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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Symboltier war die Biene. In König Childerichs Grab fand man nicht weniger als dreihundert aus Gold gefertigte Exemplare dieses Insekts, die mitsamt den übrigen Grabfunden irgendwann den Habsburgern übergeben wurden. Später gelangte ein Großteil des Schatzes in französische Hände. Anlässlich seiner Kaiserkrönung schmückte sich dann Napoleon mit den merowingischen Goldbienen. Er hätte wohl selbst gerne Merowinger unter seinen Vorfahren gehabt, denn er ließ seinerzeit sogar Genealogien erstellen, um herauszufinden, ob dieses berühmte Königsgeschlecht bis in seine Zeit fortbestanden hätte.“
    „Ganz schön eitel, sich göttliche Vorfahren zu wünschen! Wie sollte so etwas überhaupt möglich sein? Doch sag, waren diese Merowinger grausam? Haben wir unter ihrer Herrschaft gelitten?“
    „Ich weiß es nicht. Fest steht jedoch: Unseren freien Geist konnte nie jemand brechen. Kein Merowingerfürst, nicht der Papst und nicht die Inquisition und auch keiner der französischen Könige und ihrer Speichellecker. Es hat unzählige Opfer gekostet, aber wir haben uns bis zur Revolution gegen alle Zentralisierungsbemühungen tapfer zu wehren gewusst.“
    „Warst du nicht bis vor kurzem noch auf Seiten der Monarchisten, Bérenger?“
    „Ach, weißt du, Marie, die Gespräche in Paris haben mir bestätigt, was mir im Grunde längst klar war: Man muss ebenso wenig mit den Wölfen heulen wie mit den Schafen blöken.“
    Bérenger hatte inzwischen mit Hilfe des Pickels vorsichtig das Loch vergrößert – und wirklich ging es an dieser Stelle noch weiter in die Tiefe. Es musste sich dort unten eine Krypta befinden, die irgendwer vor langer Zeit zugemauert hatte und von der niemand im Ort mehr wusste. Wäre es anders gewesen, hätte Bérenger darüber in den Kirchenbüchern gelesen. Die habe er nämlich bereits kurz nach seinem Amtsantritt gewissenhaft studiert, wie er mir sagte, und ein weiteres Mal erst vor wenigen Tagen.

    Die Nacht versprach aufregend zu werden. Während Bérenger immer stiller wurde, den unregelmäßigen Schacht, der in die Tiefe führte, wieder und wieder genauestens untersuchte, konnte ich mein Mundwerk erneut kaum zügeln. Kurz gesagt, ich fiel Bérenger derart auf die Nerven, dass wir fast in Streit geraten wären.
    Als Bérenger nach und nach das Loch erweiterte, staubte und lärmte es fürchterlich. Wenn nur Antoine nichts hört, dachte ich ständig. Aber es blieb alles still draußen. Der Landwein, den unser Kirchendiener fassweise im Schuppen lagerte, hatte mitunter auch seine guten Seiten.
    Plötzlich kamen Stufen zum Vorschein, aus Stein gehauen und halb verfallen.
    „Du wirst doch nicht dort hinuntersteigen wollen, Bérenger?“ fragte ich entsetzt. „Es ist viel zu gefährlich! Wir sollten bis morgen warten und Hilfe aus dem Dorf holen!“
    „Bist du von Sinnen, Marie“, zischte er, schon halb im Hinabsteigen begriffen, „ich werde doch in dieser Situation niemanden auf uns aufmerksam machen!“
    „Und Boudet? Vielleicht kann der dir behilflich sein? Lass ihn mich morgen gleich in der Früh holen! Er kann zumindest aufpassen, dass dir nichts passiert.“
    „Pah, Boudet! Der ist doch schwächer als du, Marie. Jetzt schweig endlich. Ich muss verdammt aufpassen, dass ich nicht ausgleite. Und halt die Kerze ruhig, damit ich was sehen kann“, blaffte er mich an. „Wenn ich unten bin und rufe, dann wirf mir eine neue Kerze hinab, eine von den ganz dicken, und dazu die Zündhölzer.“
    Es dauerte endlose Minuten, bis ich wieder von ihm hörte.
    „Marie, ich bin unten angekommen!“ hallte es herauf. „Wo bleibt die Kerze, rasch, rasch, es ist stockfinster hier!“
    Gerade noch sah ich das Zündholz aufflammen, als es auch schon polterte.
    „Verflixt und zugenäht - was ist das?“ hörte ich Bérenger fluchen. „Jetzt hab ich mir doch wirklich das Knie aufgeschlagen! Die Hose ist hin.“

    Bérenger hatte tatsächlich eine Gruft entdeckt. Neun steinerne Sarkophage standen dort in Reih und Glied. Ich habe sie in der Nacht darauf mit eigenen Augen gesehen. Einige wenige gut erhaltene Inschriften besagten, dass es sich um das Geschlecht derer von Blanchefort handelte, der einstigen Herren von Rennes-le-Château. Der Name war Bérenger nicht unbekannt, auch auf einigen der uralten Gräber auf dem Kirchhof hatte er ihn schon gelesen. Und somit nahmen die Toten tatsächlich an unserer unheimlichen Messe teil.
    Als Bérenger wieder heraufgekrochen kam, keuchend, schwarz im Gesicht, die

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