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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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gehalten?
    Wir kauerten uns mehr schlecht als recht in eine schmale Felsnische, die vom Eingang her nicht eingesehen werden konnte, und rührten uns nicht vom Fleck. Bald wurden meine Beine gefühllos, und ich versuchte mehrere Male vergeblich, eine andere Haltung einzunehmen.
    „Wir dürfen nicht das geringste Risiko eingehen!“ flüsterte mir Bérenger zu, als ich leise zu stöhnen anfing. Doch die Wunde an meinem Kopf brannte schrecklich. Ich langte in mein Haar und fühlte, dass meine Hand nass wurde. Offenbar blutete ich. Ich bückte mich und zerriss so vorsichtig wie möglich meinen Unterrock, um wenigstens notdürftig einen Verband anlegen zu können. Bérenger erschrak, als er merkte, was er angerichtet hatte.
    Wir warteten und warteten. Seltsame Geräusche drangen aus dem Inneren des Berges zu uns, so dass ich heilfroh war, einen Gefährten an meiner Seite zu wissen.
    Irgendwann in der Nacht, als ich meine Beine überhaupt nicht mehr spürte, kroch Bérenger vorsichtig ins Freie. Es dauerte lange, bis er wiederkam.
    „Die Luft ist rein, Marie“, sagte er erleichtert. „Lass uns gehen. Vorsichtshalber werden wir jedoch nicht nach Rennes aufsteigen, sondern uns heimlich zu Boudet begeben, um deine Wunde zu versorgen und dort die Nacht zu verbringen.“
    Boudet – bereits im weißen Nachthemd - machte große Augen, als wir mitten in der Nacht an seine Tür klopften. Zum Glück war seine Haushälterin schwerhörig.

    Am nächsten Morgen fuhren die beiden Priester mit dem Gig nach oben. Das Gold hatten sie zuvor in Boudets Keller versteckt. Bérenger gedachte, es in der darauffolgenden Woche mit nach Toulouse zu nehmen, um es dort zu veräußern.
    Als ich mich einige Stunden später, mit einem Tuch auf dem Kopf, ebenfalls auf den Weg machte – ich hatte etliche Einkäufe getätigt und war noch auf dem Friedhof gewesen, um die Großmutter zu besuchen -, kam mir vor der letzten Biegung doch tatsächlich Torkain entgegen. Putzmunter saß er auf seinem Esel und pfiff ein kleines Lied. Seine Glatze leuchtete im Sonnenschein, als er die schwarze Mütze abnahm, um mich zu grüßen.
    „Holá, Mademoiselle Marie! Nanu, heute schon wieder im Tal gewesen? Ich muss schon sagen, fleißig, fleißig!“
    Torkain zwinkerte mir frech zu und ritt pfeifend weiter, ohne eine Antwort abzuwarten. Wußte er nun etwas oder nicht? Wer hätte das sagen können?
    Kurz vor den ersten Häusern hielt ich inne. Ich drehte mich noch einmal um, um zum Bugarach hinüberzusehen, der unverändert tagein und tagaus die Gegend bewachte, der unser Geheimnis kannte und das vieler vor uns - und ich dachte auch darüber nach, wie oft wir vorbildliches Verhalten von anderen erwarten, nur damit unsere eigenen Unzulänglichkeiten nicht auffallen.

19
    „Wenn ich wegginge, ohne mich umzusehen,
    würde ich mich bald aus den Augen verlieren ...“
    Jean Tardieu , Au conditionel

    Die Gerüchte um unser Verhältnis nahmen zu. Man schnitt mich, zog über meine städtischen Kleider her, über den Schmuck, und fragte sich, womit ich mir das alles wohl verdient hätte. Einzig Henriette Nodier – die mir seit einiger Zeit zur Hand ging - gab nichts auf das Gerede der Leute.
    Als Bérenger und ich feststellten, dass der bucklige Jean sich in der Rolle des einzigen Augenzeugen wie ein Held fühlte und noch immer jedem, der es hören wollte oder auch nicht, haargenau ausmalte, was er im Kornfeld gesehen hatte, da knöpfte Bérenger ihn sich vor. Er drohte ihm zwar nicht gerade mit dem Fegefeuer, aber er befahl ihm strengstens zu schweigen.
    „Ich bin dein Beichtvater, und ich habe erst vor einem halben Jahr deine gute Mutter beerdigt, die sich im Grab umdrehen würde, wenn sie von deinen dummen Redereien wüsste“, hatte Bérenger ziemlich heftig erklärt. „O Heiligste Dreifaltigkeit, stell dir nur einmal vor, deine Mutter würde davon erfahren und ...“
    „Meine Mutter hat nie geschimpft mit mir, meine Maman ...“ Jean heulte.
    Das mit der Mutter war eine noch unverheilte Wunde, in die Bérenger wohl mit voller Absicht den Finger gelegt hatte. Ich fühlte eine leichte Übelkeit in mir aufsteigen.
    „Komm, Jean“, hörte ich Bérenger nach einer Weile nun wieder in normalem Tonfall sagen, „jetzt putz dir die Nase und beruhige dich. Hier hast du ein sauberes Tuch.“
    Jean schnäuzte sich heftig.
    „Nimm das, mein Guter“, fuhr Bérenger fort. „Kauf dir in Esperaza neue Kleider, denn das Zeug, das du anhast, fällt dir schon fast vom Leib, und

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