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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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nicht mehr so abwegig zu sein wie noch einen Tag zuvor. Er war sehr nett gewesen. Dennoch, nein, nein - ich wollte ihn nicht haben, ihn nicht und keinen anderen. Nur Bérenger!
    Aber warum war ich dann so unfreundlich, fast abweisend zu ihm?
    „Entschuldige“, sagte ich und versuchte ein Lächeln aufzusetzen. „Ich fühle mich nicht besonders wohl. Ich werde früh zu Bett gehen.“
    „Schon gut“, brummte Bérenger und widmete sich wieder seiner Lektüre.
    Nach einiger Zeit bemerkte ich aber, dass er die Seiten gar nicht umblätterte. Er starrte auf das Buch und wippte ab und an mit dem rechten Fuß.
    In seinen Aufzeichnungen sprach Bérenger selten über seine Gefühle, doch nun ...? War er am Ende eifersüchtig auf seinen Konkurrenten? Hm, gar nicht so übel, dachte ich erfreut. Emma fiel mir ein.
    Vorsichtig schielte ich zu ihm hin, und er merkte es sofort. Wir lachten ein wenig befangen.
    Da klappte er entschlossen das Buch zu und legte es demonstrativ zur Seite.
    „´Liefere dich nicht ganz und nicht ständig dem Tätigsein aus, sondern widme dazwischen der Betrachtung ein Stück von deinem Herzen und von deiner Zeit!´“ zitierte er. „Der Spruch stammt von niemand Geringerem als dem Heiligen Bernhard von Clairvaux, der im Kloster selbstverständlich keine fleißige Haushälterin zur Seite hatte wie ich. Der Ärmste musste alles selbst erledigen, hat sich aber stets die Zeit für geistliche Dinge genommen. Sie waren ihm wichtiger als die mühselige Feldarbeit, auch wenn er und seine Männer deswegen oft Hunger litten. Habe ich dir einmal erzählt, dass sie mitunter Buchenblätter oder ähnliches gegessen haben in ihrer Not ... Jetzt leg schon die dummen Socken beiseite, und setz dich zu mir, Marie!“
    „Was willst du hören, Bérenger“, frage ich ihn, als ich neben ihm saß.
    „Nun, ich will ein wenig von deinem Herzen sehen. Sag mir die Wahrheit! Hast du auf irgendeine Art Gefallen gefunden an Simones Bruder?“
    Ich zögerte für einen Augenblick. Dann sagte ich leise: „Ich liebe dich, das weißt du doch.“
    „Natürlich weiß ich, dass du mich liebst, Marie. Dennoch wirst du dich heute vielleicht gefragt haben, ob es für dich nicht besser wäre, diesen Mann zu heiraten. Er soll auch überaus tüchtig sein, in seinem Beruf. Und man hört keine Klagen bezüglich Frauengeschichten und dergleichen.“
    „Woher willst du das wissen?“
    „Ja – also, ich habe Erkundigungen eingezogen über ihn.“
    „Was hast du?“ fragte ich schockiert.
    „Nun, ich wollte sichergehen. Wenn du dich am Ende Hals über Kopf in diesen Mann verliebt hättest, so müsste ich dich doch ziehen lassen. Schau mich nicht so entsetzt an, Marie! Ungern natürlich, äußerst ungern würde ich dich gehen lassen, ich gestehe es. Niemals jedoch hätte ich dich irgendeiner zwielichtigen Gestalt ausgeliefert. Aber Leclerque ist kein übler Mann.“
    „Bérenger, sag, was soll das Ganze? Willst du mich loswerden?“
    Keine Tränen, nur keine Tränen, sagte ich mir. Doch das Wasser stand mir bereits in den Augen, und ich fühlte eine beklemmende Enge in meinem Hals.
    „Lass mich dir eine Geschichte erzählen, Marie! Ein Gleichnis sozusagen“, sagte Bérenger. „Eine Geschichte über die Liebe und das Loslassen. Schenk uns noch ein Glas von dem Roten ein.“
    Ich tat, was er verlangte. Dann nahm er meine Hände in die seinen und sah mir tief in die Augen.
    „Marie, Liebe bedeutet nicht, dass man den anderen mit seiner Liebe einengt. Liebe heißt zugleich Freiheit, Freiräume zulassen, freizügig sein, jemanden loslassen, wenn es an der Zeit ist. Alles, was festklammert, was besitzen und bestimmen will, das ist nicht Liebe, sondern Eigensucht.“
    Der Mann wurde mir mehr und mehr zu einem Rätsel.
    „Worauf willst du hinaus, Bérenger?“ fragte ich misstrauisch.
    „Die Geschichte, von der ich dir erzählen will, handelt von einer überaus tüchtigen Frau, die ihrem Mann gram war. Er war kein strahlender Held, zu dem man hätte aufsehen können, sondern im Gegenteil ein sogenannter Pantoffelheld. Zeitlebens hatte er ihr nach dem Mund geredet. Eines Tages konnte sie ihn und seine ständige Liebhudelei nicht mehr ertragen. Ihre Abneigung ging sogar so weit, dass sie überlegte, wie sie ihn auf Dauer loswerden könnte. In ihrer Not flößte sie ihm eines Tages einen seltsamen Trank ein, von dem er nicht nur betrunken, sondern auch ein wenig verrückt ward, so dass er nicht mehr klar reden konnte. Darauf ließ sie zwei

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