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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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´Apfelland` übersetzt werden kann. Denkst du nun an das gleiche wie ich?“
    „Woran sollte ich denken?“ fragte ich müde. Ich hatte schließlich die Nacht zuvor, aus Angst um ihn, kein Auge zugetan.
    „Nun, so erinnere dich doch an die ´blauen Äpfel` aus dem Rätsel“, drängte er. „Pommes bleues! Äpfel – Avalon … Avalon – Äpfel! Es muss einen Zusammenhang geben, ich bin mir ziemlich sicher! Die Katharer wollten uns etwas ganz Bestimmtes mitteilen.“
    „Weshalb aber ausgerechnet blaue Äpfel?“ fragte ich.
    Bérenger steckte erneut den Kopf in die Pergamentblätter und brabbelte mehr vor sich hin, als ordentlich zu antworten: „Blaues Blut vielleicht, blaues Blut, ein Stammbaum womöglich.“

    Am nächsten Tag wurde Boudet heraufgebeten.
    Auch diesmal schlossen sie sich wieder ein, Boudet und Bérenger. Kam ich zufällig in ihre Nähe, weil ich Kaffee und Gebäck oder Wein hinaufbrachte, lachten sie ein wenig verlegen, schoben ihre Papiere von einer Seite zur anderen und bemühten sich, nur Belangloses zu reden. Einmal fiel jedoch der Name Hoffet. „Du darfst deine Vermutung Hoffet keinesfalls vorenthalten!“ hatte ich Boudet in eindringlichem Tonfall zu Bérenger sagen hören, bevor ich anklopfte.
    Als die geheimen Beratungen auch am vierten Tag noch nicht beendet waren, zog ich bei einer günstigen Gelegenheit Bérenger in die Küche und machte ihm Vorhaltungen. Doch er verschloss meinen Mund mit drei langen Küssen, drückte mich eng an sich und flüsterte: „Bald sind wir wieder alleine, Marinette! Ich weiß, wie schwer es für dich ist, von allem ausgeschlossen zu sein, was wir besprechen, aber ich muss mich vor Boudet in acht nehmen. Du weißt, wir können keine Toleranz von ihm erwarten. Möchtest du vielleicht, dass er zukünftig gering von dir denkt?“
    Dass Boudet gering von ihm denken könnte, das kam Bérenger gar nicht in den Sinn! Dennoch, Bérenger zuliebe fügte ich mich.
    Nachdem sich aber die Zusammenkünfte der beiden Geistlichen häuften, ja Boudet nach einiger Zeit sogar regelmäßig für zwei oder drei Tage in der Woche kam, litt ich sehr unter der Maske, die ich in seinem Beisein zu tragen gezwungen war. Wenn nur der alte Mann endlich nicht mehr käme, dachte ich oft.
    Aber ach - auch wenn ich es seinerzeit noch nicht wahrhaben wollte: Wir drei, Bérenger, Boudet und ich, waren im Grunde längst durch das Schicksal verbunden. In den darauffolgenden Wochen, Monaten und Jahren wurden wir neben sehr unterschiedlichen auch von sehr ähnlichen Beweggründen geleitet. Die Gier nach Gold, unser beginnendes luxuriöses Leben und natürlich unsere Liebe – das war die Verbindung, die Bérenger und mich aneinanderkettete. Die andere Verstrickung aber bestand in der verdammten Neugier, warum ein übel zugerichteter Merowingerschädel hier in der Gruft gelegen hatte, was irgendein alter Tempelritter mitzuteilen hatte aus grauer Vergangenheit, und in der Suche nach einem geheimnisvollen Ort, an dem blaue Äpfel an den Bäumen hingen. Diese Begeisterung teilte Bérenger mit Boudet.

    Das alles wäre aber noch hinzunehmen gewesen, wenn nicht bald schon die Dinge angefangen hätten, zwielichtig zu werden – und wenn nicht Bérenger begonnen hätte, in unregelmäßigen Abständen nach Paris zu fahren.

16
    „Ich stelle mir die Dichter eher an einem Ort versammelt vor,
    als durch die Zeit ziehend.“
    Francis Ponge , Le Parnasse

    In diese unruhige Zeit fiel auch der böse Streit mit Simone.
    Schon lange gab es keine sonntäglichen Besuche mehr bei der schönen Madame Leclerque, keinen Kaffeeklatsch, keine Stachelbeertörtchen, keinen Brombeerlikör – und demzufolge auch keine Schilder und Lanzen aus Madagaskar, worüber Bérenger nicht gerade unglücklich war. Der Abkühlung unserer Freundschaft war ein unschöner Disput vorausgegangen. Simone wollte einfach nicht begreifen, dass sie und ihr Bruder nur einem Hirngespinst nachgehangen hatten, das mit mir überhaupt nichts zu tun hatte.
    Alles hatte damit angefangen, dass sie begann, mir an den Sonntagen aus seinen umfangreichen Briefen vorzulesen. Ives Leclerque verstand es ausgezeichnet, die wundersame grüne Insel Madagaskar, auf der er lebte und arbeitete, zu beschreiben, die Eingeborenen in ihren Eigenarten zu schildern. Ich lauschte den weit entfernten Kriegstrommeln, roch den zarten Vanilleduft der Orchideen, die sich, wie man weiß, lianengleich um die hohen Bäume des Urwaldes schlingen. Ich konnte die rothaarigen Affen

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