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Margos Spuren

Margos Spuren

Titel: Margos Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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sagt Ben, »weiß ich, wie einem Moskito Blut schmeckt.«
    Ich reiße einen GoFast-Riegel auf und halte ihn Lacey unter die Nase. »Du musst nur mal dran riechen«, sage ich. »Riechst du die leckeren Vitamine?«
    »Wegen dir werde ich dick.«
    »Und pickelig« sagt Ben, »vergiss die Pickel nicht.«
    Widerwillig nimmt Lacey mir den Riegel aus der Hand und beißt hinein. Sie muss die Augen schließen, um die orgiastische Verzückung zu verbergen, die mit dem Biss in einen GoFast-Riegel einhergeht. »Oh. Mein. Gott. Das schmeckt, wie sich Hoffnung anfühlt.«
     
    Dann packen wir die letzte Tüte aus. Es sind zwei große T-Shirts darin, über die Radar und Ben sich riesig freuen, weil sie damit statt wie zwei Typen in bescheuerten Talaren wie zwei Typen mit T-Shirts über den bescheuerten Talaren aussehen.
    Allerdings tun sich zwei neue kleine Probleme auf, als Ben die T-Shirts auseinanderfaltet. Erstens stellt sich raus, dass die T-Shirt-Größe L an einer Tankstelle in Georgia nicht die gleiche Größe ist wie T-Shirt-Größe L bei, sagen wir, Gap. Das Tankstellen-T-Shirt ist megagigantisch groß, eher ein Müllsack als ein T-Shirt. Es ist kaum kleiner als ein Highschool-Talar. Doch das ist harmlos im Vergleich zu dem anderen kleinen Problem, das darin besteht, dass auf beiden T-Shirts eine riesige Südstaaten-Flagge quer über die Brust gedruckt ist, und darunter stehen die Worte : TRADITION STATT HASS.
    »O, nein, das ist nicht dein Ernst«, sagt Radar, als ich ihm zeige, worüber wir lachen. »Ben Starling, sag, dass das nicht wahr ist. Sag, dass du deinem schwarzen Alibifreund kein T-Shirt mit einer rassistischen Parole gekauft hast.«
    »Ich habe die erstbesten T-Shirts genommen, die ich gesehen habe, Bruder.«
    »Nenn mich nicht Bruder«, sagt Radar, aber er schüttelt den Kopf und dann lacht auch er. Ich reiche ihm sein T-Shirt nach vorn, und er windet sich hinein, indem er mit den Knien steuert. »Hoffentlich werden wir angehalten«, sagt er. »Ich würde gern das Gesicht von dem Bullen aus Georgia sehen, wenn er einen schwarzen Mann in einem rassistischen Südstaaten-T-Shirt über einem schwarzen Kleid anhält.«
Sechste Stunde
    Aus irgendeinem Grund ist das Stück der I-95 südlich von Florence in North Carolina am Freitagabend Treffpunkt aller örtlichen Autofahrer. Kilometerweit stecken wir in zähflüssigem Verkehr, und obwohl Radar fest entschlossen ist, das Tempolimit zu brechen, kann er froh sein, wenn er auf fünfzig kommt. Ich sitze neben Radar im Cockpit, und wir versuchen uns abzulenken, indem wir ein Spiel spielen, das wir gerade erfunden haben. Es heißt »Der Typ ist ein Gigolo«, und es geht darum, sich das Leben der Leute in den anderen Autos vorzustellen.
    Neben uns fährt eine mexikanisch aussehende Frau in einem alten verbeulten Toyota Corolla. Ich sehe in der einbrechenden Dunkelheit zu ihr runter. »Sie hat ihre Familie zurückgelassen um hierherzukommen«, sage ich. »Illegal. Schickt jeden dritten Dienstag des Monats Geld nach Hause. Sie hat zwei kleine Kinder, ihr Mann ist Wanderarbeiter. Im Moment ist er in Ohio – er ist nur drei, vier Monate im Jahr zu Hause, aber sie verstehen sich richtig gut.«
    Radar beugt sich rüber und wirft einen kurzen Blick auf den Corolla. »Mann, Q, so melodramatisch ist es nicht. Sie ist Sekretärin in einer Anwaltskanzlei – sieh dir ihre Klamotten an. Sie hat fünf Jahre gebraucht, aber sie hat nebenher studiert und hat das Anwaltspatent so gut wie in der Tasche. Kinder hat sie keine und auch keinen Mann. Sie hat einen Freund. Der ist ein bisschen flatterhaft. Bindungsangst und so. Er ist Weißer, der Exotik-Faktor macht ihn nervös.«
    »Aber sie trägt einen Ehering«, halte ich dagegen. Zu Radars Verteidigung : Ich kann sie besser sehen. Sie fährt rechts von uns und ist genau unter mir. Durch die getönten Scheiben ihres Wagens beobachte ich, wie sie irgendein Lied mitsingt und unbeirrt auf die Fahrbahn starrt. Es gibt so viele Menschen. Wie leicht vergisst man, dass die Welt voll von Menschen ist, zum Bersten voll. Man kann sie sich vorstellen, aber man wird sich unweigerlich falsche Vorstellungen machen. Ich spüre, dass das ein wichtiger Gedanke ist, einer dieser Gedanken, um das sich das Gehirn erst langsam herumwindet wie ein Python, doch bevor ich weiterkomme, redet Radar.
    »Den trägt sie nur, damit Perverse wie du sie nicht anmachen«, sagt er.
    »Vielleicht.« Ich lächle, nehme den angebissenen GoFast-Riegel, der auf meinem

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