Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
und Sie bekommen Ihr Geld.«
Miriam beginnt mit gespieltem Selbstbewusstsein in Richtung Taxi zu gehen und will ihn am Arm mit sich ziehen, aber er sperrt sich. Entschieden nimmt er ihren Arm aus seinem.
»So net. Zuerst klär’ ma des.«
Miriam wackeln die Knie. Sie spürt, dass sie so wohl nicht weiterkommen wird, zumindest nicht bei diesem Mann. Der Cowboy schüttelt jetzt mit traurigem Lächeln seinen Kopf und bewegt sich ansonsten keinen einzigen Millimeter, sondern baut sich erneut vor ihr auf, wie es nur Männer tun, die eine geheime Vorliebe für Drohgebärden haben. Seine Stimme klingt ebenfalls sehr männlich-bedrohlich.
»So net, hab’ i g’sagt, und des moan i a so. Erst werden wir uns einig, und dann wird gefahren.«
»Was jetzt? Wollen Sie etwa mehr Geld?«
Miriam versucht, kokett zu klingen, aber es misslingt. Wie ein Fels steht Joe da und sieht Miriam unter seiner gefurchten Stirn an, als sei sie eine Aussätzige.
»Mei, Madel! Wennst scho in Schwierigkeiten bist, dann sagst jetzt wenigstens die Wahrheit und führst di net auf wie a offene Hosn!«
»Was?«
»Du sollst ma koan Schmäh verzähln, sondern mir einfach gradaus sag’n, wias is, verstehst?«
»Nein. Ich verstehe nicht. Ich möchte eigentlich hier auch nicht länger in der Kälte stehen und mich mit Ihnen unterhalten, sondern ich möchte jetzt mit meinen Kindern in Ihrem schönen warmen Taxi nach Haidhausen gefahren werden.«
In einem letzten Versuch, wieder Oberwasser zu bekommen, streckt sie Joe demonstrativ ihren Babybauch entgegen.
»Sie werden doch eine Hochschwangere nicht einfach im Regen, beziehungsweise im Schnee, stehen lassen? Das bringt ein Mann wie Sie doch gar nicht übers Herz!«
Klimper, Klimper. Zu blöd, dass ihr die Wimperntusche ausgegangen ist, denn mit langen schwarzen Wimpern klimpert es sich einfach besser. Vielleicht würde der Cowboy sich dann zumindest ein wenig auf seine männliche Tugend besinnen. Beschützen und versorgen für alle Ewigkeit, das ist es doch, was die Ritter auf den weißen Pferden einem immer mit ihrem Pseudogebaren versprechen, wenn sie einen von einer Party abschleppen wollen. Miriam wäre in diesem Fall schon völlig mit einer Fahrt nach Haidhausen zufrieden. Aber der Mann ihr gegenüber ist völlig immun. Diese Erfahrung hat Miriam in letzter Zeit öfter gemacht. Je größer der Bauch, desto unfreundlicher die jungen Hengste. Nur Opas halten einem dann noch die Tür auf oder natürlich Frauen. Tatsächlich wohnen die sinnlichen Augen des Cowboys inzwischen am Nordpol. Die Eiszeit dauert mit feindselig vor der Brust verschränkten Armen an. Seine Stimme klirrt vor Kälte.
»Lügner mag i net. Was ist mit meinem Geld? Und jetzt die Wahrheit, bitte!«
Da hilft nur die letzte aller weiblichen Waffen, von der Miriam noch nie viel gehalten hat. Zicke mit Presslufthammer. Also wieder einmal die Hände in die Hüften gestemmt und einen auf Monstermama machen.
»Jetzt werden Sie aber wirklich unverschämt. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich mein Geld zu Hause in der Wohnung habe. Ich bin hier der Fahrgast, und Sie sind dazu verpflichtet, mich an mein gewünschtes Ziel zu befördern. Wenn nicht, muss ich leider eine Beschwerde über Sie einreichen!«
An seinem tiefen Seufzer erkennt Miriam, wie wenig so eine satte Ladung altmodischer Druck bei diesem bayerischen Urgestein bewirkt. Der Cowboy schüttelt nur voller Mitleid sein betrübtes Haupt, auf dem sich langsam immer mehr weiße Flocken sammeln, die jetzt sogar auf seinen Augenbrauen hängen bleiben. Seine Stimme klingt zu ihrem Entsetzen sogar ein wenig belustigt.
»Na. Ich will was anders von dir hören, Madel.«
Jetzt ist Miriam also bereits von der Frau und Mutter zum Madel mutiert. Kein Sie mehr, keine Höflichkeit und vor allem nicht das kleinste bisschen Respekt. Er scheint weder besonders sauer noch besonders ungeduldig, sondern eher amüsiert, wie einer, der es eben gewohnt ist, grundsätzlich am längeren Hebel zu sitzen. Zähneknirschend startet Miriam einen letzten Versuch.
»Na gut! Sie bekommen auch gerne fünfzig Euro extra für Ihre Mühe und Ihr Vertrauen!«
Miriam bemüht sich bei dem Wort Vertrauen, den Blickkontakt zu halten. Jetzt bloß nicht aus einem falschen Schamgefühl heraus noch einen Fehler machen. Keinesfalls wird sie den Cowboy merken lassen, wie verdammt elend sie sich fühlt. Dabei ist es so: Am liebsten würde Miriam sich mit einer Wärmflasche ins Bett verkriechen. Die kalte Nässe ist
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