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Margos Spuren

Margos Spuren

Titel: Margos Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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vielleicht auch einfach losgefahren. Sie war fort, und sie kam nicht zurück, weder zur Abschlussfeier noch zu sonst irgendwas. Das wusste ich jetzt.
    Ich breche auf, und der Aufbruch ist so berauschend, dass ich weiß, ich kann nie mehr umkehren. Aber was kommt dann? Muss ich von jetzt an immer wieder aufbrechen, von jedem Ort, den ich erreiche? Wandere ich auf einer ewigen Reise?
    Einen halben Kilometer vor Jefferson Park rauschte der RHAPAW an mir vorbei. Ben machte eine Vollbremsung mit quietschenden Reifen mitten auf der Lakemont Street, und ich lief zum Wagen und stieg ein. Radar und Ben wollten mit zu mir kommen und Resurrection spielen, aber ich musste Nein sagen, denn ich war ihr näher als je zuvor.
20
    Die ganze Nacht und den ganzen Donnerstag versuchte ich mein neues Verständnis von ihr zu nutzen, um aus den Hinweisen, die ich hatte, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Gab es eine Verbindung zwischen der Landkarte und den Reiseführern oder zwischen der Landkarte und Whitman, die mir half, ihre Reisepläne zu durchschauen? Doch ich kam immer mehr zu der Überzeugung, dass sie wahrscheinlich zu berauscht von der Euphorie des Aufbruchs gewesen war, um verständliche Wegweiser aufzustellen. Und wenn das stimmte, war die Landkarte, die kaum für uns bestimmt sein konnte, der beste Hinweis. Allerdings lieferte auch sie keinen konkreten Ort. Selbst der Punkt in den Catskill Mountains – der einzige, der nicht in oder bei einer Großstadt lag – war viel zu groß und bevölkert, um dort eine einzelne Person zu finden. In »Lied auf mich selbst« gab es Bezüge zu Orten in New York City, aber es war unmöglich, sie alle abzuklappern. Wie spürt man einen Punkt auf einer Landkarte auf, wenn der Punkt von Großstadt zu Großstadt tingelt?
     
    Am Freitagmorgen war ich schon wach und blätterte in den Reiseführern, als meine Eltern zu mir ins Zimmer kamen. Es geschah nicht häufig, dass sie gemeinsam bei mir auftauchten, und mir war nicht ganz wohl dabei – vielleicht hatten sie schlechte Nachrichten von Margo –, bis mir einfiel, dass heute der Tag der feierlichen Zeugnisverleihung war.
    »Bist du bereit, Kumpel?«
    »Ja. Ich meine, es ist nicht so eine große Sache, aber es wird sicher lustig.«
    »Du machst nur einmal im Leben deinen Highschool-Abschluss«, sagte meine Mutter.
    Sie setzten sich auf mein Bett. Ich sah, wie sie Blicke tauschten und kicherten. »Was ist?«, fragte ich.
    »Wir wollten dir ein Geschenk zum Schulabschluss überreichen«, sagte meine Mutter. »Wir sind sehr stolz auf dich, Quentin. Du bist das Beste, das wir im Leben zustande gebracht haben, und heute ist ein großer Tag für dich, und wir … Du bist der tollste junge Mann der Welt.«
    Ich lächelte und schlug die Augen nieder. Und dann holte mein Vater ein sehr kleines, in blaues Geschenkpapier eingepacktes Geschenk heraus.
    »Nein«, sagte ich und riss es ihm aus der Hand.
    »Mach es auf.«
    »Das ist nicht euer Ernst«, sagte ich und starrte ungläubig die Schachtel an. Sie war so groß wie ein Autoschlüssel. Sie war so schwer wie ein Autoschlüssel. Wenn ich sie schüttelte, hörte sie sich an wie ein Autoschlüssel.
    »Mach es auf, Schatz«, sagte meine Mutter.
    Ich riss das Geschenkpapier auf. EIN AUTOSCHLÜSSEL! Ich sah ihn mir näher an. Ein Ford-Schlüssel! Keins der Autos meiner Eltern war ein Ford. »Ihr habt mir ein Auto gekauft?«
    »Ja«, sagte mein Vater. »Es ist kein Neuwagen, aber er ist erst zwei Jahre alt und hat erst dreißigtausend Kilometer drauf.« Ich sprang auf und fiel beiden um den Hals.
    »Es gehört mir?«
    »Aber ja«, rief meine Mutter aufgeregt. Ich hatte ein Auto! Ein eigenes!
    Ich machte mich von meinen Eltern los. » Danke, danke, danke, danke, danke, danke «, rief ich und stürmte in Boxershorts und T-Shirt durchs Wohnzimmer und riss die Haustür auf. Dort, in der Einfahrt, mit einer riesigen blauen Schleife, stand ein Ford E-Series Van.
    Der Ford E-Series Van ist ein Kleinbus. Von allen Autos, die sie mir hätten schenken können, hatten meine Eltern mir ausgerechnet einen Kleinbus gekauft. Oh, Herr der automobilen Gerechtigkeit, warum verspottest du mich? Kleinbus, du Mühlstein an meinem Hals! Du Zeichen Kains! Du elende Kreatur des hohen Luftwiderstands und der lahmen Pferdestärken.
    Ich setzte eine tapfere Miene auf und drehte mich um. »Danke, danke, danke!«, sagte ich, auch wenn ich garantiert nicht mehr so euphorisch klang, jetzt, da ich heuchelte.
    »Wir wussten, wie gern du mit dem

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