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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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mit unfehlbarer Sicherheit. Ich drückte mich mit dem Rücken gegen die getäfelte Wand und betete, daß er es nicht wagen würde, mich zum Tanz aufzufordern, wo noch dazu mein Onkel direkt neben ihm stand.
    An seinem Lächeln konnte ich erkennen, daß der Gedanke ihm wohl gekommen war, aber er sah höflich zur Seite, entschuldigte sich bei Rachel und ihrem Ehemann und ging, sich unter die anderen Gäste zu mischen, wobei ihm Evan Gilroy auf den Fersen folgte.
    Einige Minuten später, als ich durch die Reihen der Gäste ging, um ihre Becher mit Wein aufzufüllen, stand er plötzlich an meiner Seite.
    »Ihr werdet meinen Stolz verletzen«, warnte er mich sanft, »wenn Ihr mich weiterhin so ignoriert.«
    Ich bedachte ihn mit einem Blick, der ungeduldig, aber nicht ganz ernst gemeint war. »Ich darf nicht mit Euch sprechen, mein Onkel hat es selbst befohlen.«
    »Und wann habt Ihr je Befehlen gehorcht?« Er hielt mir seinen Becher zum Einschenken hin, sein Mund war amüsiert verzögen. »Außerdem ist Euer Onkel im Moment mit einem äußerst ernsthaft aussehenden Herrn beschäftigt. Wenn er in unsere Richtung sehen sollte, brauche ich mich nur zu ducken.«
    »Ihr seid unmöglich, Mylord.«
    »Ja. Und Ihr laßt heute Eure gute Stimmung vermissen, Madam. Was ist es, das Euch so beleidigt hat?«
    Ich neigte den Kopf, die Stirn in Falten. »Es tut mir leid, Mylord, aber dieser Tag ist mir auf den Magen geschlagen. Wie konntet Ihr bloß Evan hierherbringen?«
    Seine Stimme blieb ruhig. »Wir waren eingeladen.«
    »Rachelist schön verzweifelt genug, ohne noch an das Glück erinnert zu werden, das sie einst kannte, und es hilft auch wenig, daß Evan über ihre Eheschließung nur wenig betrübt zu sein scheint.«
    Richards Blick folgte meinem zu der großen, stillen Gestalt von Evan Gilroy, der gegen die Wand beim Kamin gelehnt stand, einen Stiefel anmaßend gegen den kalten Herd gestemmt.
    »Es ist noch keine Ehe«, widersprach Richard mit einem leicht teuflischen Lächeln, »bevor sie nicht vollzogen ist.«
    Mein Onkel wandte sich in diesem Augenblick um und sah uns, und trotz seines vorherigen Versprechens duckte sich Richard de Mornay nicht. Statt dessen hob er seinen Becher und seine volltönende Stimme hallte von den Deckenbalken wider, als er die versammelte Gesellschaft zu einem Trinkspruch aufforderte.
    »Auf seine Majestät, König Karl!«
    »Auf den König!« Alle hoben zur Antwort ihre Becher und leerten sie in einem Zug. Auch mein Onkel verweigerte sich dem Toast nicht, aber seine Augen waren schmal und hart, als er den Becher vom Mund absetzte.
    »Auf Braut und Bräutigam!« rief jemand aus dem hinteren Teil des Raums, und wieder erschallten die Stimmen im Chor, und die Becher wurden gehoben.
    »Auf die Liebe«, warf Evan mit klarer, gelassener Stimme ein, ohne seine Stellung am Kamin zu verändern. Zum dritten Mal wiederholten die Stimmen den Toast und tranken darauf. Richard hielt meinen Blick fest, während er seinen Becher austrank und setzte ihn dann zwinkernd ab.
    »Denkt daran, wie ich diesen Toast trank«, sagte er, bevor er weiterging.
    Der bräutliche Schlaftrunk wurde bald darauf gebracht, eine warme, zu Kopfe steigende Mischung aus geronnener Milch, spanischem Wein und Gewürzen, und als er fröhlich ausgetrunken war, wurden die Lichter und ein Feuer im Kamin des Schlafgemachs im oberen Stock entzündet, wo das große Bett vorbereitet stand, um das Brautpaar zu empfangen.
    Caroline und ich begleiteten Rachel hinauf, um ihr beim Auskleiden zu helfen. In ein paar Minuten würde die gesamte Hochzeitsgesellschaft folgen, wie der Brauch es verlangte, um den Brautstrumpf zu werfen und das frisch verheiratete Paar ins Bett zu bringen. Rachel war sichtlich nicht begeistert von dieser Vorstellung, aber sie saß stoisch da, während wir sie zurechtmachten.
    »Du mußt fröhlich aussehen«, tadelte Caroline ihre jüngere Schwester und kniff sie in die Wangen, damit sie Farbe erhielten. »Das ist doch keine Totenwache. Jabez hat dich mit einem wohlhabenden und respektablen Mann verheiratet, und du solltest deine Dankbarkeit deutlicher zeigen.«
    »Ich bin ausgesprochen dankbar«, antwortete Rachel tonlos.
    Caroline fummelte an Rachels Haar herum und schnalzte vorwurfsvoll mit der Zunge. »Du siehst aber nicht so aus. Du mußt lächeln und sagen –«
    »Oh, laß sie endlich in Ruhe, Caroline!« fuhr ich sie an, denn meine Geduld war am Ende, und Caroline verstummte. Ich begegnete Rachels Augen im Spiegel.

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