Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
Vom Netzwerk:
als sie noch alle um die fünfzig waren, scherzhaft genannt. Inzwischen hörte man den Ausdruck immer seltener. Damit es keinen Krach ums Putzen gab, kam zweimal die Woche eine Putzfrau, die von Karlo bezahlt wurde. Aber immer dann, wenn man sich gerade an sie gewöhnt hatte, hatte Karlo irgendetwas an ihrer Arbeit oder an ihrer Person auszusetzen, warf sie raus und stellte die nächste ein. Die jetzige hieß Irina und kam aus Serbien.
     
    Die Ente war gelungen, wie immer, und Karlo langte herzhaft zu. Bei den anderen war der Appetit nicht ganz so groß. Alle drei schielten abwechselnd zu dem Kästchen auf der Anrichte hin, und im Grunde warteten sie nur darauf, dass Karlo endlich eine Erklärung dazu abgeben würde.
    Das tat er schließlich auch, nachdem die Mousse au Chocolat verspeist war und er allen ein Glas von seinem wohlbehüteten Glenmorangie eingegossen hatte, was mit der düsteren Prophezeiung: »Den Drink werdet ihr gleich brauchen«, einhergegangen war. Er ließ die Flasche auf dem Tisch stehen und sagte lapidar: »Ich möchte, dass ihr mich umbringt.«
    »Sehr witzig«, meinte Goswin gedehnt und unterdrückte nachlässig einen Rülpser.
    »Im Ernst«, erwiderte Karlo und fixierte der Reihe nach alle drei mit seinen blauen Gletscheraugen. Dann berichtete er, dass er vor zwei Wochen bei einem weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Neurologen gewesen wäre, und der hätte bei ihm einen inoperablen Gehirntumor diagnostiziert. »Ihr wisst doch, dass ich in den letzten Monaten dauernd diese Kopfschmerzen hatte.«
    Daran erinnerte sich zwar niemand, weil sich alle angewöhnt hatten, wegzuhören, wenn Karlo über eine seiner Malaisen klagte, aber sie nickten zustimmend.
    Die Krankheit, so erläuterte Karlo, würde ähnlich verlaufen wie Alzheimer, nur schneller. Er würde nicht daran sterben, aber seine Erinnerungen würden nach und nach ausgelöscht werden, er würde seine Körperfunktionen nicht mehr beherrschen können und nach und nach immer mehr verblöden. »Und das alles innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre«, schloss Karlo seinen Bericht.
    »Das ist ja grauenhaft«, entfuhr es Ludmilla, und Goswin genehmigte sich noch einen Whisky auf den Schrecken.
    Es hat sogar schon angefangen, fiel Renate ein. Oder war das nicht Karlos Lesebrille gewesen, die sie kürzlich im Kühlschrank gefunden hatte?
    »Ihr könnt hoffentlich verstehen, warum ich diesem Schicksal einen baldigen und gnädigen Tod durch Freundeshand vorziehe«, sagte Karlo.
    Die anderen musterten verlegen das vom Mahl bekleckerte Tischtuch. Um Karlos Platz herum sah es aus wie nach einem Rorschach-Test mit mehreren Versuchen, und Ludmilla fragte sich, ob Karlos Motorik bereits unter der Krankheit litt. Renate fand als Erste die Sprache wieder: »Warum willst du uns zu Mördern machen? Warum begehst du nicht einfach Selbstmord?«
    »Wegen der Lebensversicherung«, antwortete Karlo rundheraus. »Die zahlt nicht bei Selbstmord, wohl aber bei Mord. Ihr drei seid die Begünstigten. Mein Vorschlag ist: Derjenige, der die Tat ausführt, sollte die Hälfte bekommen, die anderen beiden je ein Viertel. Darüber müsst ihr euch vorher einigen – ich bin ja dann nicht mehr da.«
    »Das ist doch Wahnsinn«, meinte Renate, und Ludmilla schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr Dreifachkinn wie Götterspeise wackelte.
    »Über welchen Betrag reden wir hier eigentlich?«, fragte Goswin.
    »Achthunderttausend Euro.« Karlos Stimme klang wie die eines satten Bären. Er ließ die Zahl ein bisschen wirken, ehe er fortfuhr: »Die Versicherungssumme ist an Neujahr fällig. So lange habt ihr Zeit, sieben Tage. Passend dazu habe ich auch ein Testament gemacht, das bis zum 31 . 12 . dieses Jahres Gültigkeit hat. Darin vererbe ich euch mein Haus zu gleichen Teilen. Sollte ich Silvester überleben, geht alles an meinen nichtsnutzigen Neffen.«
    »Aber die Polizei würde uns als deine Erben doch sofort verdächtigen«, gab Ludmilla zu bedenken.
    »Natürlich müssen die anderen beiden dem Täter ein wasserdichtes Alibi geben, dann können sie euch nichts anhaben – sofern ihr keine Spuren hinterlasst. Die Pistole muss selbstverständlich so entsorgt werden, dass man sie nie wieder findet. Sie ist übrigens nirgends registriert. Ihr könnt auch eine andere Methode wählen, nur bitte keine allzu brutale. Keine halben Sachen wie manipulierte Bremsen oder dergleichen. Es soll kurz und schmerzlos vonstattengehen und effektiv sein, das verlange ich als euer Freund

Weitere Kostenlose Bücher