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Marissa Blumenthal 02 - Trauma

Titel: Marissa Blumenthal 02 - Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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nicht gern sah, wenn jemand anders als er mit den Embryos in diesem Zustand umging.
    »Ich kann es einfach nicht glauben, daß aus diesem kleinen Pünktchen einmal ein vollständiger Mensch entstehen soll«, sagte Marissa. Sie hatte noch nie ein zweizelliges Embryo gesehen, geschweige denn ihr eigenes.
    »Wir legen den kleinen Teufel jetzt lieber wieder in den Brutkasten zurück«, sagte Dr. Wingate. Vorsichtig brachte er die Schüssel mit der Nährkultur zum Brutkasten und stellte ihn in das zugeteilte Fach. Marissa folgte ihm, noch immer in ehrfürchtiger Scheu. Sie sah, daß neben der Schüssel noch drei andere standen.
    »Wo sind denn die übrigen vier?« wollte sie wissen.
    Dr. Wingate streckte den Zeigefinger aus. »Da drüben«, sagte er.
    »In dem Vorratsbehälter mit flüssigem Stickstoff.«
    »Sie sind schon eingefroren?« fragte Marissa.
    »Das habe ich heute morgen gemacht«, antwortete Dr. Wingate.
    »Aus Erfahrung wissen wir, daß zweizellige Embryos sich besser halten als mehrzellige. Ich wählte die vier aus, von denen ich annahm, daß sie das Einfrieren und spätere Wiederauftauen am besten überstehen würden. Wir halten sie in Reserve, für alle Fälle.«
    Marissa begab sich zu dem Vorratsbehälter mit flüssigem Stickstoff und berührte den Deckel. Die Vorstellung, daß sich da drin vier mögliche Kinder befanden, gewissermaßen zu aufgeschobenem Leben eingefroren, gab ihr ein unheimliches Gefühl. Dieser Einbruch von High-Tech erinnerte sie ein wenig zu sehr an die Wackere neue Welt.
    »Möchten Sie reinschauen?« fragte Dr. Wingate.
    Marissa schüttelte den Kopf. »Ich habe Ihre Zeit schon über Gebühr in Anspruch genommen«, sagte sie. »Vielen Dank.«
    »Es war mir ein Vergnügen«, sagte Dr. Wingate.
    Rasch verließ Marissa das Labor, ging zu den Fahrstühlen und drückte auf den Abwärtsknopf. Eigentlich war sie an diesem Morgen in die Klinik gekommen, weil sie eine Verabredung mit der Psychologin Linda Moore getroffen hatte.
    Nach dem letzten Gespräch gestern abend mit Robert und noch vor seinem Entschluß, im Gästezimmer zu schlafen, hatte sich Marissa vorgenommen, am nächsten Morgen als erstes die Beratungsstelle anzurufen. Sie war der Ansicht, sie müsse einmal mit einem Experten über den seelischen Streß der künstlichen Befruchtung sprechen, ob Robert sie nun begleitete oder nicht.
    Sie hatte erwartet, einen späteren Termin zugeteilt zu bekommen. Doch Mrs. Hargrave hatte die Psychologin bereits vorgewarnt und ihr geraten, Marissa ohne Aufschub vorzulassen, sobald sie anrufen sollte.
    Linda Moores Sprechzimmer lag im fünften Stock. Es war das Stockwerk, aus dem Rebecca Ziegler in den Tod gesprungen war. Dieser Zufall war Marissa einigermaßen unbehaglich. Während sie den Flur entlangschritt, plagte sie krankhafte Neugier. Sie hätte gern gewußt, aus welchem Fenster Rebecca gesprungen war. Und ob der letzte Anstoß zu diesem Schritt etwas gewesen war, was sie in ihren Klinikunterlagen gelesen hatte. Denn sie wußte ja noch, daß Rebecca nur deshalb das Wartezimmer im Erdgeschoß verlassen hatte, um diese Unterlagen zu studieren.
    Als sie der Sekretärin ihren Namen genannt hatte, sagte die: »Gehen Sie einfach rein!«
    Auf dem Weg zur Tür befielen Marissa noch einmal Zweifel. Sollte sie die Verabredung wirklich wahrnehmen? Um ihr zu sagen, daß künstliche Befruchtung mit viel Streß verbunden ist, brauchte man kaum einen Experten. Außerdem war es ihr peinlich, eine Ausrede dafür vorbringen zu müssen, daß Robert nicht mitgekommen war.
    Die Sekretärin sah, daß Marissa vor der Tür zögerte, und wiederholte: »Gehen Sie einfach rein!«
    Da blieb Marissa keine Wahl. Sie trat ein.
    Das Zimmer war mit gemütlichen Polstermöbeln ausgestattet und in beruhigend wirkenden grünen und grauen Farbtönen gestrichen. Das Fenster aber ging auf den gepflasterten Hof sechs Stockwerke tiefer hinaus. Marissa fragte sich, was Linda Moore wohl gerade getan haben mochte, als Rebecca in die Ewigkeit gesprungen war.
    »Bitte, schließen Sie die Tür!« sagte Linda mit einer Bewegung ihrer freien Hand. Sie war jung. Marissa schätzte sie auf Ende Zwanzig. Auch sie sprach mit Akzent, genau wie Mrs. Hargrave.
    »Nehmen Sie Platz!« sagte Linda. »Ich bin gleich für Sie frei.« Sie telefonierte gerade.
    Marissa setzte sich auf den dunkelgrünen Sessel vor Lindas Schreibtisch. Die Frau war ziemlich klein und zierlich, hatte kurzgeschnittenes rötliches Haar und einige Sommersprossen auf dem

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