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Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Titel: Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lassal
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das sein?
    Marie war sich ganz sicher. Kein anderer Felsen weit und breit sah auch nur annähernd so aus wie dieser eine. Sie erkannte ganz genau die Stelle, an der man hochsteigen konnte und den breiten, flachen Vorsprung, auf dem die Meerjungfrau mit ihrem glänzenden Schuppenkleid gestanden hatte. Selbst die umliegenden Felsen stimmten mit ihrer Erinnerung vom Ölbild überein, das der Junge so unglaublich detailreich gemalt hatte.
    „Du bist wirklich ein großartiger Maler geworden”, flüsterte Marie ihm in Gedanken zu, während sie mit leuchtenden Augen aufsprang und in Richtung Felsen lief. Vergessen war die untergehende Sonne, vergessen war die anstehende Flut und vergessen war auch die Warnung der Mutter und das Versprechen, das sie ihr gegeben hatte, nie alleine zum Strand zu gehen.
    Nur zweimal musste Marie kurz anhalten, um zu husten und Luft zu holen. Kurz darauf hatte sie den Felsen erreicht. Dunkel ragte er vor ihr auf. Kleine rostrote Algen und schwarzgrüne Muscheln hatten sich an seine zerklüftete Haut geheftet; sie glänzten in den schmalen Rinnsalen herablaufenden Wassers und erwarteten die nächsten kalten Wellen. Es roch nach salzigem Tang.
    Sie hielt sich mit der Hand an einem Vorsprung fest, während sie behutsam, um ihr Kleidchen zu schonen, die natürlichen Stufen erklomm, die das Meer aus dem Felsen gewaschen hatte. Das ist leichter, als zu Hause die Stufen zu den Schlafzimmern hochzusteigen , dachte sie erfreut. Genau das Richtige für eine kleine Meerjungfrau — und für mich!
    Marie stellte sich auf den obersten Vorsprung des Felsens, wo sie auf dem Ölbild die Meerjungfrau mit dem Welpen hatte stehen sehen, und blickte über das Meer, das sich im Licht der bald untergehenden Sonne rot-orange gefärbt hatte. Im Himmel über ihr funkelten bereits die ersten kleinen Sterne. Das letzte Sonnenlicht ließ ihre Haare erglühen und ihr weißes Kleidchen strahlend aufleuchten.
    Marie schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, sie sei nicht Marie, sondern das junge Mädchen auf dem Bild und ihr Kleid sei nicht weiß, sondern hellgrün und schimmernd mit vielen kleinen glitzernden Schuppen und dass sie gleich mit ihrem braunen Welpen am Strand spielen würde, um dann später im Schein von Glühwürmchen und Leuchtquallen mit dem Wind zu tanzen, bis der nächste Tag anbrach.
    Wie lange sie da gestanden hatte, wusste sie später nicht mehr, nur dass plötzlich ein kalter Windstoß kam und ihre Lungen sich vor Schreck zusammenpressten. Der Hustenanfall, der sie überkam, war stark — so stark, dass sie sich bücken musste, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Als das Schlimmste vorüber war, sie ihre Augen öffnete und sich die Tränen abwischte, sah sie sie: Zwischen der zerklüfteten Seite des schwarzen Felsens, in Richtung Meer und gerade unterhalb der flirrenden Wasseroberfläche lag, halb von einem überhängenden Felsstück verdeckt, eine handgroße Muschel aus weißlich durchsichtigem Perlmutt, in dem sich die ganze Farbenpracht des frühen Abendhimmels spiegelte. Sie sah genau so aus wie die Muschel, die das junge Mädchen auf dem Bild im Haar gehabt hatte. Sie war so gut versteckt, dass Marie sie nur hatte entdecken können, weil sie sich dort oben auf dem Felsen wegen ihres Hustens nach vorne gebückt hatte — wäre sie unten am Felsen vorbei gelaufen, hätte sie die Muschel nicht gesehen. Marie hielt vor Aufregung die Luft an und kletterte den Felsen hinunter.
    Das war nicht leicht. Sobald sie unten stand, war die Stelle, wo die Muschel lag, vom umliegenden Felsen verdeckt und nicht mehr zu sehen. Vorsichtig, um ihr Kleidchen nicht an dem rauen Felsen zu verletzen, tastete sie sich mit der Hand voran und hoffte sehr, dass die Muschel nicht von Meeresigeln bewacht wurde.
    „Unsinn!”, murmelte sie laut. Sie hatte von oben keine Meeresigel gesehen.
    Und dann plötzlich berührten ihre Finger eine glatte abgerundete Fläche, die sich mehr nach Samt anfühlte, als nach einer harten Muschelschale. Und dennoch wusste Marie sofort, dass es die Muschel sein musste.
    Vorsichtig umgriff sie die dünne Schale und hob sie aus dem Wasser zu sich hinunter. Die Muschel fühlte sich kalt an, sehr viel kälter als das Wasser, in dem sie gelegen hatte, als sei sie aus Eis und nicht aus Kalk. Als Marie sie endlich in ihrer Hand sah, stockte ihr der Atem: Die Muschel fühlte sich nicht nur an, wie aus Eis, sie sah auch aus, als sei sie aus Eis. Und doch wieder nicht. Sie war oval, wobei

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