Marionetten
ich Ihnen Ian Lantern vorstellen, meinen Partner und Spießgesellen? Wir dürfen doch Tommy zu Ihnen sagen? Ich muß gestehen, ich bin auch ein Edward, wie Ihr lieber Herr Papa. Kurz Ted allerdings. Das hätte er sich ja nie bieten lassen, stimmt’s? Für ihn mußte es Edward sein oder gar nichts.«
»Zur größten Not ging auch Sir«, konterte Brue zur allseitigen Erheiterung.
Fiel ihm das Besitzergreifende an der Art auf, wie Foreman da auf seinen Vater anspielte? Wenigstens im tiefsten Winkel seines Innern, da, wo Tommy Brue nie aus dem Lot geriet – das hieß, bis zum letzten Freitag nie? Wenn, dann zumindest nicht bewußt. Edward Amadeus, O. B. E., war bereits zu Lebzeiten eine Legende gewesen, und er war es bis heute. Daß Fremde von ihm sprachen, als würden sie ihn kennen, war für Brue nichts Neues, und er nahm es als Kompliment.
Sein erster Eindruck von Lantern war nicht minder positiv. Junge Engländer wie ihn (auch wenn Brues Erfahrungen mit dieser Spezies recht begrenzt waren] traf man heutzutage selten. Er war klein und gepflegt, in einem adretten anthrazitfarbenen Anzug mit abfallenden Schultern und nur einem Knopf am Jackett: ganz der aufstrebende Geschäftsmann jener Tage, als Brue selber einer gewesen war. Sein hellbraunes Haar war militärisch kurz geschoren. Er redete leise und bedächtig, und seine Verbindlichkeit suchte ihresgleichen. Aber wie Foreman strahlte auch er eine Selbstsicherheit aus, die klarstellte, daß er nach niemandes Pfeife tanzte. Und sein Akzent – ein klassenloser Akzent, wie Brue das inzwischen zu nennen gelernt hatte – rief sofort den Demokraten in ihm wach.
»Wirklich fabelhaft von Ihnen, daß Sie an uns denken, Ian«, sagte er herzlich, um die Kluft gleich zu überbrücken. »Wir Privatbankiers fühlen uns ja oft ein bißchen außen vor dieser Tage, wo so viele Große die Muskeln spielen lassen.«
»Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen, Tommy, das meine ich ganz ernst«, versicherte Lantern und drückte Brues Hand sportsmännisch ein zweites Mal, als könnte er es nicht über sich bringen, sie loszulassen. »Wir haben so viele Loblieder auf Sie gehört, nicht wahr, Ted? Nicht eine abweichende Meinung.«
»Kein Pieps«, bestätigte Foreman neckisch, worauf sie sich setzten und Mario mit einem riesigen Wolfsbarsch herbeigeeilt kam, von dem er beteuerte, daß er eigens ihnen zu Ehren gefangen worden sei, und den er ihnen, darüber wurden sie sich nach einigem scherzhaften Hin und Her einig, im Salzmantel backen sollte. Und um die Wartezeit zu verkürzen, was eignete sich da besser als ein paar Jakobsmuscheln in Knoblauchsauce?
Brue sei selbstverständlich ihr Gast, versicherten sie.
Kommt gar nicht in Frage, protestierte Brue. Der Bankier bezahlt immer.
Aber er wurde überstimmt. Zumal es ja ihre Idee gewesen war. Also spielte Brue mit: lehnte sich zurück und ließ sich von den Herren Foreman und Lantern verwöhnen, die im Zweifel genauso darauf aus waren, ihn zu schröpfen, wie die meisten seiner Geschäftspartner. Sollten sie es nur versuchen! Wenn sie Raubtiere waren, dann doch immerhin kultivierte Raubtiere, was sich weiß Gott nicht von allen behaupten ließ. Nach einem grauenhaften Wochenende ohne ein Lebenszeichen von Annabel, gefolgt von dem befremdlichen Nichtgespräch mit Frau Elli, waren seine Ansprüche nicht eben hoch.
Und er mochte Briten, verdammt. Sein Exil nährte in ihm eine nostalgische Sehnsucht nach dem Land seiner Geburt. Acht trübe Jahre in einem schottischen Internat hatten eine Leere in ihm hinterlassen, die kein noch so feudales Leben im Ausland ausfüllen konnte: sicher mit ein Grund, weshalb er sich auf Anhieb so prächtig mit Foreman verstand, während der kleine Lantern, einem respektvollen Cupido gleich, sein verzücktes Lächeln bald auf den einen richtete, bald auf den anderen.
»Tja, Ian rührt das Zeug nicht an«, erklärte Foreman entschuldigend, als sein Gefährte keine Miene machte, von dem Wein, den Mario ihm eingeschenkt hatte, zu kosten. »Das ist die neue Generation. Nicht wie wir alten Knacker. Prost! Auf uns alte Knacker!«
Und auf Annabel Richter, die es sich herausnimmt, durch meinen Kopf zu radeln, wann immer ihr danach ist.
* * *
Hinterher zermarterte Brue sich das Hirn, worüber sie nur so lange geredet hatten, bevor die Bombe platzte. Sie hatten über gemeinsame Londoner Freunde gesprochen, und vielleicht, aber nicht gewiß, war es Brue so vorgekommen, als würden die gemeinsamen Freunde Foreman
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