Margos Spuren
Licht der Sterne ertränkte. Vielleicht würde ich ihren Atem an meinem Hals spüren, und vielleicht konnten wir bis zum Morgen so liegen bleiben, und dann würden die Besucher an uns vorbeigehen, und sie würden uns sehen und denken, dass wir auch Touristen wären, und wir würden uns einfach unter die Leute mischen.
Aber nein. In der Schule gab es einen einbrauigen Chuck zu besichtigen und Ben, dem ich alles erzählen musste, und dann war da der Unterricht und der Musikraum und die Duke University und die Zukunft.
»Q«, sagte Margo.
Ich sah sie an, und einen Moment wusste ich nicht, warum sie meinen Namen gesagt hatte, doch dann war ich wieder wach. Und da hörte ich es. Jemand hatte die Fahrstuhlmusik aus den Lautsprechern lauter gedreht, nur dass jetzt keine dudelige Fahrstuhlmusik mehr spielte – es spielte richtige Musik. Ein altes Jazz-Lied, auf das mein Vater stand, »Stars Fell on Alabama«. Und selbst durch die scheppernden Lautsprecher hörte man, dass der Sänger tausend Noten auf einmal singen konnte.
In diesem Moment spürte ich eine ungebrochene Verbindung zwischen ihr und mir, die sich von der Krippe über den Toten aus dem Park über die Schule bis zum Jetzt zog. Und ich wollte ihr sagen, dass das Glück für mich nicht in der Planung oder in der Ausführung oder im Aufbruch bestand; für mich war das Glück zuzusehen, wie sich unseren Saiten berührten und trennten und wieder zusammenliefen … Aber irgendwie hätte es sich kitschig angehört, und außerdem war sie aufgestanden.
Margos blaue, blaue Augen blinzelten, und sie sah unglaublich schön aus in diesem Moment, die nassen Jeans an ihren Beinen, das schimmernde Gesicht im grauen Licht.
Ich stand auf und streckte die Hand aus und sagte : »Darf ich um diesen Tanz bitten?« Margo machte einen Knicks, reichte mir die Hand und sagte : »Sie dürfen«, und dann lag meine Hand an der Stelle, wo ihre Taille in die Hüfte überging, und ihre Hand lag auf meiner Schulter. Und dann Schritt-Schritt-Ausfallschritt, Schritt-Schritt-Ausfallschritt. Wir tanzten den Foxtrott bis hinüber zum Seehundbecken, und das Lied von den fallenden Sternen lief immer weiter. »Sechste Klasse, Engtanz«, sagte Margo an, und wir wechselten die Position, ihre Hände auf meinen Schultern und meine auf ihren Hüften, die Ellbogen steif, zwei Fuß zwischen uns. Und dann tanzten wir noch ein bisschen Foxtrott, bis das Lied zu Ende war. Ich machte einen Schritt vor und neigte Margo über meinen Arm nach hinten, so wie wir es in der Crown School gelernt hatten. Sie hob ein Bein und ließ ihr ganzes Gewicht in meinen Arm sinken. Entweder sie vertraute mir, oder sie wollte fallen.
9
Bei Seven-Eleven kauften wir Geschirrtücher, um uns, so gut es ging, den stinkenden Schlamm von den Kleidern und Leibern zu wischen, und ich tankte, bis die Tankanzeige genauso viel anzeigte wie vor unserer Orlando-Umkreisung. Die Autositze würden noch feucht sein, wenn meine Mutter zur Arbeit fuhr, aber ich hoffte, sie merkte es nicht, weil sie normalerweise nie was merkte. Meine Eltern hielten mich für den angepasstesten und am wenigsten zum Einbruch in SeaWorld neigenden Jungen der Welt, denn mein psychologisches Wohlergehen war das Zeugnis ihrer beruflichen Tauglichkeit.
Auf dem Heimweg ließ ich mir Zeit, mied den Highway und nahm stattdessen die Nebenstraßen. Margo und ich hörten Radio und versuchten den Sender zu finden, der »Stars Fell on Alabama« gespielt hatte, doch irgendwann stellte sie das Radio ab und sagte : »Alles in allem finde ich, es war ein Erfolg.«
»Absolut«, sagte ich, auch wenn ich inzwischen anfing an morgen zu denken. Würde sie vor der Schule beim Musikraum vorbeikommen und mit mir reden? Mit Ben und mir zu Mittag essen? »Ich frage mich, ob es morgen anders wird«, sagte ich.
»Ja«, sagte sie, »das frage ich mich auch.« Sie ließ den Satz in der Luft hängen, und dann sagte sie : »Wo wir gerade davon sprechen, als Dankeschön für deine Aufopferung und harte Arbeit an diesem denkwürdigen Abend möchte ich dir ein kleines Geschenk überreichen.« Sie kramte einen Moment im Fußraum herum, dann hielt sie die Digitalkamera hoch. »Nimm sie«, sagte sie, »und nutze die Macht des Zauberstäbchens weise.«
Ich lachte und steckte die Kamera ein. »Ich lade das Foto runter, wenn ich zu Hause bin, und gebe dir die Kamera morgen in der Schule zurück, okay?« Ich wollte immer noch, dass sie sagte : Ja, in der Schule, wo alles anders wird, wo ich
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