Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
Egal, wie der Sachverhalt ist, er wird ihn irgendwie mit dieser Verrückten regeln müssen. Joe bittet Bene deshalb, zunächst mit seiner Schwester in Molly sitzen zu bleiben, bis er mit Miriam gesprochen hat.
Miriam hat das Taxi, das in einiger Entfernung von der Hebammenpraxis angehalten hat, noch gar nicht bemerkt. Sie ist damit beschäftigt, den einen Satz zu finden, der ihre verfahrene Situation bei dem Taxifahrer wieder halbwegs in die richtige Richtung lenken könnte. Dieser Cowboy mit den Zimtsternen ist zumindest vorübergehend ihr rettender Engel, oder mal ganz banal ausgedrückt: ein Mensch mit einem warmen Auto und vielleicht sogar einer vollen Geldbörse. Sie will sich das Geld ja nur von ihm leihen, aber am besten genug, damit sie damit auch noch mit den Kindern über das vor ihnen liegende Wochenende kommt. Aber wie kann sie ihn davon überzeugen, dass ausgerechnet er ihr helfen muss? Der Storch, an dem sie ihre Sätze ausprobiert, die mal eher charmant, dann aber wieder zutiefst verzweifelt klingen, hat nur noch einen halben Schnabel. Der Rest vom Holz ist verwittert und morsch, und die Farbe ist abgeblättert. Mit seinen dünnen roten Beinen aus Metall sieht er aus, als würde er genauso bitterlich frieren wie sie. Durch die abgelöste Sohle ihres billigen Stiefels kriecht der Schnee langsam bis zu ihren Zehen vor. Miriam hört hinter sich Schritte knirschen. Sie muss sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass er es ist, der wenige Meter von ihr weg stehen bleibt und sich hilflos räuspert.
»Hallo!«
Miriam fährt herum wie ein ertapptes Kind.
»Ach, hallo! So schnell hatte ich gar nicht mit Ihnen gerechnet. War doch so wenig Verkehr auf der Autobahn?«
Der Cowboy sagt nichts, sondern sieht sie nur an. In seinem Blick liegt ein großer Block Eis. Die Arme hat er fest vor der Brust verschränkt, die Beine weit auseinandergestellt, um eine sichere Basis für seine Worte zu haben. Miriam ahnt nichts Gutes, denn seine Körpersprache ist mehr als deutlich. Vorsichtshalber versucht sie ein zartes Lächeln ganz ohne Zähne, nur mit den Mundwinkeln. Dieses Lächeln hatte ihr Vater sehr an ihr geliebt, als sie noch ein kleines Mädchen war. Geschlossene Lippen, Augenaufschlag und den Kopf ein wenig zur Seite geneigt. Wenn nur ihr Bauch nicht wäre und diese kriechend aufsteigende Kälte, die ihre Zähne zum Klappern bringt. Zudem ist ihr Gegenüber der reinste Kaktus. Sie hat sich wohl doch in dem Mann getäuscht und presst deshalb hervor: »Waren die Kinder lästig?«
Seine Stimme ist verhalten und dabei voll unterdrückter Wut, als er ihr antwortet. »Jetzt tun S’ net so harmlos! Sie ham do gar koa Geld, um mich zu bezahlen!«
Miriam merkt sofort, dass er es weiß, versucht aber trotzdem irgendwie Zeit zu gewinnen, um nachdenken zu können.
»Wie bitte? Was meinen Sie denn damit?«
Die Zornesfalte auf seiner Stirn vertieft sich.
»Die Kinder ham’s ma gesagt, also jetzt verkaufen S’ mi net a noch für an Vollidioten!«
Also doch, die Kinder haben mal wieder geredet, wahrscheinlich Anna-Sophie. Sie ist einfach noch zu klein. Miriam seufzt, denn jetzt geht es nur darum, sich halbwegs unversehrt aus der Affäre zu ziehen, ohne Anzeige und Polizei. Solche Situationen hatte sie in den letzten Wochen immer wieder zu meistern. Schadensbegrenzung heißt Miriams Ziel, und deswegen lächelt sie jetzt gar nicht mehr, sondern versucht dem Taxifahrer gegenüber Reue und vor allem Ernsthaftigkeit an den Tag zu legen. Sie räuspert sich.
»Ach so, ja. Also das ist in gewisser Weise richtig. Zumindest habe ich so gut wie gar kein Geld bei mir. Das passiert mir in letzter Zeit öfter. Ich weiß ja nicht, was die Kinder gesagt haben, aber ich kann Ihnen versichern, dass alles unter Kontrolle ist, zumindest halbwegs.«
Miriams nervöses Lachen klingt erbärmlich hohl in ihren eigenen Ohren, als sie zur Erklärung auf ihren Bauch zeigt, aber sie hat im Moment gar keine andere Wahl, als an sein Mitgefühl zu appellieren.
»Wenn Sie uns zu unserer Wohnung in Haidhausen fahren, bezahle ich Sie. Dort habe ich natürlich genug Geld. Sie bekommen für Ihr Vertrauen auch noch einen Zehner extra.«
»Aha. Die Kinder haben mir aber g’sagt, dass Sie völlig abgebrannt sind, total pleite und so richtig verzweifelt. Was nun …?«
Das ist eine Frage, und auf eine Frage gibt man eine Antwort, nur weiß Miriam gerade nicht, wie sie sich jetzt noch einigermaßen aus der Affäre ziehen kann.
»Wirklich? Das haben die
Weitere Kostenlose Bücher