Marionetten
Dabeisein wie du, Günther«, betonte Axelrod.
»Mehr, so wie’s aussieht.«
»Du hast dein Mädel, um das du dich sorgst, er hat seinen Bankier.«
Aber diese Erklärung wollte Bachmann nicht einleuchten. Gut, Lantern zog Brues Strippen. Aber mußte er deshalb parat stehen, um bei ihm Händchen zu halten und ihm zu soufflieren, falls er patzte? Das einzige, was ihm aus Bachmanns Sicht zu tun blieb, war es, Brue einzusammeln, sobald das Treffen beendet war, ihm den Schweiß von der Stirn zu wischen, sich von ihm Bericht erstatten zu lassen und ihm zu sagen, wie großartig er gewesen war. Wofür er nicht hundert Meter vor der Bank herumzuhängen brauchte wie ein schwangerer Vater vor dem Kreißsaal. Und wer zum Henker war sein Beifahrer? Wie kam er oder sie ins Spiel?
Aber Axelrod war nicht mehr in der Leitung, und Maximilian hob den Arm. Fuad, der pensionierte Bauingenieur, hatte MEILENSTEIN vor Brues Bank abgesetzt.
15
Oben in Tommy Brues Privatbüro machten sich seine liebevollen Vorbereitungen endlich bezahlt. Unsere hochgeschätzte Dolmetscherin, wie er sie beharrlich nannte, saß jetzt wie vorgesehen im Sessel seines Großvaters und damit im Zentrum des Geschehens. Kerzengerade thronte sie in den Polstern, genau wie er es sich vorgestellt hatte. Zu ihrer Linken hatte Issa Platz genommen und zu ihrer Rechten, Brue an seinem Schreibtisch direkt gegenüber, Dr. Abdullah. Bei seinem Anblick schien Issa abermals ein anderer geworden: schüchtern, verwirrt und zusätzlich verunsichert, weil er sich mit seinem neuen Mentor in keiner gemeinsamen Sprache verständigen konnte. Dr. Abdullah hatte ihn zuerst auf arabisch begrüßt, dann rasch hintereinander auf französisch, englisch und deutsch. Sogar ein paar Brocken Tschetschenisch hatte er für Issa hervorgekramt, worauf dieser einen Moment lang aufgeblüht war, nur um dann, als der kurze Redefluß versiegte, betreten zu Boden zu blicken.
Doch auch Dr. Abdullah war in Brues Augen nicht mehr derselbe wie am Vortag. Nervös, wie er war, hatte er nicht damit gerechnet, daß Abdullah noch nervöser sein könnte. Noch während er mit ausgebreiteten Armen auf Issa zuging, schien er unschlüssig, ob er ihn in arabischer Manier umarmen sollte oder nicht. Seine Ansprache, die er auf deutsch hielt und sich von Annabel übersetzen ließ, drückte zwar eine zurückhaltende Hochachtung aus, aber vor allen Dingen klang sie forschend.
»Unser werter Freund Mr. Brue lehnt es zu Recht ab, mir Ihren wahren Namen zu verraten, mein Herr. Das ist gut so.
Sie sind Mr. X, und ich darf nicht wissen, woher Sie kommen. Aber Sie und ich, wir brauchen keine Geheimnisse voreinander zu haben. Ich habe meine Quellen. Sie ebenfalls, sonst hätten Sie mir nicht Ihren englischen Bankier geschickt, damit er mich überprüft. Nun, was Sie über mich gehört haben, ist wahr, Bruder Issa. Mehr als alles andere bin ich ein Mann des Friedens. Das heißt nicht, daß ich unseren großen Kampf nicht unterstütze. Ich bin kein Freund der Gewalt, aber ich achte die, die vom Schlachtfeld zu uns zurückkehren. Sie haben den Pulverdampf gesehen. Genau wie ich. Sie wurden für Gott und den Propheten gefoltert. Man hat sie geschlagen und eingesperrt, genau wie mich, doch man hat sie nicht gebrochen. Sie sind nicht die Urheber der Gewalt. Sie sind ihre Opfer.«
Während er auf Issas Antwort wartete, musterte er ihn mit anteilnehmender Neugier, sichtlich gespannt auf die Wirkung seiner Ausführungen. Doch nachdem Issa sich Annabels Übersetzung angehört hatte, verneigte er sich nur.
»Deshalb muß ich Ihnen Glauben schenken«, fuhr Abdullah fort. »Es ist meine Pflicht vor Gott. Wenn Gott uns solche Reichtümer schenken will, wie käme ich, SEIN armer Diener, dazu, sie zurückzuweisen?«
Aber dann, genau wie gestern bei Brue, wurde sein Ton plötzlich scharf.
»Deshalb sagen Sie mir, mein Bruder, seien Sie so gut: Welcher Großherzigkeit Allahs, welchem findigen Schachzug ist es zu verdanken, daß Sie sich in diesem Land auf freiem Fuß befinden? Wie kann es sein, daß wir hier mit Ihnen zusammensitzen, mit Ihnen reden und Sie anfassen können, obwohl Ihnen doch, wenn mich das Internet und meine anderen Quellen recht informiert haben, die Polizei der halben Welt nachstellt?«
Issa sah Annabel an, während sie für ihn übersetzte, dann drehte er sich wieder Dr. Abdullah zu, und Annabel gab die Antwort, die ihr, so vermutete Brue, von ihren Aufpassern in den Mund gelegt worden war:
»Die Situation
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