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Marina.

Marina.

Titel: Marina. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Erde. Dunstschwaden tanzten in Spiralen zur Glaskuppel empor. Die Kondensation schwitzte unsichtbare Tropfen in die Dunkelheit. Jenseits meines Gesichtsfeldes pulsierte ein seltsames Geräusch, ein metallisches Wispern wie von einer sich bewegenden Jalousie.
    Es war feuchtwarm, die Kleider klebten mir am Leib, und die Stirn bedeckte sich mit einem Schweißfilm. Ich wandte mich zu Marina um und sah im schwachen Licht, dass es ihr nicht anders ging. Das übernatürliche Wispern bewegte sich im Schatten; es schien von überall herzukommen.
    »Was ist das?«, flüsterte Marina mit angstgetönter Stimme.
    Ich zuckte die Schultern. Wir drangen weiter ins Gewächshaus ein. An einer Stelle, wo das Licht in einem Nadelbündel von der Decke fiel, blieben wir stehen. Marina wollte eben etwas sagen, als erneut das unheilvolle Wispern zu vernehmen war. Ganz nahe. Näher als zwei Meter. Direkt über unseren Köpfen. Stumm wechselten wir einen Blick und schauten dann langsam in die Schatten an der Decke hinauf. Ich spürte Marinas Hand kräftig um die meine. Sie zitterte. Wir zitterten.
    Wir waren umzingelt. In der Leere hingen mehrere Silhouetten. Ich konnte ein Dutzend erkennen, vielleicht auch mehr. Beine, Arme, Hände und Augen, die im Dunkeln leuchteten. Wie Höllenmarionetten schwebten eine Menge lebloser Körper über uns. Wenn sie einander berührten, erzeugten sie dieses metallische Murmeln. Wir taten einen Schritt zurück, und ehe wir recht merkten, was passierte, blieb Marina mit dem Knöchel an einem Hebel hängen. Dieser gab nach. In einer Zehntelsekunde sauste die Armee eingefrorener Figuren herab. Ich stürzte mich auf Marina, um sie zu schützen, und wir fielen beide auf die Nase. Ich hörte das Echo einer heftigen Erschütterung und das Brausen der alten Glasstruktur, die erzitterte. Ich fürchtete, die Glasplatten könnten in einen Regen durchsichtiger Messer zerspringen, die uns auf dem Boden festspießten. In diesem Augenblick spürte ich eine kalte Berührung im Nacken. Finger.
    Ich öffnete die Augen. Ein Gesicht lächelte mir zu. Glänzende gelbe Augen leuchteten leblos. Glasaugen in einem Gesicht aus lackiertem Holz. Und jetzt hörte ich neben mir einen erstickten Schrei von Marina.
    »Es sind Puppen«, sagte ich, fast ohne Atem.
    Wir standen auf, um zu sehen, was das wirklich für Geschöpfe waren. Marionetten. Figuren aus Holz, Metall und Keramik, die an tausend Seilen an einer Bühnenmaschinerie hingen. Der Hebel, den Marina ungewollt betätigt hatte, hatte den Rollenmechanismus in Gang gesetzt, an dem sie hingen. Drei Handbreit über dem Boden waren sie zum Stillstand gekommen. Jetzt baumelten sie in einem makabren Erhängtenballett.
    »Was zum Teufel …?«, rief Marina.
    Ich studierte die Gruppe Puppen. Da gab es eine Figur, die als Zauberer verkleidet war, einen Polizisten, eine Balletttänzerin, eine vornehme Dame in Granatrot, einen Jahrmarktsherkules … Alle waren im Maßstab 1:1 konstruiert und wie für einen Ball verkleidet, doch die Zeit hatte die festlichen Gewänder zu Lumpen gemacht. Etwas an ihnen war allen gemeinsam, eine seltsame Eigenschaft, die ihren identischen Ursprung verriet.
    »Sie sind unvollendet«, sagte ich.
    Marina sah sofort, was ich meinte. Jedem dieser Wesen fehlte etwas. Der Polizist hatte keine Arme. Die Balletttänzerin hatte keine Augen, nur zwei leere Höhlen. Der Magier hatte keinen Mund und keine Hände … Wir betrachteten die Figuren, die sich im gespenstischen Licht wiegten. Marina trat zu der Tänzerin, schaute sie genau an und deutete auf ein kleines Mal auf der Stirn, direkt unter dem Haaransatz. Wieder der schwarze Schmetterling. Sie streckte die Hand aus und berührte die Haare der Puppe. Jäh zuckte sie zurück und verzog angeekelt das Gesicht.
    »Es ist … richtiges Haar«, sagte sie.
    »Unmöglich.«
    Wir untersuchten jede einzelne Marionette und fanden bei allen das gleiche Mal. Wieder betätigte ich den Hebel, und das Rollensystem zog die Körper in die Höhe. Als ich sie so auffahren sah, leblos, kamen sie mir vor wie mechanische Seelen, die sich zu ihrem Schöpfer gesellten.
    »Da gibt es offenbar was«, sagte Marina hinter mir.
    Ich wandte mich um und sah sie in eine Ecke des Gewächshauses deuten, wo ein alter, von einer dünnen Staubschicht überzogener Schreibtisch zu erkennen war. Eine Spinne krabbelte davon und hinterließ eine Spur winziger Abdrücke. Ich kniete nieder und blies den Staub weg, so dass er in einer grauen Wolke aufstieg. Auf

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