Marissa Blumenthal 02 - Trauma
Marissa, du reagierst zu heftig. Du hast einen gewaltigen Schock erlitten. Wäre es da nicht besser, wenn du dich in eine Maschine setzt und nach Haus kommst?«
»Ich bin der Meinung, ich muß noch hier bleiben.«
»Aber ich kann nicht nach Australien kommen«, sagte Robert. »Ich habe dir doch gesagt, das Geschäft…«
Obgleich Marissa klar war, daß sie falsch handelte, legte sie auf, bevor er den Satz zu Ende führen konnte. Plötzlich fiel ihr ein, daß er doch etwas für sie tun konnte. Sie griff erneut zum Hörer und rief Robert abermals an.
»Ich bin froh, daß du noch einmal angerufen hast«, sagte Robert.
»Ich hoffe, daß du jetzt vernünftig geworden bist.«
»Ich möchte, daß du etwas für mich in Erfahrung bringst«, sagte Marissa, ohne auf seine Bemerkung einzugehen. »Ich will wissen, ob es irgendeine geschäftliche Verbindung zwischen der Frauenklinik in den Staaten und Female Care Australia gibt.«
»Das kann ich morgen vormittag nachprüfen«, sagte Robert.
»Ich möchte aber, daß du es gleich jetzt machst«, sagte Marissa. Sie wußte, daß Roberts Computer mit verschiedenen geschäftlichen Datenbanken verbunden war.
»Wenn ich das mache«, sagte Robert, »kommst du dann nach Haus und bittest mich nicht mehr, nach Australien zu fliegen?«
»Ich bitte dich nicht mehr, nach Australien zu kommen«, sagte Marissa.
»Gib mir deine Nummer! Ich rufe zurück.«
Fünf Minuten später läutete Marissas Apparat. Robert hatte sich mehr beeilt, als sie angenommen hatte.
»Du hast richtig geraten«, sagte Robert. »Sie sind miteinander liiert. Die Frauenklinik, Inc. und Female Care Australia Limited werden von einer australischen Holdingfirma kontrolliert, die sich Fertility Limited nennt. Ich habe das eben gelesen, auf der Rückseite eines Berichts über Besitzverhältnisse der Frauenklinik.«
»Wie kommst du denn an einen solchen Bericht über die Frauenklinik?« fragte Marissa. »Ich dachte, es wäre eine private Gesellschaft.«
»Sie haben vor einigen Jahren ein großes Aktienpaket auf den Markt geworfen, um ihre Expansion in den USA zu finanzieren«, erklärte Robert. »Es war eine gute Anlage. Ich bin sehr zufrieden damit.«
»Du besitzt Anteile an der Frauenklinik?« fragte Marissa.
»Aber sicher«, sagte Robert. »Ich habe ihn an der Börse von Sidney gekauft.«
»Verkauf sie wieder!« schrie Marissa.
Robert lachte. »Wir wollen doch an geschäftliche Dinge nicht mit Emotionen herangehen. Ich sehe voraus, daß beide Pakete in Zukunft gesplittet werden.«
»Ich glaube, daß bei diesen beiden Gesellschaften ernsthaft etwas nicht stimmt«, sagte Marissa ungestüm. »Ich weiß zwar noch nicht, worauf sie abzielen, aber es könnte mit diesen Fällen von tuberkulöser Eileiterinfektion im Zusammenhang stehen.«
»Sag bloß, du hast schon wieder deinen Kreuzzug aufgenommen!«
jammerte Robert.
»Du sollst ja nur deine Anteile verkaufen«, sagte Marissa.
»Ich werde deine Anregung in Erwägung ziehen«, antwortete Robert ausweichend.
Marissa warf den Hörer hin und schnitt damit Robert das Wort ab. Zorn hatte nun fast völlig ihre Trauer um Wendy verdrängt. Sie sagte sich zwar, daß ihr Sinneswandel etwas mit ihrem hormonbedingten überempfindlichen Gemütszustand zu tun haben könnte, aber das war ihr jetzt gleichgültig. Statt in Depressionen zu verfallen, wollte sie handeln. Sie nahm den Hörer wieder ab und rief den Königlichen Dienst der Fliegenden Ärzte in Charleville an.
»Ja«, sagte die Frau am anderen Ende der Leitung, »Dr. Tristan Williams ist bei uns. Doch im Augenblick befindet er sich auf weit abgelegenen Rinderstationen. Er kommt erst in einigen Tagen wieder zurück.«
»Hat er ein festes Programm?« fragte Marissa.
»Allerdings«, sagte die Frau. »Falls sich keine Notfälle ergeben. Unsere Ärzte haben alle ein festes Programm, wenn sie sich auf ihre Tour ins Outback begeben.«
»Könnten Sie mir sagen, wo er übermorgen sein wird?« fragte Marissa, in der Annahme, daß sie bis dahin zur Stelle sein könnte, auch wenn es weit entfernt wäre.
»Bleiben Sie am Apparat!« sagte die Frau. Es dauerte mehrere Minuten, bis sie zurückkam. Dann sagte sie: »Übermorgen wird er in der Nähe der Stadt Windorah sein. Er muß eine Visite in der Wilmington-Station machen.«
»Hat Windorah einen öffentlichen Flugplatz?« fragte Marissa.
Die Frau lachte. »Nein, nicht direkt. Es führt nicht mal eine asphaltierte Straße hin.«
Als nächstes rief Marissa den Flugplatz
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