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Margos Spuren

Margos Spuren

Titel: Margos Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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Kleinbus. Ich halte das Lenkrad, während Radar aus seinem Sitz ins erste Schlafzimmer klettert, und dann rutsche ich flink durch die Küche in den Fahrersitz.
    Auf Reisen, stelle ich fest, lernt man eine Menge über sich selbst. Zum Beispiel hätte ich mich nie für einen Menschen gehalten, der bei hundertzwanzig Sachen quer durch South Carolina in eine fast leere Flasche Bluefin-Energydrink pinkeln würde – aber tatsächlich bin ich genau so ein Mensch. Außerdem wusste ich nicht, dass aus der Mischung von Urin und Bluefin dieses unglaublich leuchtende Türkis rauskommt. Es sieht so hübsch aus, dass ich am liebsten den Deckel auf die Flasche geschraubt und sie in den Getränkehalter gestellt hätte, damit Lacey und Ben es auch sehen können, wenn sie aufwachen.
    Radar findet die Idee nicht so gut. »Wenn du den Scheiß nicht sofort aus dem Fenster schmeißt, beende ich unsere elfjährige Freundschaft«, sagt er.
    »Das ist kein Scheiß«, sage ich. »Es ist Urin.«
    »Raus«, sagt er. Und so verschmutze ich die Umwelt. Im Seitenspiegel sehe ich, wie die Flasche auf dem Asphalt landet und zerplatzt wie eine Wasserbombe. Auch Radar hat es gesehen.
    »O Gott«, sagt Radar. »Ich hoffe, das ist eins dieser traumatischen Erlebnisse, das so viel Schaden in meiner Psyche anrichten könnte, dass ich es sofort verdränge.«
Neunte Stunde
    Ich hätte nie gedacht, dass man sich an GoFast-Energieriegeln überessen könnte. Aber es geht. Von meinem vierten Riegel habe ich nur zweimal abgebissen, als mein Magen dichtmacht. Ich öffne die Klappe des Fachs in der Mittelkonsole und lege den Riegel wieder hinein. Diesen Teil der Küche nennen wir Speisekammer.
    »Ich wünschte, wir hätten Äpfel«, sagt Radar. »Mann, ein Apfel wäre jetzt das Allerbeste, oder?«
    Ich seufze. Dämliche vierte Nahrungsgruppe. Außerdem bin ich immer noch viel zu hibbelig, obwohl ich schon vor Stunden aufgehört habe Bluefin zu trinken.
    »Ich bin immer noch so hibbelig«, sage ich.
    »Ja«, sagt Radar. »Ich muss die ganze Zeit mit den Fingern trommeln.« Ich sehe zu ihm rüber. Lautlos trommelt er mit den Fingern auf seinen Knien herum. »Im Ernst«, sagt er, »ich bin physisch nicht in der Lage, damit aufzuhören.«
    »Okay, also, ich bin nicht müde, lass uns einfach bis vier aufbleiben, und dann wecken wir die anderen und schlafen bis acht.«
    »Okay«, sagt er. Dann schweigen wir beide. Inzwischen ist die Straße leer – nur ich und die Sattelschlepper sind unterwegs. Ich habe das Gefühl, mein Gehirn verarbeitet Informationen elftausendmal so schnell wie normal. Und ich denke, was ich hier tue, ist sehr leicht. Auf dem Highway fahren ist die leichteste und angenehmste Sache der Welt : Ich muss nur zwischen den zwei Linien bleiben und aufpassen, dass mir keiner zu nahe kommt und dass ich keinem zu nahe komme, und immer weiter fahren. Es ist wie ein ewiger Aufbruch. Vielleicht ist es ihr auch so gegangen, aber mir hätte es allein keinen Spaß gemacht.
    Radar bricht das Schweigen. »Also, wenn wir bis vier wach bleiben wollen …«
    Ich beende den Satz : »Ja, dann sollten wir wahrscheinlich noch eine Flasche Bluefin aufmachen.«
    Und das tun wir.
Zehnte Stunde
    Zeit für unseren zweiten Stopp. Es ist 00 :13. Meine Finger fühlen sich an, als würden sie nicht aus Fingern bestehen; sie fühlen sich an, als bestünden sie aus Bewegung. Beim Fahren kitzle ich das Lenkrad.
    Nachdem Radar auf dem Palmtop die nächste BP-Tankstelle gefunden hat, beschließen wir, Ben und Lacey aufzuwecken.
    Ich sage : »Hey, Leute, wir halten gleich an.« Keine Reaktion.
    Radar dreht sich um und legt die Hand auf Laceys Schulter. »Lacey, Zeit zum Aufstehen.« Nichts.
    Ich mache das Radio an. Ich finde einen Oldie-Sender. Es sind die Beatles. Sie spielen »Good Morning«, und ich drehe die Lautstärke auf. Keine Reaktion. Radar dreht die Lautstärke weiter auf. Und dann noch weiter. Und dann kommt der Refrain, und er singt mit. Ich stimme ein. Ich glaube, am Ende ist es mein schiefes Gegröle, das sie aufweckt.
    »MACH, DASS ES AUFHÖRT!«, schreit Ben. Wir drehen die Musik runter.
    »Ben, wir halten an. Musst du aufs Klo?«
    Es wird still, dann raschelt es hinten, und ich frage mich, ob er eine Methode oder einen Handgriff oder so hat, um den Urinstand in seiner Blase zu messen. »Eigentlich nicht«, sagt er.
    »Okay, dann bist du an der Zapfsäule.«
    »Als einziger Junge, der nicht im Auto gepinkelt hat, melde ich mich als erster Klogänger«, sagte

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