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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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besser kennen als Foreman sie. Wenn, dann hatte er wenig darauf gegeben. Networking nannte sich so etwas heutzutage. Daran war nichts Anrüchiges. Irgendwann hatte er angeregt, daß sie allmählich zum geschäftlichen Teil übergehen sollten, auch wenn es seinen Gastgebern damit nicht zu eilen schien. Und er hatte sein Standardsprüchlein über die Integrität und Seriosität von Brue Frères aufgesagt und die obligatorischen Mutmaßungen darüber angestellt, ob die Hypothekenkrise die Wall Street nicht langsam doch aus dem Tritt brachte (Frères hatte sich an dieser Front ja gottlob sehr zurückgehalten!) und ob die steigenden Rohstoffpreise zu einem globalen Run auf die Soft Assets führen würden und ob der Asien-Hype wieder aufflackern würde oder sich erledigt hatte und ob der Boom der chinesischen Wirtschaft zur Folge hatte, daß wir uns unsere billigen Arbeitskräfte in Zukunft anderswo würden suchen müssen – Themen, in denen Brue dank seiner diversen Finanzzeitschriften leidlich versiert war, aber die ihn im Grunde kaltließen, ein Umstand, der es ihm ermöglichte, sich weiteren Spekulationen über Annabel Richter hinzugeben, ohne daß seine Zuhörerschaft darunter leiden mußte.
    Und dann war es plötzlich um die Araber gegangen. Welcher der beiden das Gespräch auf sie gebracht hatte, konnte Brue nicht mehr rekonstruieren. War es Ted, der sich zu erinnern glaubte, daß sich Brues Vater als einer der ersten britischen Bankiers nach dem Schlamassel ’56 wieder um die verstimmten arabischen Investoren bemüht hatte – oder doch Ian? Egal, einer warf den Ball ins Spiel, der andere kickte ihn weiter. Und ja, es stimmte, räumte Brue vorsichtig ein, ohne freilich Namen zu nennen: ein oder zwei unbedeutendere Mitglieder der saudischen und kuwaitischen Herrscherfamilien besaßen Konten bei Frères, auch wenn Brue selbst, dessen Herz doch mehr für Europa schlug, seines Vaters Begeisterung für diesen Markt nie so ganz hatte teilen können.
    »Aber keine Dissonanzen?« erkundigte sich Foreman besorgt. »Kein böses Blut oder dergleichen?«
    Lieber Himmel, nein, Gott bewahre, erwiderte Brue. Alles bestens. Ein paar waren gestorben, ein paar waren weggezogen und ein paar geblieben. Nur trugen reiche Araber ihr Geld eben bevorzugt dahin, wo auch andere reiche Araber ihr Geld hintrugen, und ein goldener Schirm dieser Größenordnung überstieg die Kapazitäten von Brue Frères denn doch.
    Zu dem Zeitpunkt schien ihnen seine Antwort zu genügen. Dennoch kam es ihm hinterher vor, als hätte die Frage schon eine ganze Weile auf ihrer Liste gestanden und sie hätten sie künstlich in die Unterhaltung eingebaut. Und vielleicht war es dieses unterschwellige Bewußtsein, das ihn dazu veranlaßte, den Spieß, wenn auch verspätet, umzudrehen.
    »Nun aber mal zu Ihnen beiden! Sie kennen unseren Ruf, sonst säßen wir jetzt nicht beisammen. Womit können wir Ihnen dienen? Oder wie wir es gern ausdrücken: Was können wir für Sie tun, was die Großen nicht können?« – denn ohne meine Scheißbank wärt ihr ja nicht hier!
    Foreman hörte auf zu essen und tupfte sich mit der Serviette die Lippen. Mit hilfesuchendem Blick sah er von einem leeren Tisch zum anderen und dann auf Lantern, der nicht den Eindruck machte, als habe er etwas gehört. Mit seinen tadellos gepflegten Jockey-Händen nahm er einen chirurgischen Eingriff an seinem Wolfsbarsch vor: Haut auf der einen Tellerseite, Gräten auf der anderen und in der Mitte eine kleine, langsam anwachsende Fleischpyramide.
    »Würde es Ihnen sehr viel ausmachen, das Ding ein Momentchen abzuschalten?« fragte Foreman gedämpft. »Ich werde ganz kribbelig von dem Anblick.«
    Brue begriff, daß Foreman das Handy meinte, das er neben sich liegen hatte, falls wider Erwarten Annabel anrief. Nach ein paar Sekunden der Verwirrung machte er es aus und ließ es in seiner Tasche verschwinden, worauf Foreman sich über den Tisch zu ihm herüberbeugte.
    »Jetzt schnallen Sie sich mal kurz an und hören mir zu«, raunte er in weichem Verschwörertonfall. »Wir sind vom britischen Geheimdienst, ja? Spione. Ian hier ist bei der Botschaft in Berlin, ich sitze in London. Unsere Namen sind koscher. Wenn sie Ihnen nicht schmecken, fragen Sie bei Ians Botschafter nach. Mein Gebiet ist Rußland – seit achtundzwanzig Jahren schon, ich darf gar nicht dran denken! Daher kannte ich auch Ihren verehrten Vater Edward Amadeus. Findlay, so hieß ich für ihn damals. Vielleicht hat er mich ja gelegentlich

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