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Marissa Blumenthal 02 - Trauma

Titel: Marissa Blumenthal 02 - Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Sie war überrascht und gleichzeitig erleichtert, daß Gustave die schreckliche Nachricht so gefaßt aufnahm. Wahrscheinlich half ihm jetzt die anerzogene objektive Anschauungsweise des Chirurgen. Der wirkliche Schmerz würde erst einsetzen, wenn er mit sich allein war.
    »Es muß ein schrecklicher Schock für Sie gewesen sein«, sagte Gustave. »Kommen Sie zurecht?«
    »Werde es schon schaffen«, sagte Marissa.
    »Marissa, ich danke Ihnen, daß Sie mich angerufen haben. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Sachen an mich schickten. Mit den australischen Behörden setze ich mich in Verbindung. Ich mache jetzt lieber Schluß. Auf Wiedersehen.«
    In der Leitung klickte es, und Marissa legte den Hörer langsam auf die Gabel. Ihr war so weh ums Herz, wie es Gustave jetzt sein mußte. Sie ließ sich aufs Bett zurückfallen, legte die Hände vors Gesicht und schluchzte, bis sie sich ausgeweint hatte. Noch immer hielt sie das Gesicht mit den Händen bedeckt. Allmählich aber wich ihre
    Trauer einem Gefühl des Ärgers, ja, des Zorns.
    Jetzt war sie nicht mehr zufrieden, daß Gustave sich so gefaßt gezeigt hatte. Es verstimmte sie. Als sie sich das Gespräch noch einmal durch den Kopf gehen ließ, wurde sie auf Gustave wütend. Wie kalt und abweisend er sich angehört hatte! Als ob sie ihm von einer Patientin berichtet hätte und nicht von der eigenen Frau. Plötzlich fragte sie sich, ob die Eheprobleme, die sich aus der Behandlung der Unfruchtbarkeit ergeben hatten, so ernst geworden waren, daß Wendys vorzeitiger Tod für Gustave in gewissem Maße eine Erleichterung bedeuten könnte.
    Marissa stand auf und ging ans Fenster. Das Meer glänzte im Schein der späten Abendsonne. Es war kaum zu fassen, daß Wendy inmitten dieser heiteren Landschaft einem so brutalen Geschick zum Opfer gefallen war. Sie fragte, was ihr selber wohl zugestoßen wäre, wenn Übelkeit und Erschöpfung sie nicht genötigt hätten, zum Boot zurückzuschwimmen. Vielleicht wäre sie dann jetzt auch tot. Vielleicht war das die Absicht gewesen: sie beide loszuwerden.
    Marissas Kehle wurde trocken. Sie schluckte schwer. Dies waren gefährliche, vielleicht sogar irre Gedankengänge. Sie erinnerte sich wieder der gewalttätigen chinesischen Wachmänner in der Frauenklinik. War es möglich, daß da irgendeine Beziehung zu dem finsteren Chinesen an Bord der Oz bestand? Ja, vielleicht gab es sogar eine Verbindung zwischen der Frauenklinik in den Staaten und dem FCA in Australien.
    Sie ging auf den Balkon hinaus und ließ sich auf der Chaiselongue nieder. Es war ein schwerer Schlag für sie, daß Wendy für nichts und wieder nichts sterben mußte. Wie konnte sie da die Sache einfach auf sich beruhen lassen und nach Boston zurückkehren? Ihre Gedanken
    wanderten zu dem schwer zu fassenden Tristan Williams. Warum sollte ein ausgebildeter Pathologe lächerliche Daten erfinden, die man mit Leichtigkeit als falsch entlarven konnte, nur um des zweifelhaften Ruhms willen, einen Artikel veröffentlicht zu haben? Das paßte einfach nicht zusammen.
    Nervös trommelte Marissa mit den Fingern auf die Armlehne. Sie mußte wieder an die Männer denken, die Fischköder über die Reling geworfen hatten. Wenn sie unschuldig gewesen wären, warum waren sie dann in dem Augenblick geflohen, als sie sie angerufen hatte? Gut, man konnte sich vorstellen, daß Tristan Williams aus einer Laune heraus berufliches Harakiri begangen hatte. Man konnte sich einreden, daß die beiden an Bord der Oz aus Unwissenheit gehandelt hatten. Aber diese ganzen seltsamen Vorfälle erinnerten sie an das Gefühl, das sie damals beim CDC zu Anfang des Ausbruchs von Ebola-Fieber gehabt hatte. Auch da hatte Marissa lange vor ihren Kollegen den Verdacht gehegt, daß eine finstere Macht am Werke war. Trotz aller Rückschläge hatte sie sich nicht davon abbringen lassen und schließlich das Vorhandensein einer so teuflischen Intrige nachweisen können, wie sie sich keiner hatte vorstellen können. Vielleicht war sie auch jetzt gut beraten, wenn sie sich wie damals von ihrem Instinkt leiten ließ.
    Es war zwar nur eine Ahnung, daß hinter dem Ganzen mehr stecken könnte, als es schien, aber sie mußte nachhaken. In plötzlichem Impuls ging sie ins Zimmer und rief Robert noch einmal an. Damit weckte sie ihn zum zweitenmal.
    »Ich brauche dich hier, Robert«, sagte Marissa. »Je mehr ich über Wendys Tod nachdenke, desto mehr bin ich überzeugt, daß er mit Vorsatz herbeigeführt wurde.«
    »Bitte,

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