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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Joens
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explodieren, sodass in ihren Augen das Wasser aufsteigt. Das Lied ist Carola pur. Miriam kann ihre Schwester neben sich fühlen. Carolas Lieblingsparfum »Eau Dynamisante« meint Miriam inmitten von Schlafsackmuff, Bier und Männern zu riechen. Das kann nicht sein, aber fast automatisch suchen Miriams Augen trotzdem die dunkleren Ecken des Kellers ab, um sich zu vergewissern. Aber natürlich ist Carola nicht wirklich hier, oder? Diese Frage quält Miriam seit fast acht Monaten täglich, weil sie den Tod ihrer Mutter anders erlebt hatte. Nach Hannahs Tod war schnell bei den Schwestern Frieden eingetreten. Es war wie eine Ruhe nach einem langen Kampf, der zwar in Hannahs Körper geführt wurde, aber die Seelen ihrer Töchter kämpften mit ihr, weil sie Hannah nicht loslassen wollten. Die Amazonenkönigin war ihrer beider inneres Kraftwerk gewesen und ein wichtiger Wegweiser, gerade auch nach der Öffnung der Mauer, als alles anders wurde. Doch nachdem Hannah auf die andere Seite gewechselt hatte, waren die Schwestern vor allem erleichtert. Hannah hatte sehr gelitten, und sie lernten schnell, auch ohne sie zu lachen und glücklich zu sein. Hannah wurde nach ihrem Tod einfach ein Teil von Miriam, aber mit Carola ist es anders.
    Die Worte zu der Melodie, die von den Musikern geprobt wird, haben Miriam und Carola oft im Duett gesungen. Offiziell damit aufgetreten sind sie zum ersten Mal auf Carolas Abifeier, nicht der offiziellen, denn in ihrer Schule wurde auf linientreue Musik Wert gelegt, sondern auf der Abifeier bei ihnen zu Hause. Aber sogar noch weiter zurück liegt Miriams erste Erinnerung an das Lied. Ihr leiblicher Vater hatte die Schallplatte der Mamas & Papas heimlich in einem falschen Cover über die Grenze geschmuggelt, um Miriams Mutter eine Freude zu machen. Hannah war damals noch keine Amazonenkönigin und bewegte sämtliche Körperteile mit Hingabe zu verbotenen amerikanischen Liedern in wilden Verrenkungen, bis ihre Töchter vor Vergnügen kreischend mittanzten.
    Jetzt drängen sich die Silben des Textes in Miriams Kopf, zunächst bruchstückhaft, dann in vollen Strophen, begleitet von Bildern ihrer Kindheit. Carola und sie waren für wenige kostbare Jahre die glücklichsten kleinen Mädchen der Welt, zumindest scheint es Miriam im Nachhinein so gewesen zu sein. Wie soll sie nur jemals einem Kind so eine glückliche Kindheit schenken? Wie hat Hannah das nur geschafft? Leise singt Miriam die Worte des magischen Liedes in Anna-Sophies schlaftrunkenes Ohr. Sie kostet dabei jedes Wort aus wie einen wiedergefundenen Schatz.
    Stars shining bright above you.
    Night breezes seem to whisper »I love you«.
    Birds singing in the sycamore tree.
    Dream a little dream of me …
    Joe wird auf Miriams Singen aufmerksam.
    »He, möchtest du mit uns singen?«
    »Nein!«
    »Und warum nicht?«
    Miriams Stimme ist genauso hart wie der Blick, mit dem sie Joe jetzt streng ins Visier nimmt.
    »Es ist ein ganz besonderes Lied, und ich finde, ihr instrumentiert es beschissen. Da gehört kein Saxofon rein, und deine Gitarre klingt zu platt!«
    »Ach ja?«
    »Ja! Es ist ein gefühlvolles Lied. Mama Cass hat es für Liebende geschrieben und nicht für … für … egoistische Solofüchse!«
    Schweigen. Ein erstaunter Blick, multipliziert mal drei kombiniert mit Benes entsetztem Blick. Seine Tante macht es schon wieder! Wie immer, wenn die Dinge sich endlich in die richtige Richtung entwickeln, kommt Tante Miri mit der großen Keule.
    Bene wagt kaum zu atmen, so sehr schämt er sich an seiner Conga. Weiß Tante Miri eigentlich, wie sie auf andere wirkt? Als hochschwangere Frau sollte man nicht mit unpassenden Worten um sich werfen. Joe will es genauer wissen.
    »Egoistisch? Wer sagt denn, dass wir Egoisten sind?«
    »Ach, nichts! Ist mir nur so rausgerutscht …«
    Aber Miriams Gesicht drückt Zorn aus.
    »Komm her, Bene! Von diesen Musikern kannst du ohnehin nichts mehr lernen. Ruh dich lieber noch aus … wir haben eine lange Nacht vor uns!«
    Bene hält vor Schreck die Luft an. Auch die drei Männer hören jetzt fast gleichzeitig wieder auf zu lächeln. Joe nickt sogar ergeben.
    »Geh nur, Bene! Männer sind ohnehin scheiße, und zwar alle und ohne Ausnahme!«
    »Nur Frauen sind gut, Frauen und Kinder. Hier!«, ergänzt Bärli.
    Provozierend zieht er aus seiner Jeans eine abgegriffene Brieftasche und klappt sie in Miriams Richtung auf. Auf einem Foto lachen zwei Blondschöpfe, ein Junge und ein Mädchen, an der Seite einer

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