Marissa Blumenthal 01 - Virus
Medica-Hospital.«
»Aber diese Einschätzung ignoriert die bekannte Inkubationszeit für hämorrhagisches Fieber.«
»Ich weiß, daß es diesbezüglich noch Probleme gibt«, gab Dubchek müde zu, »aber im Augenblick ist das unsere offizielle Position. Ich will Sie nicht daran hindern, der Idee einer Ansteckung durch Nahrungsmittel nachzugehen, aber hören Sie um Himmels willen auf, darüber zu reden. Denken Sie doch bitte daran, daß Sie als Amtsperson hier sind. Ich möchte nicht, daß Sie Ihre persönliche Meinung irgend jemandem mitteilen, insbesondere nicht der Presse. Haben wir uns verstanden?«
Marissa nickte.
»Und dann gibt es noch einiges, um das ich Sie bitten muß. Nehmen Sie Kontakt mit dem staatlichen Gesundheitsbeauftragten auf und bitten Sie ihn um Beschlagnahme der sterblichen Überreste einiger Opfer. Wir brauchen ein paar großformatige Proben, die eingefroren und nach Atlanta geschickt werden müssen.«
Marissa nickte wiederum. Dubchek war schon in der Tür, als er innehielt, sich umdrehte und etwas freundlicher zu ihr sagte: »Es wird Sie interessieren, daß Tad Schockley inzwischen damit begonnen hat, die Ebola-Viren von den drei Ausbrüchen der Krankheit in Los Angeles, St. Louis und Phoenix zu vergleichen. Seine ersten Untersuchungen scheinen zu bestätigen, daß alle vom selben Stamm sind. Das unterstützt die Annahme, daß die drei Ausbrüche miteinander in Verbindung stehen.« Er schenkte Marissa noch ein kurzes, selbstzufriedenes Lächeln und verließ dann den Raum.
Marissa schloß die Augen und dachte darüber nach, was sie jetzt tun könne. Leider war nichts von dem unseligen Vanillepudding übriggeblieben. Das hätte die Dinge allzusehr vereinfacht.
Sie entschied sich also dafür, vom gesamten Küchen- und Kantinenpersonal Blutproben für die Untersuchung auf Ebola-Antikörper zu entnehmen. Außerdem entschloß sie sich, von allen Bestandteilen, die für den Vanillepudding verwendet worden waren, Proben an Tad zu schicken mit der dringenden Bitte, sie auf eine mögliche Verseuchung hin zu untersuchen. Aber eine innere Stimme sagte ihr gleich, daß die Untersuchung dieser Bestandteile nichts Neues bringen würde, auch wenn tatsächlich ein Zusammenhang mit diesem Vanillepudding bestünde. Es war ja bekannt, daß der Virus außerordentlich hitzeanfällig war, so daß er eigentlich erst dann in den Vanillepudding geraten sein konnte, als dieser schon gekocht und entsprechend abgekühlt war. Aber wie hätte das geschehen können? Marissa starrte auf den Papierstoß, der vor ihr lag. Die fehlende Spur mußte irgendwo darin versteckt sein. Wenn sie nur ein bißchen mehr Erfahrung gehabt hätte, dann hätte sie sie entdecken müssen.
KAPITEL 8
16. Mai
Es war knapp einen Monat später, und Marissa saß wieder in ihrem kleinen Büro im Seuchenkontrollzentrum in Atlanta. Die Epidemie in Phoenix hatte eingedämmt werden können, und es war ihr, Dubchek und den anderen CDC-Ärzten in der Klinik dort schließlich erlaubt worden, abzureisen. Aber endgültige Antworten darauf, wodurch der Ausbruch der Krankheit verursacht worden war oder wie sich ein erneutes Auftreten verhindern ließe, hatten sie wieder nicht gefunden.
Nachdem die Krankheit niedergerungen worden war, hatte es Marissa gedrängt, zu ihrer Arbeit am Seuchenkontrollzentrum zurückzukehren. Und dennoch war sie jetzt nach ihrer Rückkehr nicht glücklich. Mit Tränen in den Augen, die durch eine Mischung aus Entmutigung und Wut veranlaßt waren, blickte sie auf eine Aktennotiz hinunter, welche mit den Worten begann: »Ich bedaure Ihnen mitteilen zu müssen…« Erneut hatte Dubchek ihr Gesuch um Zulassung zum Hochsicherheitslabor abgelehnt, trotz ihrer unermüdlichen Bemühungen, ihre diesbezüglichen Fertigkeiten im Umgang mit Viren und Gewebekulturen zu verbessern. Dieses Mal fühlte sie sich wirklich entmutigt. Sie war weiterhin überzeugt davon, daß der Ausbruch der Krankheit in Phoenix mit dem Vanillepudding etwas zu tun haben müsse, und sie wünschte sich verzweifelt, ihre Ansicht zu beweisen durch den Einsatz entsprechender Kulturen. Sie war sich sicher, daß sie, wenn sie erst einmal der Übertragungsweise des Virus auf die Spur gekommen sei, auch eine Theorie darüber entwickeln könne, woher er bei seinem ersten Auftreten gekommen war.
Marissa blickte auf die großen Papierbögen hinunter, auf denen sie den Weg der Ebola-Viren von einer Generation zur anderen während der drei Ausbrüche in den
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