MargeritenEngel (German Edition)
die Nerven gehen. Nur… vielleicht hast du Mr. Right ja bereits direkt vor deiner Nase und… hast es bisher noch nicht erkannt.« Sie sieht mich entschuldigend an.
Ich spüre, wie mein Gesicht anfängt zu glühen. »Was meinst du?«
»Oh, Bengt… das sieht doch jeder. Rik ist total verschossen in dich. Ich habe keine Ahnung, was da zwischen dir und deinem Typen passiert ist, aber Rik –«
»Es ist kompliziert«, unterbreche ich sie.
»Das ist es immer.«
Wir schweigen und trinken unseren Kaffee. Ich spüre die Blicke des Kellners. Es ist mir unangenehm. Die Situation ist überhaupt bedrückend. Ich sollte meine Kaffee austrinken und mich verabschieden.
»Hey, tut mir leid. Ich bin wohl wirklich ein wenig über das Ziel hinausgeschossen.«
»Ich kann einfach nicht mehr klar denken«, murmle ich vor mich hin.
Sabine legt ihre Hand auf meine. »Manchmal ist einfach alles scheiße«, brummt sie und verzieht das Gesicht.
»Genau!«, erwidere ich prustend. »Das Leben ist eine einzige Kloake.«
Aus dem Prusten wird ein Lachen, in das auch Sabine einstimmt. Wir können gar nicht mehr aufhören. Sabine muss sich sogar Lachtränen aus dem Gesicht wischen. Erst das Räuspern der Leute um uns herum bringt uns dazu, nur noch verhalten zu kichern. Manchmal ist es wirklich erstaunlich, dass man sich mit wildfremden Menschen so gut verstehen kann.
»Kommst du das nächste Mal wieder zum Training?«, fragt sie nach einer Weile.
»Weiß nicht.«
»Du machst das wirklich gut. Wenn ich daran denke, wie lange ich gebraucht habe, um die Schritte einigermaßen hinzukriegen. Da kann ich nur sagen, du bist echt ein Naturtalent. Außerdem schien es dir Spaß zu machen. Warum willst du es dann aufgeben?«
Auch darauf habe ich keine Antwort. Jedenfalls keine, die nicht nach einer Ausrede und Feigheit klingt.
»Ich denk drüber nach.«
»Das ist die richtige Einstellung.«
***
Ich drücke auf den Klingelknopf. So kurz, dass ich nicht sicher bin, ob er es überhaupt hören kann. Dann lehne ich mich gegen die Tür und schließe die Augen. Mein Herz rast, mir ist schwindelig. Ich bin den ganzen Weg gelaufen. Jetzt stehe ich hier vor seiner Haustür. Vollkommen außer Atem. Einen Topf mit der für mich schönsten Margerite in der Hand. Jetzt komme ich mir ein wenig lächerlich vor, aber ich musste sie einfach mitnehmen.
Ich habe nicht schlafen können. Das hat nicht nur an der unbequemen Couch gelegen, sondern vor allem daran, dass ich dieses Gespräch mit Sabine nicht mehr aus dem Kopf bekomme.
Meine Gedanken haben abwechselnd um Kevin und Rik gekreist und mich noch zusätzlich aufgewühlt.
Ab und zu bin ich in einen unruhigen Schlaf gedriftet. Kevin hat vor mir gestanden, hat gesagt, dass es ihm leid tut und mich geküsst. Aber der Kuss hat sich nicht gut angefühlt. Ich wollte ihn nicht küssen. Stattdessen habe ich nach Riks Lippen gesucht und bin vollkommen verwirrt aufgewacht.
Danach ist gar nicht mehr an Schlaf zu denken gewesen. Ich bin aufgestanden und habe mich angezogen. Neben der Tür hat noch der Karton mit den Margeriten gestanden. Und nun bin ich hier. Unschlüssig und vor allem unsicher.
Ich drücke noch einmal auf die Klingel. Diesmal lasse ich meinen Finger länger auf dem Knopf und bilde mir ein, das Geräusch bis nach unten zu hören.
Es ist schon weit nach Mitternacht. Wahrscheinlich schläft Rik und macht deshalb nicht auf. Wieder lehne ich mich gegen die Tür. Mein Atem hat sich längst beruhigt, nur mein Herz rast noch. Ich bin unendlich aufgeregt und dass er die Tür nicht öffnet, macht es nicht besser.
Ich möchte gern bei ihm sein. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, auch wenn es meine eigene Schuld ist. Ich hätte schon viel eher zu Rik gehen sollen. Hat er inzwischen aufgegeben?
Erneut drehe ich mich in Richtung der Reihe weißer Knöpfe mit den fein säuberlich gedruckten Namen. Ich fahre mit dem Finger über seinen Nachnamen. Grinsend erinnere ich mich daran, dass er ihn ändern wollte. Niemand… Hendrik Niemand… Denn ich will dich.
Ich habe Angst, dass er anstatt seines Nachnamens seine Meinung geändert hat. Entschlossen drücke ich auf den Knopf und zähle bis zehn. Kurz löse ich meinen Finger, dann drücke ich noch einmal.
Mach auf!
Nervös drehe ich die Margerite in meinen Händen. Das Plastik knackt ein wenig.
»Was soll der Scheiß?!«, dröhnt es aus dem Lautsprecher. Erschrocken weiche ich ein Stück zurück.
»Ich bin's«, krächze ich.
Stille. Nervös starre
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