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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Joens
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Blüte beginnt sich zu öffnen. Es ist eine Christrose.

VIERTES KAPITEL

    SCHNEE IM BETT
    Die Schwangere spricht mit einem hölzernen Storch, wie der Cowboy feststellen muss. Diese Miriam ist also nicht nur eine Betrügerin, die ihn um sein Fahrgeld prellen will, sondern hat augenscheinlich noch ganz andere Probleme. Nicht ganz dicht im Oberstübchen, das ist Joes Überzeugung, nachdem er von den Kindern erfahren hat, was Sache ist. Er schaltet Mollys Lichter aus. Dann fährt er vorsichtig in der Dunkelheit über den frisch gefallenen Schnee ein wenig näher an das bizarre Bild, das sich ihm unter der Straßenlaterne vor der Hebammenpraxis bietet. Inmitten der jetzt dichter fallenden feinen Flocken geht die kugelförmige Frau mit der roten Geschenkschleife am Stiefel auf und ab vor dem halb verwitterten Klapperstorch, der Wandas Hebammenpraxis als Aushängeschild dient. Sie scheint in ein intensives Gespräch verwickelt. Ab und zu lächelt sie sogar. Sie lächelt den Klapperstorch an und streichelt mit liebevoller Geste das hölzerne Gefieder, zumindest sieht es für Joe und die Kinder von ihrem Versteck aus so aus.
    »Ja, sapperlot! Ist eure Tante jetzt plemplem a no?« Unwillkürlich verfällt der Cowboy in die tiefste Mundart, aber die Bedeutung der Worte vermittelt sich den Kindern trotzdem sofort. Es ist mit einem Mal vor Anspannung so leise in Joes Taxi, dass dem Cowboy der angehaltene Atem der beiden Kinder fast körperlich bewusst wird. Das will er nicht. Die Kinder können schließlich nichts dafür. Krampfhaft überlegt er, was er sagen könnte, um dem Bild von Miriam und dem Storch etwas Tröstliches oder sogar Humorvolles zu geben, aber es fällt ihm auf die Schnelle einfach nichts ein. Frauen in der Schwangerschaft sind manchmal lustig? Bisweilen bleibt kein Hirnschmalz mehr über im weiblichen Denkapparat, wenn ein Baby zu schnell wächst? Er könnte es ja mal mit der alten Mär versuchen, dass der Storch die Babys bringt und die Mütter sich deshalb schon zeitig mit den Störchen gut anfreunden müssten. Das könnte notfalls gehen. Doch da kommt Benes stoßweise hervorgebrachtes Flüstern Joe bereits zuvor.
    »Tante Miriam ist nicht verrückt! Wirklich!«
    Anna-Sophie legt ihm ihre Hand auf die Schulter.
    »Bitte, lieber Joe, sei nicht böse mit Tante Miri, ja? Sie meint es nur gut. Sie hat uns lieb … und sie bekommt eben ein Baby …«
    In Anna-Sophies Augen zeigt sich die Angst, dass der nette Cowboy irgendwie sauer sein könnte. Bene ist ebenfalls beunruhigt und legt noch nach.
    »Unsere Tante versucht uns im Moment einfach nur irgendwie durchzubringen, aber sie ist ein guter Mensch und wird Sie ganz sicher bezahlen … ich meine, irgendwann … ganz sicher!«
    Joe schweigt. Er ist mit der Situation gründlich überfordert, denn noch nie in seinem Leben ist ihm eine derartige Unverschämtheit passiert. Er kann nicht so tun, als ob nichts wäre. Anna-Sophie wird zunehmend verzweifelter.
    »Siehst du, wir hätten ihm einfach nicht die Wahrheit sagen sollen!«
    Anklagend sieht Anna-Sophie ihren Bruder an, und Bene gibt ihr ausnahmsweise recht.
    »Stimmt! Es wäre besser, wenn wir unseren Mund gehalten hätten, denn jetzt fährt Joe uns sicher nicht mehr nach Hause! Ist eh immer das Gleiche mit den Typen. Komm!«
    Als Bene seine Tür öffnet, klingt in seiner Stimme die Resignation eines Erwachsenen, der die Spielregeln zwar nicht mag, sie aber akzeptieren muss. Obwohl Anna-Sophie grundsätzlich Benes Meinung ist, hat sie trotz Joes hartnäckigem Schweigen die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben und legt ihm ihre Hand erneut auf die Schulter. Dazu setzt sie ihr liebstes Lächeln auf.
    »Bitte, bitte, lieber Joe, fahre die Tante Miri und uns jetzt nach Hause, ja? In deinem Taxi ist es schön warm. Die Tante Miri und das Baby sind sehr müde. Und du … du bist doch eigentlich nett, oder?«
    Joe gibt immer noch keine Antwort. Seine inneren Antennen stehen auf Alarmstufe rot. Er hat das Gefühl, sich sehr in Acht nehmen zu müssen, denn augenscheinlich ist Miriam eine schwer gestörte Person, was Kinder natürlich nicht wahrnehmen können. Ohnehin zieht Bene seine Schwester bereits energisch hinter sich her aus dem Taxi.
    »Du sollst nicht betteln! Also komm jetzt!«
    »Ich will aber bei Joe bleiben!«
    Anna-Sophies Stimme ist den Tränen nahe, als sie sich an Mollys Tür festhält. Joe kann es nicht ertragen. Er kann aber noch weniger ertragen, wenn man ihn belügt und betrügt. Er seufzt ergeben.

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