Marissa Blumenthal 02 - Trauma
den Grund gegangen ist der Sache noch niemand. Man hat nicht weiter nachgeforscht. Also kann man sich bei diesen Fällen nur auf Zufallsberichte stützen. Wenn jemand sich dahinterklemmt, wird er wahrscheinlich mehr herausfinden. Ich habe jetzt hier im Center ein paar Leute darangesetzt. Wenn sich irgend etwas Interessantes ergibt, melde ich mich wieder bei dir.«
»Die fünf Fälle, auf die ich gestoßen bin, stammen alle aus einer einzigen Klinik«, sagte Marissa. »Heute morgen habe ich im Memorial angefangen, nach weiteren suchen zu lassen. Aber vor allem hätte ich gern Zugang zu den Krankenakten der Frauenklinik. Leider haben sie mir den verweigert. Könnte mir CDC da nicht helfen?«
»Ich wüßte nicht, wie«, sagte Dubchek. »Dazu wäre eine gerichtliche Verfügung erforderlich. Und bei dem wenigen Material und der geringen Gefahr für die Allgemeinheit bezweifle ich stark, daß ein Richter sie erlassen würde.«
»Gib mir Bescheid, wenn du etwas Neues erfährst!« sagte Marissa.
»Mach ich.«
Marissa legte den Hörer auf und lehnte sich an die Wand. Daß Berichte über tuberkulöse Granulationsgeschwüre in den Eileitern aus dem ganzen Lande eingetroffen waren, stachelte ihre Neugier mehr als alles andere an. Dafür mußte es eine interessante epidemiologische Erklärung geben. Und durch eine Laune des Zufalls litt sie nicht nur selber an dieser Krankheit, sondern befand sich damit auch im größten Ballungsgebiet. Sie mußte an die Akten der Klinik herankommen. Sie mußte weitere Fälle aufspüren, wenn es denn welche gab.
Muriel kam ins Zimmer. »Dr. Blumenthal«, sagte sie, »ich habe im Augenblick niemand zur Verfügung, der ihnen helfen könnte. Aber ich kann selber einspringen.«
»Wunderbar«, sagte Marissa. »Gehen wir hinüber!«
Die Glasschiebetür öffnete sich automatisch, als Marissa in den Vorraum der Stationen für Augenund Hals-, Nasenund Ohrenkrankheiten im General Hospital strebte. Trotz des kühlen Wetters an diesem Spätnachmittag hatte sie nur ihren dünnen Ärztekittel an. Nach rascher Erkundigung am Informationskiosk steuerte sie direkt die Notaufnahme an! Dort fragte sie an der Rezeption nach Dr. Wilson.
»Sie ist da hinten«, sagte die Sekretärin und zeigte auf zwei Schwingtüren, die geöffnet waren.
Marissa setzte ihre Suche fort. Hinter den offenen Schwingtüren lagen mehrere Sprechzimmer, jede mit dem für Augenerkrankungen typischen Friseurstuhl und der daran befestigten Schlitzlampe. Im ersten Zimmer, an dem Marissa vorbeikam, saß einsam ein Patient. Im zweiten Zimmer war das Licht ausgeschaltet, und zwei Gestalten beugten sich über einen liegenden Patienten. Nachdem ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte Marissa in der einen Gestalt Wendy.
Sie leistete gerade einem Jungassistenten Hilfestellung bei einer Spezial-Untersuchung. »Jetzt vorsichtig andrücken«, sagte sie, »und genau die Stelle betrachten! Dann müßten Sie die Träne an der Peripherie der Netzhaut erkennen.«
»Ich sehe sie!« rief der Assistent.
»Gut«, sagte Wendy. Dann erblickte sie Marissa, winkte ihr zu und sagte zu dem Assistenten: »Schreiben Sie es auf, und rufen sie den Oberassistenten!«
Danach kam Wendy aus dem verdunkelten Zimmer. Das fluoreszierende Licht im Hauptraum der Notaufnahme ließ sie blinzeln. »Das ist aber eine Überraschung«, sagte sie. »Was gibt es?«
»Ich habe einen sehr interessanten Anruf vom CDC bekommen«, sagte Marissa. Dann senkte sie die Stimme: »Wo können wir uns ungestört unterhalten?«
Wendy überlegte einen Moment, zog Marissa dann um den hinteren Teil der Notaufnahme in ein leeres Laserzimmer und schloß hinter ihnen die schwere Tür. »Du siehst aus, als führtest du etwas im Schilde. Was liegt vor?«
»Du wirst es nicht glauben«, begann Marissa und erzählte Wendy in gedrängter Form von Dubcheks Anruf, der darauf schließen ließ, daß das Problem, das sie beschäftigte, landesweite Ausmaße hatte.
Marissas Begeisterung steckte Wendy an. »Na, so was!« sagte sie.
»Da stehen wir ja vor einer bedeutenden Entdeckung!«
»Daran gibt es für mich überhaupt keinen Zweifel mehr«, sagte Marissa. »Und wir können den Knoten lösen. Nur noch ein einziges Hindernis steht uns im Weg.«
»Wingate«, sagte Wendy.
»Genau«, sagte Marissa. »Wir müssen feststellen, ob es noch weitere Fälle gibt. Es muß welche geben. Sobald wir sie zusammen haben, können wir nach Gemeinsamkeiten in bezug auf Lebensweise, Arbeit,
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