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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Aufschub. Heimlich band ich mir die dünnen eisernen Ketten, die wir für einen solchen Fall im Keller liegen haben, um Rist und Sohlen meiner Stiefel. Dennoch war es fast unmöglich, den Berg hinunterzukommen. Der Wind blies noch immer aus Nordosten, und obwohl ich warm angezogen war, spürte ich bald, wie mir die Kälte die Beine heraufkroch. Trotz der eisenbewehrten Sohle rutschte ich mehr, als ich lief, und dabei fiel mir eine Geschichte ein, die man sich in meiner Kindheit erzählt hatte. Ein Bauer aus Rennes-le-Château hatte sich auf dem Pferdemarkt zwei junge Hengste gekauft. Sie waren noch ungezähmt und voller Temperament. Überraschend früh war der Winter hereingebrochen, und den Rössern wurde das Herumstehen im Stall zu langweilig. Vor lauter Übermut durchschlugen sie mit ihren kräftigen Hufen beinahe die Stallwände. Der Bauer bekam Angst um seinen Stall und Mitleid mit den Füchsen, und so führte er sie an einem zwar sonnigen, aber eiskalten Morgen ins Freie, um sie ein wenig zu bewegen. Heftig blies ihnen der Atem aus den Nüstern, sie wieherten vor Freude und warfen aufgeregt die Köpfe hin und her, als sie die vermeintliche Freiheit spürten. Dann aber waren sie wie auf Kommando losgerast. Sie galoppierten, was das Zeug hielt, zogen den armen Bauern hinter sich her – bald schon hatte er keinen Boden mehr unter den Füßen. Die Hengste schleiften ihn über Stock und Stein, der Bauer schrie, was das Zeug hielt, und ließ dann endlich die Zügel los. Die Rösser preschten den Berg hinab, doch der war – wie heute – verharscht. Eisig glatt. Es dauerte nicht lange, da segelte das erste Pferd frei durch die Luft, den Steilhang hinunter. Es hat so fürchterlich geschrien, dass das ganze Dorf zusammengelaufen war. Kurz darauf stürzte das andere. Beide Tiere mussten notgeschlachtet werden. Der Bauer soll drei Kreuze geschlagen haben, als er sie sah. Ja, so war das gewesen, seinerzeit.
    Noch vorsichtiger als zuvor, ertastete ich mir meinen Weg. Mehrere Male setzte ich mich auf mein Hinterteil. Bei einem dieser Stürze ging die Laterne zu Bruch. Noch immer stand der Mond als dünne Sichel am Himmel. Mehr schlecht als recht beleuchtete er meinen Weg. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass um diese Zeit bereits die Sonne aufgehen würde.
    In meinem schwarzen Pelzmuff fühlte ich den Zettel, auf dem ich, mit verstellter Schrift – die der Bérengers sehr ähnlich war –, einen Sarg für den 17. Januar bestellte.

    Bei Christian Champagne, dem Sargschreiner, hatte ich schon einige Male für Bérenger Särge bestellt, wenn es einen Toten gegeben hatte in Rennes und Antoine gerade verhindert war oder wenn ich in Couiza Besorgungen machen musste. Der kleine, gedrungene Mann mit feuchten schwarzen Augen und streng zurückgekämmtem, fettigem Haar war die Klatschbase der ganzen Gegend. Er hörte gewissermaßen das Gras wachsen, wusste demzufolge meist als erster, wer gerade im Sterben lag, und kannte sich, nach eigener Einschätzung, mit sämtlichen Krankheiten besser aus als Dr. Guilleaume, der Bader von Couiza, und alle anderen Quacksalber im Land, von Großmutter und mir ganz zu schweigen. Sein Lieblingsthema, über das er sich mindestens einmal am Tag ausließ, wie man so hörte, war die Farbe und die Konsistenz des Stuhlganges. „Beides vortrefflich, in der Tat“, pflegte er zu sagen, „zumindest bei mir.“
    Ich war die erste Kundin an diesem Morgen, und als er mich begrüßte, wippte er – seiner geringen Größe wegen – ein wenig auf und ab. Obendrein reckte er den Kopf schräg in die Höhe, wobei sein runder Mund zur Hälfte offen stand, so dass man hätte denken können, ein alter Karpfen schnappe nach Luft.
    Ich drückte ihm den Bestellzettel in die Hand. Angestrengt runzelte er beim Lesen die Stirn.
    „Wie? Der Abbé bestellt einen Sarg für den 17. Januar? Wer ist denn so sterbenskrank bei euch oben, Mademoiselle Marie? Ich habe ja gar nichts gehört?“
    Ich spielte die Unbedarfte. „Ich weiß diesen sonderbaren Auftrag auch nicht recht zu deuten, Monsieur. Ehrlich gesagt, aber das bleibt bitte unter uns, nicht wahr?“ – der Schreiner nickte heftig und rückte näher – „mache ich mir ziemliche Sorgen um den Abbé. Er gefällt mir in letzter Zeit ganz und gar nicht. Er kränkelt.“
    „Er kränkelt? Aber er wird doch nicht für sich selbst ...“ Champagne sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Das wäre ja höchst makaber? Er kann doch nicht wissen, ob ...“
    „Was

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