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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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lachen. »Mit euch Jungs ist es immer dasselbe.
    Auf der Straße seid ihr Helden, und sobald man euch näher kommt, verwandelt ihr euch in Babys.«
    Antonio schaute betreten zu Boden.
    »Also hilfst du mir jetzt oder nicht?«, fragte sie mit gespielter Ungeduld.
    »Was soll ich denn machen?«
    »Mir ist ein Ring hinters Bett gefallen. Du musst es abrücken, damit ich ihn wiederfinden kann.«
    Antonio nickte und umfasste das Fußende, um das
    Bett von der Wand zu ziehen. Es war schwer, aber
    nicht so außergewöhnlich, dass Signora Bertone es
    nicht alleine geschafft hätte.
    Sie legte sich bäuchlings auf das Bett, das mit einer entschieden zu rosaroten Tagesdecke überzogen war
    und begann, hinter den Kopfkissen herumzufin-
    gern.
    »Hilf mir doch mal, vielleicht kannst du ihn
    finden.«
    Er trat von einem Fuß auf den anderen. Er fand,
    dass er seine Pflicht mehr als getan hatte, und wäre allenfalls dazu bereit gewesen, das Bett wieder an die Wand zu schieben. Sie drehte sich um und sah ihn
    schweigend an. Da legte er sich neben sie und beide suchten nach dem Ring, von dem Antonio inständig
    hoffte, dass er bald auftauchte. Er wollte nicht von Signor Bertone in den Rücken geschossen werden,
    wenn dieser plötzlich im Zimmer auftauchte und die
    beiden erwischte.
    »Siehst du ihn?«
    »Nein, Signora.«
    Was war denn das? Er spürte ihre Hand auf seiner
    Hose. Sie glitt vom Po aus Richtung Mitte. Wie von
    einem Hund gebissen sprang er auf und raste aus der Wohnung. Sie rief ihm etwas nach, was er nicht verstehen konnte.
    Wieder auf der Straße, stellte er fest, dass er seine Tasche oben liegen gelassen hatte. Idiot, dachte er.
    Als er sich gerade dazu entschieden hatte, den Ver-
    lust der Tasche und seiner Unterlagen mit einem
    Überfall der Bande aus San Antonio Abad zu be-
    gründen, was ihm ehrenvoll und plausibel erschien,
    stand Signora Bertone mit seinen Sachen auf dem
    Balkon und rief: »Süßer, du hast was vergessen.«
    Sie wedelte mit der Tasche und warf sie ihm direkt
    in die Arme. Nachbarn und Passanten drehten die
    Köpfe. Einer der Männer, die vor einer Bar standen, nickte ihm sogar anerkennend zu. Antonio schlich
    nach Hause. Obwohl er nicht direkt gepunktet hatte, stand er nicht wie ein Trottel da, denn Signora
    Bertone hatte ihn nicht gedemütigt. Was für eine
    Frau!

    »So war das also! Damals hast du was anderes
    erzählt, du Wahnsinniger!«, ruft Daniele dazwischen.
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein! Du bist der erste Mensch der Welt, der einen Platz im Paradies
    ausschlägt.«
    Der Meinung ist nicht nur Daniele, sondern auch
    der Lastwagenfahrer, der am Tresen steht und Erd-
    nüsse zu seinem Negroni isst.
    »Habe ich auch tief bereut, die Sache«, sagt Anto-
    nio und lächelt sein nichts und viel sagendes
    Lächeln.

    Abends rufe ich zu Hause an. Ich brauche noch einen Tag, vielleicht sogar zwei. Irgendwie habe ich das
    Gefühl, dass es wichtig ist, hier zu sein. Aber ich kann es Sara nicht erklären.
    »Was macht ihr denn den ganzen Tag?«
    »Ich weiß auch nicht«, versuche ich mich in einer
    Antwort, von der ich ahne, dass sie auf Misstrauen
    stößt. »Wir gehen spazieren und reden.«
    »Worüber redet denn mein Vater mit dir? Du
    Armer.«
    »Es ist nicht so wie sonst. Er erzählt mir seine
    Lebensgeschichte.«
    »Was?«
    »Er erzählt mir aus seinem Leben. Es ist ihm ein
    Bedürfnis.«
    Ich muss aufhören, denn Antonio schleicht mit
    einem aufgeschlagenen Tex- Heftin der Hand in meiner Nähe herum.
    »Wann kommst du nach Hause?«
    »Ich weiß es nicht. Bald.«

Acht
    Wir gehen in die Markthalle und treffen dort Benito, den Verrückten, der den Familienkrieg ausgelöst hat und der bei einem Fischhändler arbeitet, wo er
    allerhand einfache Arbeiten verrichtet. Er freut sich über die Maßen, uns zu sehen, und berichtet sofort
    stolz, dass er am heutigen Morgen einen großen – er deutet mit den Armen etwa eineinhalb Meter an –
    Fisch tot gemacht habe, und zwar mit dem Hammer,
    den er mir nun vor das Gesicht hält. Ich bin sehr
    angetan und freue mich mit ihm.
    »Benito«, sagt Antonio ernst, »kennst du hier auf
    dem Markt einen, den sie Piselli nennen?«
    »Öh, nö.«
    »Er hat schwarze Locken und einen ganz runden
    Kopf. Kennst du den?«
    Aber Benito hat das Interesse an uns verloren. Er
    schlägt mit dem Hammer auf ein paar schmutzige
    Eisblöcke und sieht mich dabei an, als sei ich ein
    Dorsch.
    Ich dränge zum Aufbruch. Langsam schlendern
    wir in der Hitze des Vormittags

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