es. Erschrocken halte ich inne, da ich nicht sicher bin, ob das Geräusch vielleicht aus dem Fernseher kommt. Es klingelt erneut.
    »Kevin«, flüstere ich und spüre, wie mein Herz vor Freude einen Hüpfer macht.
    Wahrscheinlich hat er seinen Schlüssel vergessen. Das passiert ihm schon mal, wenn er so eilig die Wohnung verlässt.
    Stürmisch erhebe ich mich vom Sofa, ebenso stürmisch drückt er auf den Klingelknopf. Ich taumele aus dem Wohnzimmer und pralle unsanft im Flur gegen die Wand. Für einen Moment werfe ich einen Blick in den gegenüberhängenden Spiegel.
    Mein Spiegelbild wirkt verschwommen. Mir ist schwindelig. Ich schließe die Augen, atme tief durch. Anscheinend ist mein Kreislauf nicht besonders begeistert von dieser ruckartigen Bewegung. Auch mein Magen meldet sich wieder zu Wort. Ich weiß nicht, was lauter ist, das Klingeln oder das Grummeln in mir.
    Ohne mich mit der Gegensprechanlage aufzuhalten, drücke ich auf den Summer. Ich kenne niemanden, der um diese Zeit bei uns vor der Tür stehen würde. Wir bekommen ohnehin so gut wie nie

Weitere Kostenlose Bücher