Marie + Leo = Liebe (German Edition)
allgemein, sondern für Tango im Speziellen
war ein kapitaler Fehler gewesen. Nicht, dass Tango ihm sonderlich viel Arbeit
gemacht hätte. Das Entfernen seiner Geschäfte fiel schließlich in Maries
Aufgabenbereich (Sie wissen schon, der Jäger und Sammler jagt und sammelt,
während das Weibervolk die Höhle in Ordnung hält) und das dreimal tägliche
Füttern war auch nicht gerade aufwendig. Tango fraß übrigens erstaunlich
schnell, besonders für seine Verhältnisse.
Was Leo vielmehr ärgerte, war,
dass sie nun einen Hund hatten, aber nach wie vor so lebten, als hätten sie
keinen. Tango lag von früh bis spät in seinem Körbchen. Er verließ es nur zu
den oben genannten Zwecken.
Auf Maries Drängen hin hatten
Leo und sie zigmal versucht Tango zum Gassigehen zu
animieren. Der Erfolg fiel sehr mäßig aus. Ehrlich gesagt stellte er sich überhaupt
nicht ein. Sobald sie Tango vor dem Haus absetzten, wollte er wieder hinein. Es
war unglaublich, welch eine Kraft so ein Welpe besaß, wenn man ihm etwas Guten
tun wollte. Nachdem sie ihn dann mehrere Meter geschleift hatten, musste Leo
ihn jedes Mal tragen. Er trug seinen
Hund spazieren, verdammt noch mal!
An jedem Baum setzte er ihn ab
und sie schauten begeistert und erwartungsfroh von Tango zum Baum und wieder zu
Tango. Er schnüffelte nicht einmal. Er blieb stehen und funkelte sie mit so viel
Verachtung im Blick an, wie sie Leo noch bei keinem Kriegseinsatz begegnet war.
Marie hatte nach dem vierten
Tag begonnen Panik zu schieben und Leo und Tango zu drei weiteren Tierärzten
geschleppt. Jeder von ihnen bescheinigte Tango ein ausgesprochen sonniges, um
nicht zu sagen teilnahmsloses Gemüt, ansonsten sei er aber „putzmunter“. Das sagte
einer von ihnen wirklich. Leo hatte lachen müssen, auf Maries bösen Blick hin
dann aber einen Hustenanfall vorgetäuscht, der ihm von dem Tierarzt den Rat
eingebracht hatte, umgehend einen Humanmediziner aufzusuchen.
Sie waren auf dem Weg in die Welpenspielstunde . Marie hatte Leo erklärt, das sei eine
Art Krabbelgruppe für Welpen. Daraufhin wollte er zuhause bleiben, Babykram war schließlich nur etwas für Frauen. Doch Marie
hatte nur einmal so gucken müssen, wie sie immer guckte und prompt hatte Leo
sich die Schuhe angezogen und die Autoschlüssel in der Hand.
„Hallo, ich bin die Anne“,
stellte sich zwanzig Minuten später eine Hundetrainerin mit praktischem
Kurzhaarschnitt vor. Das war das einzig positive Adjektiv, mit dem man diese Frisur beschreiben konnte. Sie trug einen
lilafarbenen Fleecepullover und bat die beiden,
pardon, die drei, ihr zu folgen. Dabei trohnte Tango
wie üblich auf Leos Arm und schlief.
Das Trainingsgelände befand
sich mitten in einem Industriegebiet am Stadtrand und bestand aus einer von
einem Maschendrahtzaun umgebenen zehn mal zehn Meter
großen Fläche, auf der wohl ursprünglich mal Rasen gewachsen und die jetzt
voller Schlammpfützen war.
Die Vorstellungsrunde verlief
genau so, wie Leo sich solche Sachen immer vorgestellt hatte.
„Hallo, wir sind die Heike und
der Dirk. Das hier ist Randi, sie ist ein Labi -Münsterländer-Mix
und dreizehn Wochen alt.“
Was war ein Labi -Münsterländer?
Und was für ein Mensch musste man sein, um auf den Tag genau zu wissen, wie alt
sein Hund war?
„Wir sind Corinna und Pascal,
das hier ist unser Cockerspaniel Molly.“
Corinna, Pascal und Molly waren
Leo schon negativ aufgefallen. Corinnas Sohn Pascal trug zu seinem
kurzgeschorenen Haarschopf eine lange Strähne im Nacken, die sich vom Matschigbraun seiner restlichen Haare durch stechendes
Platinblond absetzte. Und Molly wirkte zwar wahrscheinlich irgendwie niedlich
auf Frauen, war aber auf einer weißen Decke hergetragen worden.
„Ich bin die Sandy und der hier
ist mein Boxer Jango .“
Jango bellte. Ich meine, er bellte ununterbrochen. Die ganze
Vorstellungsrunde hindurch und, wie sich später herausstellen sollte, auch
während der gesamten Spielstunde. Außerdem war er ungefähr doppelt so groß wie
die anderen Hunde. Also wuchs er entweder übermäßig schnell oder er war
übermäßig zurückgeblieben. Leo tippte auf Letzteres.
„So, dann lasst eure Hunde mal
von der Leine.“
Leo fragte sich, weshalb sie
Tango überhaupt angeleint hatten. Weglaufen würde er sicher nicht, dachte er.
Doch als Leo ihn auf den Boden setzte, erlebte er sein blaues Wunder.
Wie von der Tarantel gestochen
schoss Tango los. Von der einen Ecke in die gegenüberliegende, hinter allen
anderen her und er
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