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Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Titel: Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lassal
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die eine Seite schmaler zulief, als die andere, und sich leicht ineinander drehte, als hätte man einen Finger in Vanillesoße gesteckt und im Kreis gedreht. Die Ränder der Muschel wölbten sich in vielen kleinen eng anliegenden Wellen. Es war eine sehr komplizierte, aber wunderschöne Form, fast wie eine flache, halb geschmolzene Blume. Das Erstaunlichste aber war das Material. Marie hatte, nach ihrem Hustenanfall, eine weiße Muschel im See gesehen, aber die Muschel, die sie nun in der Hand hielt, wirkte durchsichtig, fast so, als sei sie aus eisigem Glas. Nur wenn die Muschel wirklich durchsichtig gewesen wäre, hätte Marie ihre Hand durch sie sehen müssen und dahinter den Felsen, vor dem sie stand, und den Sand. Aber das war nicht das, was sie durch die Muschel sah. Sie sah Formen und Farben, die woanders hinzugehören schienen — eine Landschaft, ja, aber nicht die Landschaft, in der sie jetzt stand, sondern eine fremde Landschaft. Leicht unscharf, undeutlich … aber eindeutig anders: blaugrüne Wälder … Unterwasserwälder, dachte Marie … Und eingebettet im Material der Muschel waren kleine, sich bewegende Leuchtpunkte. Wie wandernde Sternchen. Oder wie die winzigen Punkte, die die zarten Leuchtmuster der Quallen zauberten, die man nachts in den Wellen sehen konnte. Marie drehte die Muschel leicht zur Seite, und das glasähnliche Material wurde wie Porzellan: weiß, hell und fast ganz undurchsichtig. Die Sterne verschwanden. Marie drehte die Muschel zurück ins Licht und das Material wurde erneut transparent. Wieder markierten die kleinen Leuchtpunkte die Form, wie winzige Landebahnen für Glühwürmchen.
    „Wie schön du bist!”, flüsterte Marie und drehte die Muschel hin und her, um den Wechsel zu bestaunen, den das Licht bewirkte. Sie hielt ihren kostbaren Fund ganz nahe an ihr Gesicht, um sich darin zu spiegeln. Sie sah den Abendhimmel hinter sich und wie ihre Haare in der leichten Brise wehten, die vor wenigen Minuten aufgekommen war. Sie hob die Muschel höher, um den Strand darin sehen zu können und kicherte, als die weißen Leuchtpunkte sich so bewegten, dass sie innerhalb ihres Spiegelbildes blieben. Marie nahm die Muschel näher an ihr Gesicht, um sich die kleinen Leuchtpunkte, die so frei herumtanzten, genauer anzuschauen. Aber es schienen wirklich nur kleine körperlose Lichter zu sein. Sie legte ihren Finger auf die samtig-glatte Oberfläche der Muschelinnenseite und die Lichtpunkte sammelten sich sofort um ihre Fingerspitze, als wollten sie daran hochklettern. Sie waren nicht warm, sie waren kalt, und sie kitzelten ein wenig auf ihrer Haut. Marie lachte laut auf, so fasziniert war sie, und als sie wieder in die Muschel schaute, schloss ihr Spiegelbild die Augen.

Maries Zukunft
    „W ie kann das sein?”, wunderte sich Marie. „Meine Augen sind doch offen!”
    Und wie um sich selbst davon zu überzeugen, blinzelte sie ein paar Mal. Ja, ihre Augen waren offen, und trotzdem hielt ihr Spiegelbild die Augen geschlossen. Dann sah Marie, wie sie auf der Muschel ihren Kopf zur Seite neigte und lächelte. Ihr Spiegelbild streckte anmutig die Arme über den Kopf mit dem hellbraunen Haarknoten und dem Kopfschmuck, der aussah, wie aus kleinen Muscheln und Perlen gemacht, die elegant rund um einen großen, silbernen Stern angeordnet waren.
    Die Marie aus der Muschel schien älter zu sein. Sie trug ein cremefarbenes Tutu, das zart im Licht der untergehenden Sonne glühte, und sie an ihre kostbare Brokatschleife erinnerte. An ihren Füßen schimmerten zierliche Spitzentanzschühchen. Elegant balancierte sie auf ihrem linken Bein, während sie das andere anwinkelte, sodass die Spitze des Tanzschuhs ihre Wade berührte. Dann senkte sie ihren Fuß, tippte die Spitze flüchtig auf dem Boden auf, nur um ihr Bein sogleich in einem eleganten Schwung nach hinten anzuheben. Gleich einem Vogel, der sich in die Luft schwingen wollte, erhob sie ihre Arme zu ihren Seiten und legte ihren Kopf in den Nacken. Aber statt zu fliegen, ergoss sie sich in eine immer schneller werdende Pirouette, die Marie den Atem verschlug, so schön war sie. Marie glaubte, tosenden Applaus zu hören, als ihr Spiegelbild zum Stehen kam. Die Ballerina neigte ihren Kopf und öffnete die Augen. Sie schaute zu Marie, deren Hände leicht zitterten, und lächelte glücklich. Im nächsten Augenblick sah Marie wieder den Strand hinter ihren wehenden Haaren und die Sterne am frühen Abendhimmel, die wie die Leuchtpunkte zu tanzen

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